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Kinsey Millhone 02- In aller Stille

Kinsey Millhone 02- In aller Stille

Titel: Kinsey Millhone 02- In aller Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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dieser fließenden, hauchdünnen, bedruckten Kaftane, die man sich über den Kopf zieht, wenn man zu faul ist, Unterhosen anzulegen. Sie hatte ein Pflaster auf der Nase. Ihre Augen waren geschwollen und umringt von blauen und grünen Blutergüssen. Unter jedem Auge hatte sie einen Streifen durchsichtigen Pflasters. Ihre Sonnenbräune war zu einem fahlen Ton verblaßt, so daß sie aussah, als hätte sie eine leichte Hepatitis.
    »Ich habe mir bei einem Autounfall die Nase gebrochen«, sagte sie. »Ich mag es nicht, wenn man mich so sieht.«
    Sie wandte sich von der Tür ab, und der Kaftan schwebte hinter ihr her, als stünde sie in einer Windböe. Ich folgte ihr hinein und schloß die Tür hinter mir.
    Die Wohnung wurde von Rattanmöbeln und Pastellfarben beherrscht und roch ein wenig nach Schimmel. Glasschiebetüren an einer Seite des Raums führten auf die abgeschirmte Veranda hinaus, hinter der nur noch üppige grüne Baumkronen und wie in einem Schaumbad aufgetürmte Wolken zu sehen waren.
    Sie nahm sich eine Zigarette aus einer bleieingefaßten Kristalldose, die auf dem Teetischchen stand, und zündete sie mit dem passenden Tischfeuerzeug an, das tatsächlich funktionierte. Sie setzte sich auf die Couch und stützte ihre nackten Füße am Tischrand ab. Ihre Fußsohlen waren grau.
    »Setzen Sie sich doch.« Ihre Augen waren von einem unheimlichen, elektrischen Grün; durch Kontaktlinsen gefärbt, wie ich annahm. Ihre Haare hatten einen dunkelblonden Ton und einen Glanz, den ich meinen eigenen noch nie zu entlocken vermocht hatte. Sie sah mich nun mit Interesse an, aber auf eine leicht amüsierte Art. »Um wessen Vermögen handelt es sich?«
    Sie hatte diese Art, bestimmte Fragen zu stellen, ohne am Ende die Stimme zu heben; so als wollte sie an Informationen kommen, indem sie einfach Aussagen machte, auf die ich zu reagieren hatte. Merkwürdig. Irgendwie machte mich das argwöhnisch, und ich merkte, daß ich in der Wahl meiner Worte vorsichtiger wurde.
    »Offensichtlich ein Cousin. Jemand aus Ohio.«
    »Sie haben ein Formular, das sie unterschreiben soll.«
    »Ich möchte zuerst mit ihr reden. Man macht sich Sorgen um sie, weil man nichts von ihr gehört hat. Ich möchte in meinem Bericht etwas darüber erwähnen, wo sie gewesen ist.«
    »O mein Gott, jetzt auch noch ein Bericht. Sie war ruhelos. Sie ist umhergereist. Was ist schon dabei?«
    »Haben Sie etwas dagegen, wenn ich Sie frage, in welchem Verhältnis Sie zu ihr stehen?«
    »Nein, habe ich nicht. Wir sind Freundinnen. Ich kenne sie seit Jahren. Als sie dieses Mal nach Florida kam, wollte sie ein bißchen Gesellschaft.«
    »Wann war das?«
    »Mitte Januar. Ungefähr.« Sie machte eine Pause und beobachtete die Glut an ihrer Zigarette. Unsere Augen trafen sich wieder, ihre Miene war ausdruckslos.
    »Und seitdem wohnen Sie hier?«
    »Sicher, warum nicht? Der Mietvertrag für meine Wohnung war gerade ausgelaufen, und sie sagte, ich könne einziehen.«
    »Warum ist sie weggefahren?«
    »Das müssen Sie sie selbst fragen.«
    »Wann haben Sie das letzte Mal von ihr gehört?«
    »Vor zwei Wochen oder so.«
    »Und da war sie in Sarasota?«
    »Jawohl. Wohnte bei Leuten, die sie dort getroffen hatte.«
    »Können Sie mir sagen, bei wem?«
    »Hören Sie, sie wollte meine Gesellschaft, aber nicht, daß ich ihren Babysitter spiele. Es geht mich nichts an, mit wem sie zu tun hat, also frage ich nicht.«
    Ich hatte den Eindruck, daß wir ein Gesellschaftsspiel spielten, bei dem ich unmöglich gewinnen konnte. Pat Usher hatte außerdem die besseren Karten, und das nahm ich ihr übel. Ich versuchte es noch einmal. Sollte es Mrs. Peacock mit dem Seil in der Bibliothek gewesen sein?
    »Können Sie mir sonst noch etwas mitteilen, das mir weiterhelfen könnte?«
    »Mir war nicht klar, daß ich überhaupt schon geholfen habe«, sagte sie mit einem Grinsen.
    »Ich habe es mit einem optimistischen Ansatz versucht«, gab ich zurück.
    Sie zuckte die Achseln. »Tut mir leid, daß ich Ihren kleinen Hoffnungsschimmer verdüstern muß. Ich habe Ihnen alles gesagt, was ich weiß.«
    »Ich glaube, wir werden es dabei belassen müssen. Ich lasse Ihnen meine Karte hier. Wenn sie noch mal anruft, würden Sie sie bitten, sich bei mir zu melden?«
    »Aber klar doch. Kein Problem.«
    Ich entnahm meiner Brieftasche eine Karte und legte sie beim Aufstehen auf den Tisch. »Ich hörte, Sie haben Schwierigkeiten mit den Leuten hier.«
    »Können Sie sich das vorstellen? Ich meine, was geht es die

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