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King of the World

King of the World

Titel: King of the World Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Remnick
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bereit! Sagt Sonny, daß ich da bin! Der ist kein Champ! Die achte Runde soll beweisen, daß ich groß bin! Bringt diesen großen häßlichen Bären her!«
    Das Team marschierte in eine Umkleidekabine, und während Clay in einen weißen Frotteemantel schlüpfte, versuchten Robinson und Dundee, ihn zu beruhigen.
    »Du mußt dich gut aufführen«, sagte Dundee. »Hier geht’s um den Titel. Die Presse wird da sein.« Daß Clay beim Wiegen eine Szene machen könnte, war keinem, der ihn bei seinen Pressekonferenzen und Interviews in Miami gesehen hatte, ein Geheimnis, daher kam auch ein ehrwürdiger Vertreter der Boxkommission von Miami Beach in die Kabine, um bei Clay gute Manieren anzumahnen.
    »Dann gingen wir hinaus, und Clay drehte durch«, sagte Dundee. »Das Problem war, wir waren zu früh dran. Da war noch gar niemand. Es war unglaublich. Wir dachten, es sei so und so spät, und ich glaubte, wir würden einen großen Auftritt machen und daß Muhammad sagt: ›Ich bin der schönste Boxer der Welt!‹ Und kreischt und brüllt, den ganzen Zinnober. Aber wir waren eine Stunde zu früh dran. Also rannten wir wieder zurück, gammelten eine Weile in Chris’ Büro herum und machten dann alles eine Stunde später noch mal.
    Ich wußte gleich, daß es chaotisch werden würde. Muhammad hatte mir im Gym gesagt: ›Angie, ich bring Drew Brown mit.‹ Und ich darauf: ›Was soll das? Bloß nicht! Der Kerl ist doch verrückt. Was tust du mir da an?‹ Doch er liebte Drew, weil der ihn antörnte. Er mochte solche Typen. Die luden ihm seine Batterie auf.«
    Um 11.09 Uhr kamen Clay und Bundini brüllend und kreischend heraus. Sie brüllten noch immer, als Liston zwei Minuten später erschien.
    »Ich bin jetzt bereit!« brüllte Clay. »Ich kann dich jederzeit schlagen, du Holzkopf! Heute nacht stirbt jemand am Ring! Du hast Angst, Holzkopf! Du bist kein Riese! Ich freß dich bei lebendigem Leib!«
    Clay stürzte sich auf Liston. Bundini packte ihn am Gürtel seines Mantels, und Faversham, Robinson und Dundee hielten ihn zurück. Robinson versuchte, Clay gegen eineWand zu drücken, doch Clay drückte zurück und brüllte: »Ich bin ein großer Darsteller! Ich bin ein großer Darsteller!«
    Jahre später, als diese Hysterie schon als alter Witz genommen wurde, wie wenn Emmett Kelly auf einer Bananenschale ausrutschte oder Don Rickles jemanden im Publikum als Hockeypuck bezeichnete, verdrehten die Reporter nur noch die Augen. Das war eben Ali. Damals jedoch hatte man so etwas noch nie gesehen. Damals ging man noch davon aus, jedes nicht zutiefst stoische Verhalten bedeute, daß der Kämpfer die Hosen voll hatte, und genau den Eindruck wollte Clay Liston vermitteln.
    »Ali flüsterte mir ›Halt mich zurück‹ ins Ohr, dann zwinkerte er mir zu«, sagte Mort Sharnik von
Sports Illustrated
. »Ali hatte die Fähigkeit der Selbsthypnose und konnte sich in die absolute Hysterie hineinsteigern, und das tat er nun bis zum Gehtnichtmehr.«
    »Die achte Runde beweist, daß ich groß bin!« brüllte Clay und hielt acht Finger hoch. »Die achte Runde!«
    Liston lächelte schmal und hielt zwei Finger hoch.
    Als es ans Wiegen ging, bestand Clay darauf, daß Bundini und Robinson ebenfalls aufs Podest durften. Er ließ sich nicht davon abbringen, bis die Boxkommission schließlich ihre Regeln beugte.
    »Das ist meine Show, das ist meine Show!« sagte er.
    »Ich sorge dafür, daß er ruhig bleibt«, sagte Bundini zu den Cops. »Ich muß da mit hoch, um ihn ruhig zu halten.« Schließlich gaben die Ausschußmitglieder nach, und die Polizei winkte alle drei hoch. Clay wog vierundneunzigeinhalb Kilo.
    Dann trat Liston auf die Waage.
    »Liston, neunundneunzig Kilogramm!« schrie Morris Klein, der Vorsitzende der Boxkommission von Miami Beach. Liston trat von der Waage herunter.
    »He, du Trottel!« brüllte Clay zu ihm hinauf. »Du bist ein Doofkopf! Die haben dich ausgetrickst, du Doofkopf!«
    Liston blickte mit einem feinen, väterlichen Lächeln zu Clay herab.
    »Laß das bloß keinen hören«, sagte er. »Sag das nicht der ganzen Welt.«
    »Du bist zu häßlich!« brüllte Clay. »Du bist ein Bär! Ich hau dich ja sooo übel. Du bist ein Doofkopf, Doofkopf, Doofkopf …« Clays Stimme überschlug sich, die Augen traten aus ihren Höhlen, und er hampelte herum wie ein Geistesgestörter.
    »Keiner, der Clay an dem Morgen beim Wiegen gesehen hatte, mochte glauben, daß er am Abend länger als drei Minuten auf den Beinen bleiben würde«, schrieb

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