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Kinsey Millhone 01 - Nichts zu verlieren

Kinsey Millhone 01 - Nichts zu verlieren

Titel: Kinsey Millhone 01 - Nichts zu verlieren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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ich. »Das ist ja eine Frage für sich, und ich bin hergekommen, um mich mit Ihnen zu unterhalten. Wenn Sie darüber nicht reden wollen, bin ich einverstanden.«
    Sie schien immer noch in Fluchtbereitschaft, also hielt ich den Mund und ließ sie sich ihre eigene Meinung bilden. Schließlich konnte ich sehen, daß sie sich etwas beruhigte, und da erst merkte ich, daß ich genauso angespannt war wie sie. Dieser Kontakt war zu wertvoll für mich, um ihn zu verpatzen.
    »Kommen wir auf Laurence zurück. Erzählen Sie mir von ihm«, sagte ich. »Was sollten diese ganzen Seitensprünge?«
    Hierauf lachte sie unsicher, trank einen Schluck Wein und schüttelte den Kopf. »Entschuldigung. Ich wollte mich nicht aufregen aber Sie haben mich überrumpelt.«
    »Klar, das passiert hin und wieder. Manchmal überrasche ich mich selbst.«
    »Ich glaube nicht, daß er Frauen mochte. Er war immer darauf gefaßt, verraten und verkauft zu werden. Frauen waren die Leute, die einen reinlegten. Da wollte er gern schneller sein, so nehme ich wenigstens an. Ich vermute, daß eine Affäre für ihn immer eine Machtprobe war, mit ihm als dem Überlegenen.«
    »Füg es andern zu, bevor sie’s dir zufügen.«
    »Richtig.«
    »Aber wer hatte es auf ihn abgesehen? Wer könnte ihn derart gehaßt haben?«
    Sie zuckte mit den Schultern, und ihre Fassung schien wiederhergestellt. »Darüber denke ich den ganzen Nachmittag schon nach, und komischerweise läuft es darauf hinaus, daß ich nicht sicher bin. Er hatte zu vielen Leuten scheußliche Beziehungen. Scheidungsanwälte sind zwar nie sehr beliebt, aber ermordet werden die wenigsten.«
    »Vielleicht hing es nicht mit seiner Funktion zusammen«, wandte ich ein. »Vielleicht war es kein wütender Ehemann, dem wegen Unterhalt und Erziehungsbeihilfe der Kragen platzte. Vielleicht war es etwas anderes — >ein verschmähtes Weib<.«
    »Na ja, davon gab es eine Menge. Aber ich meine, im Schlußmachen war er wahrscheinlich sehr geschickt. Oder die Frauen waren so weit wiederhergestellt, daß sie von selber die Grenzen der Beziehung erkannten und ihrer Wege gingen. Er hatte allerdings eine scheußliche Geschichte mit der Frau eines Richters hier, eine Frau namens Charlotte Mercer. Die hätte ihn glatt auf der Straße überfahren, wenn sich die Gelegenheit geboten hätte. Zumindest hörte ich das mal. Sie war nicht der Typ, der sich im Guten trennt.«
    »Wie haben Sie davon erfahren?«
    »Sie rief mich an, nachdem er mit ihr Schluß gemacht hatte.«
    »Vor Ihrer Scheidung oder danach?«
    »Oh, erst nachher, denn ich entsinne mich, daß ich mir damals wünschte, sie hätte früher angerufen. Ich stand mit leeren Händen vor Gericht.«
    »Versteh ich nicht«, sagte ich. »Was hätte es genützt? Selbst damals hätten Sie ihn wegen Ehebruch nicht drankriegen können.«
    »Damit kriegte er mich auch nicht, aber es hätte mir doch einen psychologischen Vorteil verschafft. Ich fühlte mich so schuldig wegen dem, was ich getan hatte, daß ich fast keinen Kampf lieferte, bis es um die Kinder ging, und da schlug er mich auch noch zurück. Wenn sie Ärger hätte stiften wollen, hätte das sehr nützlich sein können. Er mußte schließlich seinen Ruf wahren. Wie auch immer, vielleicht kann Charlotte Mercer Ihnen mehr erzählen.«
    »Wunderbar. Ich werde ihr sagen, daß sie meine Hauptverdächtige ist.«
    Gwen lachte. »Erwähnen Sie ruhig meinen Namen, falls sie wissen will, wer Sie geschickt hat. Es ist das mindeste, was ich tun kann.«

    Nachdem Gwen gegangen war, schlug ich in der Telefonkabine des Restaurants die Adresse von Charlotte Mercer nach. Sie und der Richter lebten in den Vorbergen oberhalb von Santa Teresa; wie sich zeigte, in einem weitläufigen Bungalow mit Stallungen zur Rechten, auf staubigem Boden mit wenig Buschwerk. Die Sonne ging eben unter, und die Aussicht war hinreißend. Das Meer sah aus wie eine breite, lavendelfarbene Borte an dem blaurosa Himmel.
    Eine Haushälterin in schwarzer Dienstkleidung öffnete auf mein Läuten, und ich wartete in einer geräumigen, kühlen Halle darauf, daß die »Missus« geholt würde. Leichte Schritte näherten sich aus dem Hintergrund des Hauses, und erst dachte ich, die Teenager-Tochter der Mercers (falls sie eine hatten) wäre an Charlottes Statt erschienen.
    »Ja, was gibt’s?«
    Die Stimme war rauh, tief und kehlig, und der Eindruck von Jugendlichkeit ließ rapide nach.
    »Charlotte Mercer?«
    »Ja, richtig.«
    Sie war zierlich, einssechzig wahrscheinlich,

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