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Kinsey Millhone 04 - Ruhelos

Kinsey Millhone 04 - Ruhelos

Titel: Kinsey Millhone 04 - Ruhelos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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es beim Rennen gewonnen«, sagte ich. Ich persönlich hatte diesen Teil von Daggetts Geschichte zwar nicht geglaubt, aber ich hatte nichts dagegen, wenn Ferrin Westfall ihn schluckte. Er schien jedoch kaum mehr überzeugt als ich. Er wechselte das Thema.
    »Möchten Sie lieber mit Tony allein sein?«
    Das Angebot überraschte mich. »Ja, eigentlich schon. Am liebsten würde ich mit ihm irgendwohin gehen und eine Cola trinken.«
    »Ich denke, das geht in Ordnung. Wenn Sie ihn nicht zu lange aufhalten. Er muß morgen wieder in die Schule.«
    »Klar. Das ist sehr nett von Ihnen.«
    Es klopfte an der Tür. Mr. Westfall stand auf und durchquerte das Zimmer. »Das wird Tony sein«, bemerkte er.
    Die Türen glitten auf, und Tony Gahan kam herein. Er wirkte wie ein unreifer Fünfzehnjähriger. Er war ungefähr eins sechzig groß, etwa hundertzehn Pfund. Sein Onkel stellte mich vor. Er streckte mir eine Hand entgegen, und wir brachten die Begrüßung hinter uns. Tonys Augen waren dunkel, sein Haar mittelbraun, hübsch geschnitten, was mir seltsam erschien. Die meisten Kinder von der High-School, die ich in letzter Zeit gesehen hatte, sahen aus, als wären sie alle wegen derselben Krankheit behandelt worden. Ich vermutete, daß Tonys Haarschnitt eine Konzession an Ferrin Westfalls Geschmack war, und ich fragte mich, wie sie ihm selbst gefiel.
    Sein Verhalten war ängstlich. Er schien ein Kind zu sein, das verzweifelt versucht zu gefallen. Er warf seinem Onkel vorsichtige Blicke zu, immer auf der Suche nach Hinweisen darauf, was von ihm erwartet wurde, wie er sich verhalten sollte. Es war schmerzhaft, das zu beobachten.
    »Miss Millhone möchte dich gern zu einer Cola einladen, damit sie in Ruhe mit dir reden kann«, erklärte Mr. Westfall.
    »Wieso?« krächzte er. Tony sah aus, als wollte er auf der Stelle tot umfallen, und blitzartig fiel mir ein, wie sehr ich es gehaßt hatte, in Gegenwart eines Fremden zu essen und zu trinken, als ich in seinem Alter gewesen war. Mahlzeiten stellen eine Reihe von Fallen dar, wenn man die notwendigen gesellschaftlichen Fähigkeiten noch nicht erworben hat. Ich haßte es, seinen Kummer noch größer zu machen, aber ich war überzeugt, daß es niemals zu einer anständigen Unterhaltung mit ihm kommen würde, solange wir in diesem Haus waren.
    »Sie wird dir alles erklären«, antwortete Mr. Westfall. »Du bist natürlich nicht verpflichtet zu gehen. Wenn du lieber hierbleiben möchtest, dann sag das einfach.«
    Tony schien nicht in der Lage, eine Antwort aus der Aussage seines Onkels ziehen zu können, die oberflächlich gesehen ganz neutral gewesen war, aber doch ein paar unterschwellige Bedeutungen enthielt. Es war das Wort »einfach«, das ihn stolpern ließ, und »natürlich« half ihm auch nicht weiter.
    Tony warf mir achselzuckend einen Blick zu. »Also schön. Jetzt gleich?«
    Mr. Westfall nickte. »Es wird nicht lange dauern. Aber du brauchst natürlich eine Jacke.«
    Tony ging in die Halle hinaus, und ich folgte ihm, wartete, bis er im Schrank seine Jacke gefunden hatte.
    Mit fünfzehn, dachte ich, sollte er eigentlich selbst wissen, ob er eine Jacke braucht, aber keiner von beiden befragte mich zu diesem Thema. Ich öffnete die Haustür und hielt sie, während er hinausging. Mr. Westfall sah uns einen Augenblick zu und schloß dann die Tür hinter uns. Himmel, das war wie eine Verabredung. Ich hätte fast versprochen, um zehn Uhr wieder daheim zu sein. Absurd.
    Wir gingen im Dunkeln den Weg entlang. »Gehst du auf die Santa Teresa High-School?«
    »Richtig.«
    »In welche Klasse?«
    »Zweite Klasse Oberstufe.«
    Wir stiegen ins Auto. Tony versuchte, das kaputte Fenster auf seiner Seite herunterzukurbeln, aber ohne Erfolg. Eine Glasscherbe zitterte. Schließlich gab er es auf. »Was ist denn da passiert?«
    »Ich habe nicht aufgepaßt«, sagte ich und ließ es dabei bewenden.
    Ich wendete und fuhr zum Clockworks in der State Street, einer Teenie-Kneipe, die allgemein als schmutzig und korrupt galt, was sie auch ist... Ausbildungsstätte für künftige Gangster. Hierher kommen die Kids (zweifellos mit Drogen vollgepumpt), um Cola zu trinken, zu rauchen und sich unmöglich zu benehmen. Mich hatte ein siebzehnjähriger Dealer namens Mike, der mehr Geld verdiente als ich, hier eingeführt. Ich hatte ihn seit Juni nicht mehr gesehen, aber ich hielt immer wieder in der Stadt Ausschau nach ihm.
    Wir hielten auf einem kleinen Parkplatz hinter dem Haus und gingen durch den rückwärtigen

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