Kinsey Millhone 01 - Nichts zu verlieren
Neigung zum Tragen von Strumpfhosen. Wenn ich mich ihm jetzt zuwandte, würde ich ihm näher sein, als ich glaubte bewältigen zu können.
»Marsriegel? Baby Ruth?« sagte ich.
»Ununterbrochen«, bestätigte er. Ich konnte fast die Wärme seines Gesichts spüren und blickte seitlich zu ihm hoch. Dann lachte er über sich, brach den Bann, und seine Augen hielten meine nur ein wenig länger fest, als sie es sollten. »Bis demnächst«, sagte er.
Wir gaben uns die Hand, als er ging. Ich wußte nicht, warum — vielleicht nur als Vorwand zum Anfassen. Selbst ein so beiläufiger Kontakt bewirkte, daß sich die Haare entlang meinem Arm aufstellten. Mein Frühwarnsystem gellte wie verrückt, und ich war mir nicht sicher, wie ich das deuten sollte. Es ist die gleiche Empfindung, die ich manchmal im zwanzigsten Stock habe, wenn ich ein Fenster öffne — die Vorstellung, ins Leere zu fallen, wird entsetzlich verlockend. Bei mir vergeht viel Zeit zwischen den Männern, und vielleicht war es mal wieder soweit. Nicht gut, dachte ich, nicht gut.
8
Als ich um sechs vor K-9 Korners hielt, war Gwen gerade am Abschließen. Ich drehte mein Wagenfenster runter und beugte mich über den Sitz. »Wollen Sie einsteigen?«
»Ich fahre lieber hinter Ihnen her«, sagte sie. »Wissen Sie, wo der Palmgarten ist? Sind Sie damit einverstanden?«
»Sicher, alles klar.«
Sie strebte dem Parkplatz zu und kam einen Moment später in einem leuchtendgelben Saab aus der Einfahrt. Das Restaurant ; war nur wenige Blocks entfernt, und wir hielten Seite an Seite auf dem Kundenparkplatz. Sie hatte ihren Kittel ausgezogen und bürstete an ihrem Rockschoß herum.
»Entschuldigen Sie die Hundehaare«, sagte sie. »Normalerweise steige ich direkt in die Wanne.«
Der Palmgarten liegt im Herzen von Santa Teresa, zwar versteckt in einem Einkaufszentrum, aber mit Tischen vor der Tür und den erforderlichen Palmen in großen Holzkübeln. Wir suchten uns einen kleinen Tisch, etwas abseits, und ich bestellte Weißwein, sie Perrier.
»Trinken Sie keinen Alkohol?«
»Nicht viel. Das gab ich nach der Scheidung auf. Davor hab ich eine Menge Scotch gekippt. Was macht Ihr Fall?« |
»Schwer zu sagen bis jetzt«, antwortete ich. »Wie lange sind Sie schon in der Hundepflegebranche?«
»Länger als mir lieb ist«, meinte sie und lachte.
Wir unterhielten uns eine Weile über nichts Besonderes. Ich wollte Zeit, um sie abzuschätzen; hoffte herauszukriegen, was sie mit Nikki Fife gemein hatte, so daß sie beide schließlich seine Ehefrauen wurden. Sie war es, die das Gespräch wieder auf das vorliegende Thema zurückbrachte. »Also, schießen Sie los«, sagte sie.
Ich verneigte mich im Geiste. Sie war sehr gewandt, machte mir die Sache viel leichter, als ich angenommen hatte. »Ich dachte nicht, daß Sie so kooperativ sein würden.«
»Sie haben mit Charlie Scorsoni gesprochen«, sagte sie.
»Das schien mir logisch für den Anfang«, erwiderte ich achselzuckend. »Steht er auf Ihrer Liste?«
»Von Leuten, die Laurence umgebracht haben könnten? Nein. Ich denke nicht. Steh ich auf seiner?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Das ist ja merkwürdig«, sagte sie.
»Wieso?«
Sie legte den Kopf schräg, ihr Gesichtsausdruck war ruhig. »Er hält mich für verbittert. Das habe ich aus vielen verschiedenen Quellen. Kleinstadt. Wenn Sie lange genug warten, wird Ihnen jedermanns Meinung über Sie zurückgemeldet.«
»Es scheint, als hätten Sie Recht auf ein wenig Bitterkeit.«
»Da habe ich mich längst durchgearbeitet. Übrigens, hier können Sie Greg und Diane erreichen, wenn’s Sie interessiert.« Sie zog eine Karteikarte aus ihrer Brieftasche, mit den beiden Namen, den Adressen und Telefonnummern.
»Danke. Ich weiß das zu schätzen. Vielleicht noch ein Tip, wie man an sie herangehen sollte? Mir war es ernst damit, als ich sagte, ich will sie nicht aufregen.«
»Nein, nein. Die reden Klartext, alle beide. Es könnte höchstens sein, daß Sie Ihnen etwas zu direkt sind.«
»Ich hörte, daß sie mit Nikki nicht in Verbindung stehen.«
»Wahrscheinlich nicht, aber das ist zu dumm. Alte Geschichten. Mir wäre es viel lieber, sie würden mal fertig damit. Sie war sehr gut zu ihnen.« Gwen griff hinter sich und zog den Schal aus ihrem Haar, das sie dann leicht schüttelte, damit es locker fiel. Es war schulterlang, ein interessanter Grauton, an dem vermutlich niemand herumgepfuscht hatte. Der Kontrast war hübsch... graues Haar, braune Augen. Sie hatte kräftige
Weitere Kostenlose Bücher