King of the World
Land.« Das spektakulärste aber war das Gedicht, gewiß sein bestes, das er aus diesem Anlaß geschrieben hatte. Im Lauf der Jahre ließ Clay einige seiner lyrischen Werke von andern anfertigen. »Wir haben alle hier und da schon mal ein paar Zeilen geschrieben«, sagte Dundee. Dieses aber stammte ausschließlich von Clay. Vorgeblich war es eine prophetische Vision der achten Runde, und kein Gedicht vorher oder nachher übertraf es an poetischem Schwung, an präziserem Metrum und Witz. Es war sein »Lied über mich«:
Clay comes out to meet Liston
And Liston starts to retreat
If Liston goes back any further
He’ll end up in a ringside seat.
Clay swings with a left,
Clay swings with a right,
Look at young Cassius
Carry the fight.
Liston keeps backing
But there’s not enough room
It’s a matter of time.
There, Clay lowers the boom.
Now Clay swings with a right,
What a beautiful swing,
And the punch raises the bear,
Clear out of the ring.
Liston ist still rising
And the ref wears a frown,
For he can’t start counting,
Till Sonny comes down.
Now Liston disappears from view.
The crowd ist getting frantic,
But our radar stations have picked him up.
He’s somewhere over the Atlantic.
Who would have thouht
When they came to the fight
That they’d witness the launching
Of a human satellite?
Yes, the crowd did not dream
When they laid down their money
That they would see
A total eclipse of the Sonny!
I am the greatest!
(»Clay tritt an gegen Liston, / Und Liston weicht zurück. / Liston landet noch unten im Publikum, / Geht er zurück nur ein Stück. / Clay schlägt mit links, / Clay schlägt mit rechts, / Seht nur, wie der junge Cassius / Ist Herr des Gefechts. / Liston auf dem Rückzug, / Doch es ist nicht genug Platz, / Es ist eine Frage der Zeit. / Da, Clay geht auf Hatz. / Jetzt schwingt Clay die Rechte, / Wie schön sie doch schwingt, / Und der Punch hebt den Bären / Ganz hinausaus dem Ring. / Liston steigt immer weiter / Der Ringrichter ist ganz beklommen, / Denn er kann ja erst zählen, / Wenn Liston ist heruntergekommen. / Schon ist Liston nicht mehr zu sehen: / Die Menge wogt hin und her, / Doch unser Radar hat ihn erfaßt. / Er ist schon weit überm Meer. / Wer hätte geglaubt, / Als zum Kampf sie schritten, / Daß er erlebte den Start / Eines menschlichen Satelliten? / Ja, keiner hätt’ sich’s erträumt / Vor dem Kampf ganz gewiß, / Daß er Zeuge würde / Einer totalen Sonnyfinsternis! / Ich bin der Größte!«)
Nahezu alle Schreiber betrachteten Clays Schwulst, gereimt oder nicht, als die Phantastereien eines Wahnsinnigen. Doch Clay hatte nicht nur ein Gefühl dafür, wie er die Notizblöcke der Reporter und damit auch dem Promoter die Arena füllen konnte, er konnte auch sich selbst einschätzen. Die Wahrheit (und es war eine Wahrheit, die fast niemand sonst kannte) war, daß Clay bei all seinen Fähigkeiten, bei all seiner Schnelligkeit und Raffinesse wußte, daß Liston ein Gegner war, wie er noch keinen gehabt hatte. Mit Liston trat er gegen einen Mann an, der seine Gegner nicht einfach nur schlug, sondern ihnen weh tat, sie beschädigte, sie mit demütigend schnellen Knockouts beschämte. Liston konnte einen mit seiner Geraden weghauen; mit Tänzeln hatte er nicht viel im Sinn, aber auch Joe Louis hatte das nicht. Liston war der Prototyp des idealen Schwergewichtlers: Er warf eine erbarmungslose Bombe nach der anderen. Wenn er jemanden in den Solarplexus schlug, schien sein Handschuh bis zum Anschlag zu verschwinden; er war zu mächtig, um zu klammern und zu clinchen; ihn warf nichts um. Clay war zu klug und hatte zu viele Filme gesehen, um das nicht zu wissen. »Deshalb wußte ich immer, daß Clays Prahlereien eine Art waren, sich selbst zu überzeugen, daß er das, was er tun wollte, auch konnte«, sagte mir Floyd Patterson Jahrespäter. »Sein Geprahle hat mir nie gefallen. Es dauerte lange, bis ich begriff, mit wem Clay da sprach. Clay sprach mit Clay.«
Sehr wenige wußten, wie wahr das war und wie sehr Clay Liston fürchtete. Eines Abends, kurz vor der Unterzeichnung der Kampfverträge, besuchte er die Redaktion von
Sports Illustrated
im zwanzigsten Stock des Time-Life-Hauses in Manhattan. Es war halb acht, und Clay stand am Fenster und blickte nachdenklich auf die funkelnden Lichter auf der Sixth Avenue und noch weiter hinab. Er schwieg lange.
Schließlich sagte der Redakteur Mort Sharnik: »Cassius, alles, was Sie da über Liston sagen, meinen Sie das
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