Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
King of the World

King of the World

Titel: King of the World Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Remnick
Vom Netzwerk:
aus seiner schäbigen Selbstzufriedenheit locken.
    »Ich hatte Liston studiert, sorgfältig, die ganze Zeit, seit er in der Rangliste aufgestiegen war und seit Patterson versucht hatte, ihm auszuweichen«, sagte Clay zu Alex Healey in einem Interview für den
Playboy
. »Seinen Kampfstil, seine Kraft, seinen Punch. So Sachen – aber das war bloß ein Teilvon dem, was ich mir ansah. Jeder Kämpfer studiert die Sachen von dem, gegen den er boxen will. Ganz wichtig für mich war zu beobachten, wie Liston sich außerhalb des Rings benahm. Ich hab alles gelesen, was ich kriegen konnte, wo er interviewt wurde. Ich hab mit Leuten gesprochen, die mit ihm zu tun oder mit ihm gesprochen hatten. Ich hab im Bett gelegen und die ganzen Sachen zusammengesetzt und über ihn nachgedacht, damit ich mir ein gutes Bild davon machen konnte, was in seinem Kopf abläuft. Und so bin ich dann dahintergekommen, daß ich es, wenn ich die Sache richtig anpackte, bei ihm mit Psychologie versuchen könnte – Sie wissen schon, ihn zu sticheln und sein Nervenkostüm so zu zerfetzen, daß ich ihn schon geschlagen hätte, bevor er überhaupt zu mir in den Ring stieg. Und genau das hab ich dann auch getan … Ich wollte erreichen, daß er denkt, was ich wollte: daß ich bloß so eine Art Clown bin und daß er nie auch nur eine Sekunde überlegen müßte, daß ich überhaupt zu einem echten Kampf antreten könnte, wenn wir in den Ring stiegen. Die Presse, alle – ich wollte, daß keiner was andres dachte, als daß ich ein Witz bin.«
    Als wollte er vor seinem Strafregister in Philadelphia davonlaufen, war Liston nach Denver gezogen, wo er verkündete: »Ich wäre lieber ein Lichtmast in Denver als der Bürgermeister von Philadelphia.« Clay hatte sich einen dreißigsitzigen Bus Baujahr 1953 gekauft, einen Flexible in den gleichen Farben wie sein Schwinn-Fahrrad, rot und weiß. Und wie Toro Molino in
Schmutziger Lorbeer
machte er aus dem Bus ein mobiles Camp und Werbevehikel. Darauf malte er: »World’s Most Colorful Fighter: Liston Must Go in Eight« (»Der farbigste Kämpfer der Welt: Liston muß in der achten weg«). Mit einem seiner Muslim-Freunde, Archie Robinson, und dem Mann, der sein engster und treuester Freund werden sollte, dem Fotografen Howard Bingham,machte sich Clay auf nach Denver, um mit Sonny Listons Verstand zu spielen.
    Als sie gegen zwei Uhr morgens die Stadtgrenze von Denver erreichten, rief Clay die Lokalzeitungen und Nachrichtendienste an und sagte, sie sollten sich demnächst vor Listons Haus versammeln, dort finde eine gute Show statt. Gegen drei hielt der Bus vor Listons Haus; die Presse war schon da. Clay schickte Howard Bingham an die Haustür.
    Liston kam in einem Seidenmantel und einem kurzen Schlafanzug heraus.
    »Was willst du, du schwarzer
motherfucker
?« sagte der Champion als Begrüßung.
    Auf dem Bordstein brüllten Clay und seine Freunde: »Komm raus da! Ich verprügle dich gleich jetzt! Komm raus und schütz dein Haus! Wenn du nicht aus der Tür kommst, schlag ich sie ein!«
    Liston zögerte. Ihm war wohl bewußt, daß bei seinem Vorstrafenregister eine Prügelei mitten auf der Straße zu einer weiteren Verhaftung und einem neuerlichen Schwung schlechter Publicity in der Presse führen konnte.
    »Anfangs konnte ich ihn nicht richtig wütend machen, weil ihm dieser Gedanke im Kopf umging«, erinnerte sich Clay. »Aber ich hab immer weitergemacht. Ein Mann mit Listons Denkweise ist sehr komisch. Er ist nicht gerade das, was man einen schnellen Denker nennen würde, so wie ich. Er hat so ein Bulldoggengehirn.«
    Doch bevor noch mehr passieren konnte, riefen Nachbarn die Polizei, und die vertrieb Clay und seine lustigen Schelme. Liston ging wieder hinein und schloß die Tür. Seinem Sparringspartner Foneda Cox zufolge war er stinksauer und verwirrt. Perfekt. Clay fuhr glücklich und zufrieden ins Hotel; er hatte sein Ziel erreicht.
    »Während ich gegen Jones und Cooper kämpfte«, sagte er,»war Liston mit seinem ganzen großartigen, fetten Championsritual zugange. Fast hätte ich geklatscht, wenn ich las oder hörte, daß er wieder mal bei irgendeiner dicken Feier oder Zeremonie war, die halbe Nacht auf, mit Trinken und so weiter. Ich dachte dabei auch an Listons Alter … Noch besser wurde die Geschichte für mich, als Liston beim Rückkampf gegen Patterson nur halb trainiert war und Patterson noch schlimmer aussah – und Liston unterschrieb den Kampf gegen mich und schätzte mich nicht mal so gut ein, wie

Weitere Kostenlose Bücher