King of the World
Alis Wandlungsfähigkeit. »Die Leute verstehen den Champ nicht, aber irgendwann wird er einer der größten Helden des Landes sein«, sagte er zu einem Reporter. »Er ist wie einer in den Stücken, in denen einer im ersten Akt der Schurke ist und sich im letzten dann als der Held erweist. Genauso wird es mit dem Champ sein. Und genauso will er es auch, weil es besser für die Einnahmen ist, daß die Leute ihn mißverstehen.«
In den wissenden Augen der weißen Reporter im Camp war Fetchit auch der Inbegriff des Onkel Tom, der ständig »Yassuh, I’m a-comin’, suh!« (»Ja, Sir, komme schon, Sir!«) sagt. Einmal unterbrach Fetchit Ali bei einer Pressekonferenz, als das Wort »Onkel Tom« fiel: »Onkel Tom war keinminderwertiger Neger. Er war das Kind eines Weißen. Sein wirklicher Name war MacPherson, und er wohnte in der Nähe von Harriet Beecher Stowe. Tom war der erste der Neger-Sozialreformer und Integrationisten. Der minderwertige Neger war Sambo.«
Die Reporter waren verdutzt.
»Was ist los?« brüllte Ali. »Schreibt das auf. Sind eure Stifte gelähmt?«
»Sag’s ihnen, Bruder!« kam der unerwartete Schrei von den Muslims. »Oh, mach’s ihnen klar!«
»In Wahrheit«, erinnerte sich Robert Lipsyte, »war dieser Stepin Fetchit sehr komisch, und er betonte immer wieder, daß sein Kopfkratzen und Füßescharren nur seine Art der Selbstbehauptung war, die verschlagene Höflichkeit des kolonisierten Inders im von den Briten beherrschten Indien.« Ein paar Jahre später trat Fetchit denn auch zur Nation of Islam über.
Für die meisten Zeitungen hieß Ali nach wie vor Clay. Viele Reporter waren mit ihren Redakteuren einer Meinung und hätten nicht im Traum daran gedacht, dieses Thema anzusprechen. Lipsyte hingegen war es peinlich, daß die
Times
den Champion noch immer Clay (»der zuweilen auch als Muhammad Ali bekannt ist«) nannte, und ging zu Ali, um ihm das zu erklären. Ali tätschelte ihm den Kopf und sagte, er solle sich deswegen keine Sorgen machen.
»Sie sind einfach bloß der kleine Bruder der weißen Machtstruktur«, sagte er.
Wie immer war Ali offen für alle Reporter und Besucher. Eines Tages kam ein junger Olympiasieger in den Boxraum.
»Können Sie mir irgend etwas raten?« fragte Joe Frazier Muhammad Ali.
»Ja«, sagte er. »Nehmen Sie ein bißchen ab und boxen Sie im Halbschwergewicht.«
Als Ali ein paar Tage vor dem Kampf von Chicopee Falls in ein Holiday Inn umzog, das näher an Lewiston lag, erwartete ihn ein Dutzend uniformierter und ziviler Polizisten an der Staatsgrenze und geleitete ihn nach Maine. Ali akzeptierte den Schutz, lachte aber auch darüber. »Ich fürchte nur einen, Allah«, sagte er. »Er wird mich schützen. Weiße, Schwarze, Gelbe, alle lieben mich. Niemand will mich umbringen. Und wenn sie schießen, explodiert ihnen die Waffe in den Händen. Ihre Kugeln werden sich gegen sie selbst wenden. Allah wird mich schützen. Zudem«, meinte Ali, »bin ich zu schnell, um von einer Kugel getroffen zu werden.« Für den Champion war das ja alles schön und gut, doch die Herausgeber des
Boston Globe
schlossen für ihre fünf Reporter in Lewiston eine Zusatzversicherung ab.
Verglichen mit seinen Mätzchen vor dem Kampf in Miami war Ali hier relativ ruhig. Jedenfalls nach seinen Maßstäben. Er erklärte feierlich, Listons Camp in Poland Springs einen Besuch abstatten zu wollen, überlegte es sich aber anders, als er erfuhr, daß der Hotelbesitzer vom staatlichen Wildgehege zwei Schwarzbären ausgeliehen und am Eingang angekettet hatte.
Ali hatte sich die Pfunde, die er in Afrika angesetzt hatte, natürlich wieder abgearbeitet, dennoch wurde er beim Sparren ziemlich mitgenommen, besonders von Jimmy Ellis. Doch das sollte so sein. Während seiner gesamten Karriere bereitete Ali sich auf größere Kämpfe immer damit vor, daß er seinen Sparringspartnern erlaubte, ihn zu verprügeln, da dies seine Verteidigungskünste und sein Stehvermögen verbessern sollte.
Richtig litt Ali jedoch zu Hause. Seine Beziehung zu Sonji kühlte zunehmend ab. Sonji hatte sich durchaus um die Muslims bemüht, doch sie trug häufig Make-up oder Kleider, die der Masse der Nation-Mitglieder, die nun ständigum Ali herum waren, unpassend erschienen, und Ali war das alles zu peinlich. Einmal beklagte er sich lauthals, als Sonji enge Jeanssachen trug. Ali verlangte, daß sie wieder hineinging und sich etwas Züchtigeres anzog.
Jahre später räumte Ali ein, Sonji sehr geliebt zu haben, und daß ihre
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