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King of the World

King of the World

Titel: King of the World Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Remnick
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Rede und sagte ihm, diese Nachricht koste ihn noch seinen Anlauf auf den Titel. MacDonald sagte, er sei drauf und dran, den Kampf abzusagen. Ob das stimme. Ob Cassius tatsächlich ein Mitglied der Nation of Islam sei. MacDonald sagte Clay, wenn er diesen Kampf absagen müsse, habe er vielleicht nie mehr eine Chance auf einen Titelkampf.
    Clay wußte, daß MacDonald recht hatte, und dennoch blieb er standhaft ihm gegenüber. Seit seinem zwölften Lebensjahr war dieser Titel sein größter Wunsch gewesen, er war seine Bestimmung, doch er weigerte sich, seine Bindungen zur Nation zu leugnen. Wenn MacDonald den Kampf absagen wollte, dann war das seine Sache.
    »Meine Religion ist mir wichtiger als der Kampf«, erinnerte Clay sich, gesagt zu haben.
    Dann sei es eben aus mit dem Kampf, sagte MacDonald, und das war es dann. Clay ging nach Hause und fing an, seine Koffer zu packen.
    Nach diesem Treffen ging der Publizist Harold Conrad sofort ins Fifth Street Gym, um den Dundees zu sagen, daß der Kampf abgesagt und Clay nach Hause, packen, gegangen sei. Danach ging Conrad zu MacDonald und sagte ihm,er könne den Kampf unmöglich absagen: Er solle an die vielen verkauften Karten denken, die Übertragungsvereinbarungen im ganzen Land.
    »Und ob ich den absagen kann«, sagte MacDonald, Conrad zufolge. »Sie sind aus dem Norden. Sie verstehen das nicht. Ihnen ist nicht klar, daß Miami der tiefe Süden ist und genauso segregiert wie jede x-beliebige Stadt in Mississippi. Wie soll ich hier einen Kampf mit einem Kerl promoten, der glaubt, wir sind weiße Teufel?«
    »Wissen Sie denn, was Sie da tun?« sagte Conrad. »In diesem Land herrscht Religionsfreiheit.«
    »Quatsch«, sagte MacDonald. »Und kommen Sie mir bloß nicht mit der Verfassung.«
    »Bill, Ihnen ist gar nicht klar, was Sie da machen. Sie gehen in die Geschichte ein als der Promoter, der einem Mann sein Recht auf den Titelkampf verweigert hat – wegen seiner Religion.«
    »Herrgott, was soll ich denn tun? Das ist bloß dieser Malcolm X. Der ist schuld an diesem ganzen Ärger, der hat das Boxcamp dieses Jungen ja praktisch im Griff. Das sieht nicht gut aus.«
    »Angenommen, Malcolm X verläßt die Stadt sofort«, schlug Conrad vor. »Würde Sie das umstimmen?«
    MacDonald räumte zumindest die Möglichkeit ein.
    Conrad suchte Malcolm auf und sagte: »Hören Sie, so wie es jetzt aussieht, ist der Kampf abgeblasen. Cassius wird seine Chance verlieren, die Schwergewichtsmeisterschaft zu gewinnen, aber Sie können sie für ihn retten.«
    »Wie?« fragte Malcolm.
    »Sie müssen sofort aus der Stadt verschwinden. Um Sie dreht sich alles. Sie sind derjenige, den die Presse kennt.«
    Malcolm sagte, er werde gehen, und alle waren sich darin einig, daß er am Abend des Kampfes, wenn die Presse ihreAufmerksamkeit auf den Ring richtete, wiederkommen könne. Malcolm bekam einen Platz am Ring, Sitz Nummer sieben, nahe bei Clays Ecke.
    Als die Unterredung vorbei war, reichte Conrad Malcolm X die Hand.
    Malcolm weigerte sich, sie zu schütteln. Statt dessen legte er Conrad den Finger aufs Handgelenk und ging zum Flughafen.

KAPITEL 10

BÄRENJAGD
     

     
     
     
     
    Miami, 1964.
     
     
    25. FEBRUAR 1964
    Clay machte sich bezüglich Listons körperlicher Ausstattung keinerlei Illusionen. Sonny war ein Weltklasseboxer, der hart schlug und sich auch noch zu bewegen wußte, und dennoch erkannte Clay, wie leicht er gekränkt war, wie man ihn verwirren und verletzen konnte. Liston war zu einer witzigen Bemerkung durchaus fähig und sicher schlauer, als seine Schulzeugnisse nahelegten, aber er war verletzbar. Er hatte viele Male gezeigt, daß er empfindlich bezüglich seines Alters war, daß er nicht gern für eine Marionette des Mobs gehalten wurde, für einen Killer in Shorts, Stiefeln und Handschuhen. Liston forderte Respekt, den Ernst, der einem König zukam. Und somit war Respekt dasjenige, was Clay ihm verweigern würde. Er würde den Narren spielen, Liston wütend machen und ihn gleichzeitig zu einer gefährlichen Selbstzufriedenheit verlocken.
    Clays Strategie griff ab dem Moment, als Liston in Miami zum Training eintraf. Clay war zur Stelle, als Listons Flugzeug landete und dieser die Treppe aufs Rollfeld hinabstieg. Clay war da und brüllte: »Doofkopf! Großer häßlicher Bär! Ich hau dich gleich jetzt!«
    Als Liston näher kam, sagte er zu Clay: »Hör mal, dieses Herumgealbere, das ist nicht cool, und ich mach keine Witze.«
    »Witze?« sagte Clay. »Na, du großer

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