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King of the World

King of the World

Titel: King of the World Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Remnick
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Patterson damals war. Der hat geglaubt, ihn erwartet da so einer wie die Nulpe des Monats, so wie damals Joe Louis. Er konnte an mir einfach bloß meinen Mund sehen.«
    Tatsächlich konnte fast niemand viel mehr an ihm sehen. Die Leute um Liston gingen von einem sicheren K. o. aus, im übrigen auch die Louisville Sponsoring Group. »Ich muß ganz ehrlich sein: Bis zur letzten Minute
wußte
ich, daß Cassius Liston unmöglich schlagen konnte, und als es daran ging, die Verträge aufzusetzen, orientierte ich mich ganz dahin, daß dies sein letzter Kampf sein würde«, sagte der Anwalt der Gruppe, Gordon Davidson. »Ich betete immer nur darum, daß Cassius nicht ernsthaft verletzt würde.«
    Am 5. November 1963 unterschrieben Listons Vertreter in Denver die Verträge zur Titelverteidigung gegen Cassius Clay. Der Kampf wurde auf den 25. Februar 1964 in Miami festgesetzt und sollte im ganzen Land live im Kino übertragen werden.

KAPITEL 8

HYPE
     

     
     
     
     
    Miami, 1963.
     
     
     
    Der Promoter des Kampfs Liston gegen Clay war William B. MacDonald, ein ehemaliger Busschaffner, der es zu einem so großen Vermögen gebracht hatte, daß er nun in zwei Rolls-Royce und einer Achtzehnmeteryacht namens
Snoozie
herumgondelte. MacDonald wurde 1908 in Butte geboren und behauptete, von Generationen von Schafdieben abzustammen. Da es in Butte nur wenige Schafe zu stehlen gab, kam er nach Miami, wo er sein Geld mit Parkplatzvermietungen machte, dann mit Wäschereien und chemischen Reinigungen, dann im Restaurantmanagement, im Speditionsgewerbe, mit Wohnwagen und einer Hypothekenfirma mit Sitz in San Juan. Er heiratete eine Polin namens Victoria und kaufte sich einfach zum Spaß ein Gestüt in Delray Beach sowie eine D-klassige Baseballmannschaft namens Tampa Tarpons. MacDonald verschenkte goldene Manschettenknöpfe wie McNuggets. Er lebte in einem eine Viertelmillion Dollar teuren Haus in Bal Harbour und hielt sich einen Assistenten namens Sugar Vallone, ehedem im Barkeepergewerbe. Seine Großzügigkeit als Vater war ohnegleichen. Er baute seiner Tochter ein Baumhaus mit Vorhängen und einem Teppichboden, der zum Haupthaus paßte, und zu ihrem achten Geburtstag stellte er ihr eine Musikbox in den Baum. Bill MacDonald ließ es sich gutgehen. Er paffte seine Zigarren und aß seine Steaks. Er spielte Golf und schmückte seine Wände mit den zahlreichen Marlins, die er aus dem Atlantik gezogen hatte. Wenn er auf dem Golfplatz in seiner Karre herumfuhr, hielt er in der Linken eine Dose Coke und in der Rechten eine Limonade und lenkte mit Unterarmen und Bauch. Er war sehr dick.
    MacDonald hatte im Boxgeschäft bislang immer gute Erfahrungen gemacht. Als Promoter des dritten Kampfs Patterson gegen Johansson hatte er etwas Geld verdient, wenn auch nicht viel. Als er sich das erste Mal mit Chris Dundee über einen Titelkampf Liston gegen Clay unterhielt, schien die Sache ohne Verluste aufzugehen. Es lag Geld drin, wenn man die ganzen Touristen, bei denen das Geld locker saß, und überhaupt die vielen Besucher in Miami im Februar einkalkulierte. Wie konnte das floppen? Liston war schon die furchterregendste Gestalt im Boxen seit Louis und Marciano, und mit Clay und seinem losen Mundwerk ließen sich so viele Eintrittskarten verkaufen, wie die Brandvorschriften in Miami zuließen. Kein Verlust. Und so setzte MacDonald, der 800000 Dollar in den Kampf investiert hatte, das teuerste Ticket fröhlich auf nie dagewesene 250 Dollar an.
    MacDonald sah einen großen Abend vor sich, am Ring die ganzen Filmleute und die üblichen Ganoven mit den dicken Dollarbündeln. Er wollte die ganz Großen ganz vorn haben. »Zum Beispiel ruft mich einer an, will einen Hundert-Dollar-Platz für Andy Williams kaufen«, sagte er einem Reporter der
Sports Illustrated
. »Ich sag ihm, Andy Williams gehört nach vorn zu den Großen. Ich kann mir nicht vorstellen, daß er hinten bei den Kleinen sitzt. Der gehört doch zu den Rädern, nicht zu den Radkappen.«
    Obwohl MacDonald nicht eben viel vom Boxen verstand, war er doch so clever, den Journalisten zu sagen, ihm sei die Möglichkeit einer Überraschung bei dem Kampf doch
intensiv
bewußt. »Ich schätze mal, daß Clay gewinnt«, sagte er. »Wenn er auf Distanz bleibt, wenn er jabbt und läuft, holt er den Titel, aber der junge Spritzer ist ja so egoistisch – der wird noch hysterisch –, der glaubt, er kann Liston die Nase krumm schlagen. Wird wahrscheinlich eklig anzusehen sein, aber wenn Clay bis zur

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