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Kinsey Millhone 01 - Nichts zu verlieren

Kinsey Millhone 01 - Nichts zu verlieren

Titel: Kinsey Millhone 01 - Nichts zu verlieren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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wog allenfalls hundert Pfund. Sandalen, Hemdbluse, weiße Shorts, die Beine lohfarben und wohlgeformt. Ihr Haar war aschblond, kurz geschnitten, ihr Make-up dezent. Sie mußte fünfundfünfzig Lenze zählen, und ohne ein Team von Experten hätte sie nie und nimmer so gut aussehen können. Ihre Kinnpartie war von einer künstlichen Festigkeit, und ihre Wangen hatten jenes geschmeidig glatte Aussehen, das nur eine Gesichtsstraffung zu diesem späten Zeitpunkt noch liefern kann. Ihr Hals war faltig, auf den Handrücken traten knotige Adern hervor, aber das waren die einzigen Widersprüche an dem Erscheinungsbild schlanker, kühler Jugend. Ihre Augen waren hellblau, belebt durch den geschickten Auftrag von Wimperntusche und einen Lidschatten in zweierlei Grau. Goldene Reifen klimperten an ihrem Arm.
    »Ich bin Kinsey Millhone«, sagte ich. »Ich bin Privatdetektivin.«
    »Schön für Sie. Was führt Sie her?«
    »Ich untersuche den Tod von Laurence Fife.«
    Ihr Lächeln verlor sich, fiel von einem Minimum an Höflichkeit ab in etwas Grausames. Sie musterte mich flüchtig und verwarf mich auf einen Blick. »Es dauert hoffentlich nicht lange«, sagte sie und schaute sich um. »Kommen Sie mit zum Patio. Da steht noch mein Drink.«
    Ich folgte ihr zur Rückseite des Hauses. Die Zimmer, die wir passierten, sahen geräumig, elegant und unbenutzt aus: strahlende Fenster, dicker, pulverblauer Teppichboden, der noch durchfurcht war von Staubsaugerspuren, frisch geschnittene Blumen in fachgerechter Anordnung auf spiegelnden Tischplatten. Die Tapeten und Vorhänge waren endlose Wiederholungen ein und desselben blauen Blumenmusters, und alles duftete nach Lemon Pledge. Ob sie es benutzte, um den milden Duft von Bourbon auf Eis zu kaschieren, der hinter ihr her wehte? Als wir an der Küche vorbeikamen, konnte ich Lammbraten mit Knoblauch riechen.
    Der Patio war von Gitterwerk beschattet. Zwanglos verteilt, weiße Korbmöbel mit leuchtendgrünen Leinenkissen. Sie nahm ihren Drink von einem Beistelltisch aus Glas und Schmiedeeisen und ließ sich auf eine gepolsterte Liege plumpsen. Automatisch griff sie nach ihren Zigaretten und einem schlanken goldenen Dunhill-Feuerzeug. Sie wirkte amüsiert, als wäre ich eigens aufgetaucht, um sie während der Cocktailstunde zu unterhalten.
    »Wer hat Sie hergeschickt? Nikki oder die kleine Gwen?« Ihre Augen glitten über meine hinweg, eine Antwort schien nicht erwartet. Sie zündete ihre Zigarette an, zog den halbvollen Aschenbecher näher. Sie winkte mir mit der Hand. »Setzen Sie sich.«
    Ich nahm einen Sessel nicht weit von ihr. Ein ovaler Swimmingpool war hinter den Sträuchern sichtbar, die den Patio umgaben. Charlotte fing meinen Blick auf.
    »Wollen Sie ‘ne Runde schwimmen oder was?«
    Ich beschloß, nicht beleidigt zu sein. Ich hatte das Gefühl, daß Sarkasmus ihr leichtfiel, eine automatische Reaktion, vergleichbar mit Raucherhusten.
    »Wer hat Sie denn hergeschickt?« fragte sie, sich wiederholend. Es war der zweite Hinweis darauf, daß sie nicht so nüchtern war, wie sie es auch um diese Tageszeit noch hätte sein sollen.
    »Gerüchte verbreiten sich.«
    »Oh, das will ich meinen«, sagte sie und schnaubte Rauch. »Also, ich sag Ihnen eins, Schätzchen. Ich war mehr als irgendeine Nummer für den Mann. Ich war nicht die erste und war nicht die letzte, aber ich war mit Abstand seine beste.«
    »Hat er deswegen Schluß gemacht?«
    »Werden Sie nicht link«, sagte sie mit einem kurzen, scharfen Blick, aber gleichzeitig lachte sie, tief aus der Kehle, und ich vermutete, daß ich in ihrer Wertschätzung gestiegen war. Sie kehrte offenbar das Biest heraus und fand es nur fair, wenn sie hin und wieder selbst einen Hieb einsteckte. »Klar hat er Schluß gemacht. Weshalb soll ich heute noch Geheimnisse haben? Ich hatte einen kleinen Krach mit ihm, bevor er sich von Gwen scheiden ließ, und ein paar Monate vor seinem Tod kam er dann wieder an. Er war wie so ein alter Kater, der immer um dieselbe Hintertür rumschnüffelt.
    »Und was passierte diesmal?«
    Sie warf mir einen müden Blick zu, als wäre das alles kaum von Bedeutung. »Er fing was mit einer anderen an. Ganz heimlich. Ganz heiß. Hol’s der Teufel. Er servierte mich ab wie eine alte Unterhose.«
    »Ich bin erstaunt, daß man Sie nicht verdächtigt hat«, sagte ich.
    Ihre Brauen schnellten hoch. »Mich?« feixte sie. »Die Frau eines prominenten Richters? Ich hab noch nicht mal ausgesagt und die wußten verdammt gut, daß ich was

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