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King of the World

King of the World

Titel: King of the World Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Remnick
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Horse« rezitierte. Als eine Frau namens Doe Lindell ihr Gedicht »Poem for Cassius« rezitierte, wurde schon klarer, daß der Abend dem Boxen gewidmet war. Schließlich trat Clay selbst ans Mikrofon, um eine Ode an sich selbst vorzutragen:
    Marcellus vanquished Carthage,
    Cassius laid Julius Caesar low,
    And Clay will flatten Doug Jones
    With a mighty, muscled blow.
    So when the gong rings
    And the referee sings out, »The winner«,
    Cassius Marcellus Clay
    Will be the noblest Roman of them all.
    (»Marcellus bezwang Karthago, / Cassius streckte Julius Caesar nieder, / und Clay wird Doug Jones flachlegen / mit einem mächtigen harten Schlag. / Und wenn dann der Gong ertönt / und der Kampfrichter ruft: ›Der Sieger‹, / dann wird Cassius Marcellus Clay / der edelste aller Römer sein.«)
    Zum Glück für die Dichtkunst und auch für die Kunst der Eigenwerbung wurde der Auftritt im Bitter End nicht im Fernsehen übertragen. New York lechzte nach einem großen Kampf, da die Meisterschaftskämpfe zunehmend nachLas Vegas abwanderten, und so war der Garden (der
alte
Garden in der Fiftieth Street) ausverkauft. Am Abend des Kampfs war Clay von seinen Bemühungen, den Zeitungsstreik wettzumachen, erschöpft. Er lud den hervorragenden Boxjournalisten von
Newsday
, Bob Waters, auf sein Zimmer im Hotel Americana ein und sagte zu ihm: »Dieses ganze Herumgerenne macht mich fertig. Letzte Woche hieß es ständig: ›Cassius, kommst du in meine Sendung?‹ – ›Cassius, willst du eine Aufnahme fürs Radio machen?‹ – ›Cassius, können wir Fotos von dir machen?‹ Mann, bin ich müde. Und die ganze Zeit muß ich reden, wissen Sie. Das erwarten die Leute. Die Reporter sagen: ›Wir wollen Ihnen keine Fragen stellen. Reden Sie einfach.‹ Mein Mund ist müde.«
    Das einzige, was Clay vor dem Kampf noch Auftrieb gab, war seine Begegnung mit einer mystischen Figur mit einer langen Narbe auf der Wange namens Drew Brown, der bald ein neuer Freund werden sollte. Brown, den man eher unter seinen Spitznamen Bundini und Fastblack kannte, hatte sieben Jahre im Gefolge von Ray Robinson als professioneller Cheerleader und Hofnarr verbracht. (Auf dem Höhepunkt von Robinsons Karriere gehörten zu seiner Entourage auch ein Stimmtrainer, ein Schauspiellehrer, ein Friseur, ein Golfprofi, ein Masseur, ein Sekretär und ein Kleinwüchsiger als Maskottchen.) Bundini war ein konvertierter Jude und mit einer Frau namens Rhoda Palestine verheiratet. Er nannte Gott »Shorty« und glaubte zutiefst an Shortys Herrlichkeit. Eines Tages erschien Brown vor Clays Hotelzimmer und machte Clay zu dessen Verblüffung sogleich die Hölle heiß, weil er immer das Ende seiner Kämpfe voraussagte.
    »Entweder du schmierst sie, sonst könntest du doch gar nicht sagen, wann Archie Moore fällt. Also bist du ein Schwindler!« sagte er. »Entweder du bist ein Schwindler oder Shorty sitzt in deiner Ecke. Ich war bei Sugar Ray. Ichwar bei Johnny Bratton. Aber daß einer schon Wochen vorher die Runde voraussagt, in der er gewinnt, das hab ich noch nie gehört. Sag mir die Wahrheit!«
    »Du willst die Wahrheit hören?« sagte Clay am Ende eines langen Gesprächs. »Die Wahrheit ist, jedesmal wenn ich in den Ring steige, habe ich eine Todesangst.«
    Bundini, der nahe am Wasser gebaut hatte, heulte nun wie ein Schloßhund.
    »Ich wußte, daß Shorty mit dir ist«, sagte er. »Shorty mußte einfach mit dir sein. Du meinst, du hast richtig Angst dabei? Warum?«
    »Ich hab Angst, weil die Leute nach den ganzen Großtuereien, diesem ganzen Voraussagen sehen wollen, daß ich vermöbelt werde. Wenn ich verliere, jagen sie mich sofort aus dem Land. Ich steh da ganz allein und ich weiß, ich muß gewinnen. Aber das wissen nur du und ich.«
    »Du, ich und Shorty«, sagte Bundini.
    In dem Augenblick beschloß Clay, Bundini als seinen Motivator und Hofnarr um sich haben zu wollen. Bundini war ein Schwarzer, aber er war für die Integration, für die Bürgerrechte. Clay störte das nicht. Er
mochte
Bundini, mochte die verbalen Sparrings mit ihm, mochte es, wie Bundini ihn emotional aufrichten konnte; er unterhielt sich gern mit ihm über Raumfahrer und Horrorfilme, er spielte gern die »
dozens
« mit ihm (ein unter Schwarzen beliebter, nicht ganz ernst gemeinter Beschimpfungswettstreit), es gefiel ihm, daß Bundini schon einiges von der Welt gesehen hatte.
    Drew Brown wurde 1929 geboren und hatte eine arme Kindheit im ländlichen Florida. Er sagte, er habe schon, bevor er zehn

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