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Kinsey Millhone 02- In aller Stille

Kinsey Millhone 02- In aller Stille

Titel: Kinsey Millhone 02- In aller Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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muß ich aufpassen, daß man mich nicht einfach als komischen Kauz abschreibt wie Ida. Alle meine guten Freunde sind gestorben, und ich muß mich jetzt mit den Nörglern herumschlagen. Hatten Sie Erfolg in bezug auf Elaine?«
    »Fast keinen. Pat Usher behauptet, sie sei tatsächlich ein paar Tage lang in Boca gewesen und dann weitergefahren.«
    »Nein, war sie nicht.«
    »Sind Sie sicher?«
    »Natürlich. Sie klopfte immer an meine Wand, wenn sie da war. Es war eine Art Code. Das machte sie schon seit Jahren. Innerhalb einer Stunde kam sie dann rüber und traf mit uns Verabredungen zum Bridgespiel, weil sie wußte, wieviel es uns bedeutete.«
    Ich parkte vor der Reinigung und nahm die beiden Kleider, die sie über den Sitz gelegt hatte. »Ich bin sofort wieder zurück.«
    Ich erledigte die beiden Aufträge, während Mrs. Ochsner wartete. Dann unterhielten wir uns im Auto. Ich erzählte ihr von meinem Gespräch mit Pat Usher.
    »Was halten Sie von ihr?« fragte ich.
    »Sie ist zu aggressiv«, sagte Mrs. Ochsner. »Anfangs versuchte sie, Kontakt zu mir zu knüpfen, wissen Sie. Manchmal, wenn ich auf dem Balkon in der Sonne saß, redete sie mit mir. Sie hatte immer diesen teerigen Geruch von Menschen, die zu viel rauchen, an sich.«
    »Worüber unterhielten Sie sich?«
    »Nun ja, mit Bildung hatte es jedenfalls nichts zu tun, das kann ich Ihnen sagen. Die meiste Zeit redete sie übers Essen, aber ich habe nie gesehen, daß sie etwas anderes als Zigaretten und Fresca in den Mund steckte. Sie trank ununterbrochen Sprudel, und ihr Mundwerk stand nie still. So etwas Ichbezogenes! Ich glaube nicht, daß sie mich jemals auch nur ein Wort über mich gefragt hat. Es kam ihr einfach nicht in den Sinn. Ich war natürlich zu Tode gelangweilt und begann, ihr aus dem Wege zu gehen. Nun ist sie unhöflich geworden, weil sie weiß, daß ich sie nicht mag. Unsichere Menschen haben eine besondere Sensibilität für alles, das ihre niedrige Meinung über sich selbst bestätigt.«
    »Hat sie Elaine erwähnt?«
    »Oh ja. Sie sagte, Elaine sei fort auf einer Reise, was mir merkwürdig vorkam. Ich habe noch nie erlebt, daß sie hierherkam und sofort wieder weiterfuhr. Warum sollte sie das tun?«
    »Können Sie mir sagen, zu wem sonst Elaine Beziehungen gepflegt haben könnte? Hatte sie Freunde oder Verwandte hier?«
    »Darüber müßte ich nachdenken. Auf Anhieb fällt mir niemand ein. Ich vermute, die meisten ihrer guten Freunde wohnen in Kalifornien, da sie dort die meiste Zeit verbringt.«
    Wir unterhielten uns noch eine Weile, doch hauptsächlich über andere Dinge. Um Viertel nach elf dankte ich ihr und fuhr sie zum Parkplatz zurück. Ich gab ihr meine Karte, damit sie mich notfalls anrufen konnte, und sah ihr dann nach, wie sie zum Aufzug humpelte. Ihr Gang war unregelmäßig, als würde sie wie eine Marionette von oben an Schnüren bewegt. Sie winkte mir mit ihrem Stock zu, und ich winkte zurück. Sie hatte mir nicht viel Neues gesagt, aber ich hoffte, daß sie mir Bericht erstatten könnte über das, was nach meinem Abflug hier vorging.
    Ich fuhr zu einem Parkplatz am Strand hinaus, blieb im Wagen sitzen und machte mir auf meinen Karteikarten Notizen über alles, woran ich mich in dieser Sache erinnern konnte. Es dauerte eine Stunde, und meine Hand verkrampfte sich, aber ich mußte es niederschreiben, solange die Details noch frisch waren. Als ich damit fertig war, zog ich meine Schuhe aus, verschloß den Wagen und ging den Strand entlang. Es war zu heiß zum Joggen, außerdem war ich durch den Mangel an Schlaf sowieso träge geworden. Der Wind, der vom offenen Meer herüberkam, war vollgesogen mit dem Geruch von Salz. Die Brandung schien mit halber Geschwindigkeit hereinzurollen, und es gab keine Schaumkronen. Das Meer war von einem leuchtenden Blau, und auf dem Sand verstreut lagen exotische Muscheln. Alles, was ich an kalifornischen Stränden bisher gesehen hatte, waren Knäuel aus Seetang gewesen und gelegentlich die abgebrochenen, vom Meer glattgewaschenen Böden von Colaflaschen. Ich sehnte mich danach, mich am Strand auszustrecken und ein Nickerchen in der heißen Sonne zu machen, aber ich mußte weiter.
    An einem Straßenstand aus rosafarbenem Schlackenstein aß ich zu Mittag, während ein Radiosender spanischsprachige Programme plärrte, die mir so fremd wie das Essen waren. Ich genoß Schwarze-Bohnen-Suppe und eine bolsa — eine Art Tasche aus Blätterteig, die scharf gewürztes Hackfleisch enthielt. Gegen vier Uhr

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