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King of the World

King of the World

Titel: King of the World Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Remnick
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muß gesagt werden, daß Clay schon als Teenager wie ein Profi trainierte. Mit achtzehn hatte er eine beachtliche Amateurkarriere vorzuweisen: hundert Siege und nur acht Niederlagen, zwei nationale Golden Glove-Meisterschaften und zwei Titel der nationalen Amateur Athletic Union.
    Christine Martin, Joe Martins Frau, fuhr Clay und einige der anderen Jungen mit ihrem Ford Kombi vom Boxzentrum zu Turnieren in Chicago, Indianapolis und Toledo. »Damals konnten die Jungen nicht ins Restaurant gehen, also nahm ich sie auch nie mit hinein«, sagte sie einmal zu einem Reporter aus Louisville. »Ich ging allein und holte ihnen, was sie haben wollten, so und so viele Hamburger pro Junge, und brachte es zum Auto. Cassius war ein sehr umgänglicher Junge. Sehr gut zu haben. Sehr höflich. Worum man ihn auch bat, er tat es. Das lag an seiner Mutter. Sie war eine großartige Frau. Unterwegs sahen sich die Jungen immer um, hielten Ausschau nach etwas, was sie unternehmen konnten, pfiffen hübschen Mädchen nach. Doch davon hielt Cassius nichts. Überall hatte er seine Bibel dabei, und während die anderen Jungen sich umsahen, saß er da und las die Bibel.«
    Martin war sehr hilfreich (wie auch ein weiterer Trainer aus dem Gym, Fred Stoner), doch egal, wer in der Ecke war, Clay war sein eigener Herr, sein eigener Stratege, schon als Teenager. Lange bevor er den großen Zeitungen mit seinen Versen und seinen psychologischen Angriffen auf seine Gegner Rätsel aufgab, hatte er angefangen, sich selbst zu erfinden.Clays Selbstdarstellungen dienten einem doppelten Zweck: bei seinem Gegner Angst auszulösen und Interesse an den Aktivitäten Cassius Clays zu erregen. So steckte er den Kopf in die Kabine des Gegners und verkündete laut, er solle sich schon mal auf eine Abreibung gefaßt machen. Bei einem städtischen Turnier, da war er noch zwölf, fing er an, einen Kämpfer namens George King anzupöbeln, schlug Geraden in die Luft und fragte ihn unablässig: »Glaubst du, du hast gegen diese Gerade was drin?« King war einundzwanzig, verheiratet und hatte ein Kind. Wer war dieser Zwölfjährige? Wenn er bei seinen Kämpfen im Lokalfernsehen mit seinen Tiraden anfing, pfiff ihn die Menge in den Arenen in Louisville aus und brüllte: »Stopft ihm das Maul! Schlagt ihm die Nase ein!«
    »Es war mir egal, was sie sagten, solange sie nur zu meinen Kämpfen kamen«, sagte er. »Sie hatten Eintritt bezahlt, also hatten sie auch das Recht auf ein bißchen Spaß. Man hätte meinen können, ich sei ein bekannter Profi und zehn Jahre älter, als ich war.«
    Clay ließ da schon die Knittelverse los, die Jahre später zu einem Markenzeichen Alis werden sollten.
    This guy must be done.
I’ll stop him in one.
    (»Den Kerl mach ich alle. / Schon in Runde eins.«)
    Dieses Gedicht trug er einem Reporter des
Courier-Journal
vor.
    Die ganze Welt war schockiert von seinem hysterischen Getue beim Wiegen, bevor er Sonny Liston zum ersten Mal gegenübertrat, doch diese Nummer hatte er schon geprobt, als er noch gar nicht Profi war. Bei einem Turnier in Chicago im März 1960 ging Clay mit seinem Gegner Jimmy Jones,dem Titelverteidiger im Schwergewicht in diesem Wettbewerb, zum Wiegen.
    »Mr. Martin, müssen Sie nachher gleich weg hier?« sagte Clay zu seinem Trainer, so daß Jones es hören konnte.
    »Eigentlich nicht«, sagte Martin. »Warum?«
    »Dieser Typ da, den kann ich in einer Runde erledigen, wenn Sie’s eilig haben«, sagte er, wobei er auf Jones zeigte. »Oder wenn Sie’s nicht eilig haben, kann ich ihm auch drei Runden geben.«
    Martin sagte: »Ich hab’s nicht eilig.«
    Und so ließ Clay sich an dem Abend Zeit. Er siegte in drei Runden.
    Als Clay fünfzehn war, also 1957, hatte er schon ein sicheres Gespür für seine Bestimmung. In dem Jahr kam der hoch geachtete Halbschwergewichtler Willie Pastrano aus Miami mit seinem Trainer Angelo Dundee nach Louisville, um gegen John Holman anzutreten. Eines Abends, Dundee saß mit Pastrano im Hotelzimmer, rief Clay ihn vom Foyer aus an.
    »Ich blieb immer im selben Zimmer mit Willie, um ihm auf die Finger zu sehen, damit er mir keine Dummheiten machte«, erinnerte Dundee sich. »Ich wollte ihn im Auge behalten. Cassius sagte wortwörtlich: ›Ich bin Cassius Marcellus Clay, und ich bin der Golden Gloves-Meister, ich habe dieses und jenes gewonnen.‹ Dann sagte er mir, er werde bei der Olympiade gewinnen. Ich hielt die Hand über die Muschel und fragte Pastrano, ob er bereit sei, den Jungen zu

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