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Kings of Cool: Roman (German Edition)

Kings of Cool: Roman (German Edition)

Titel: Kings of Cool: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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Klassensaal haben  – Vorschule bis einschließlich achte Klasse  – und nach der Maßgabe funktionieren, dass Kinder am besten lernen, wenn sie nicht willkürlich in feste Klassenstrukturen gepresst werden, sondern gemeinsam mit Kindern verschiedener Altersgruppen ihr eigenes Niveau finden dürfen.
    Damals hatte Paku mal wieder eine ihrer progressiven Phasen und schleppte ihre vierjährige Tochter aus ihrem millionenschweren Zuhause im bewachten Emerald Bay in den funky Canyon. Das Haus und das Geld für die Privatschule stammten aus einem Vergleich mit Os Vater, der sich im sechsten Monat der Schwangerschaft von ihrer Mutter hatte scheiden lassen.
    Selbst die Lehrer an der Schule fanden, Ophelia sei noch zu klein für die Vorschule.
    »Sie ist frühreif«, sagte ihre Mutter.
    »Schon möglich, aber sie ist trotzdem erst vier«, erwiderte der Direktor.
    »Sie hat eine alte Seele«, konterte ihre Mutter. Ihre Hellseherin hatte ihr erklärt, ihre Tochter sei bereits sehr häufig wiedergeboren worden und ihr Astralalter sei nicht vier, sondern viertausend, was bedeutete, dass sie gute siebenhundert Jahre älter war als ihre Mutter. »Ich bin in vielerlei Hinsicht eher ihre Tochter.«
    Daraufhin fand der Direktor, dass Ophelia wahrscheinlich durchaus davon profitieren würde, täglich ein paar Stunden von zu Hause wegzukommen, und außerdem war das kleine Mädchen ein solcher Schatz, und schon so schön und schlau.
    »Ich glaube, ich habe einen Riesenfehler gemacht, als ich dich in diese Schule schickte«, sollte Paku Jahre später sagen, als O in praktisch jedem Fach an der Laguna High versagte.
    Zu der Zeit hatte Paku eine ihrer konservativen Phasen, Ophelia hatte ihren Namen zu O abgekürzt und nannte ihre Mutter Paku.
    Aber das kam alles später. Jetzt sah Ophelia einfach nur dem Jungen beim Blumengießen zu. Zuerst dachte sie, das sähe aus wie beim Gärtner zu Hause, aber dann fiel ihr auf, dass der Junge keinen Schlauch, sondern was ganz anderes in der Hand hielt, woraufhin sie einen kurzen spitzen Schrei hörte, eine Lehrerin angerannt kam und den Jungen packte.
    »John«, sagte die Lehrerin. »Wo macht man das?«
    John schwieg.
    »Auf der Toilette«, antwortete die Lehrerin an seiner Stelle. »Jetzt mach die Hose zu und geh spielen.«
    »Ich hab nur die Blumen gegossen«, sagte John.
    O fand es sehr lustig, dass dieser Zauberjunge ganz alleine Blumen gießen konnte.
    »Wie heißt der Junge?«, fragte sie, als die Lehrerin zu ihr kam.
    »Das ist John.«
    »Chon«, sagte O und stand auf, um den Zauberjungen zu suchen, der mit seinem inzwischen sicher verstauten Penis hinten am Zaun einen Fluchtweg suchte.
    »Chon! Chon! Chon!«, schrie O und lief ihm hinterher.
    »Chon, spiel mit mir!«
    Dann fielen die anderen Kinder in ihre Rufe ein.
    »Chon! Chon! Chon!«
    Der Name blieb hängen.
    O wurde zu seinem Schatten, folgte ihm wie ein kleines Entchen, eine echte Nervensäge, aber es dauerte nicht lange, und Chon fand sich damit ab, betrachtete sich als ihren Beschützer und mochte sie sogar ein kleines bisschen. Er war nicht besonders gesellig, spielte nicht mit anderen Kindern, war grundsätzlich lieber alleine, und so waren die Lehrer froh, dass er eine Beziehung aufbaute.
    O betete ihn an.
    Das Problem bestand darin, dass er von Zeit zu Zeit verschwand  – manchmal nur für einen Tag, manchmal eine ganze Woche  – und dann plötzlich wieder auftauchte.
    »Wo warst du, Chon?«, fragte sie ihn.
    Chon dachte sich phantastische Geschichten für sie aus:
    Er sei zum Fischen rausgefahren und von Piraten entführt worden; Elfen aus dem Canyon hätten ihm ihre geheime Welt gezeigt; Außerirdische aus einer anderen Galaxie seien mit ihm ins Weltall geflogen und hätten ihn wieder zurückgebracht. Chon nahm das Mädchen mit nach China, nach Afrika, auf den Mars und in die Berge auf dem Mond. Er war ihr Zauberjunge.
    Dann, eines Tages, verschwand er für immer.
    Als sie begriff, dass er nicht mehr wiederkam, weinte O die ganze Nacht.
    Ihre Mutter tröstete sie mit den Worten: »Männer bleiben nie.«
    Das wusste O bereits.

33
    »Also was sagst du?«, fragt sie Chon. »Nein?«
    »Nein, das heißt: Jetzt nicht.«
    »Was für eine weicheiige Antwort«, sagt sie.
    »Dann bin ich eben ein Weichei.«
    Sie macht einen Schritt zurück.
    »Okay«, sagt sie. »Du hast deine Chance verpasst, Chonny Boy. Das war's.«
    Chon lächelt. »Schon klar.«

34
    Komisch, dass Chon nicht viel redet, obwohl er Worte und deren

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