Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kinsey Millhone 04 - Ruhelos

Kinsey Millhone 04 - Ruhelos

Titel: Kinsey Millhone 04 - Ruhelos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
Vom Netzwerk:
dann könnte sie in derselben Zeit über den Hafen rauschen, die sie jetzt bis zum Parkplatz braucht.«
    »Arbeitet sie jetzt zufällig gerade?«
    »Montagnachmittag? Könnte sein. Ich habe keine Ahnung, wie ihr Stundenplan diese Woche aussieht, aber Sie können es auf jeden Fall versuchen. Sie müßte in der Cocktail Lounge sein. Eine Rothaarige. Wenn sie da ist, können Sie sie nicht übersehen.«
    Das sollte sich als wahr erweisen. Ich fuhr die halbe Meile vom Jachthafen zur Werft, überließ meinen Wagen dem Pagen, der sich um die Autos kümmerte. Dann ging ich über die Außentreppe zum oberen Stock. Dinah ging gerade von der Bar zu einem Tisch in der Ecke, vorsichtig ein Tablett mit Margaritas vor sich balancierend. Ihr Haar war mehr orange als rot, ähnelte zu sehr einer Karotte, um nicht natürlich zu sein. Mit hohen Schuhen war sie ungefähr eins achtzig groß. Sie trug eine dunkle Strumpfhose und ein marineblaues »Matrosen«-Kostüm mit einem Rock, der ihren Schritt umspielte. Eine kleine Matrosenkappe thronte auf ihrem Kopf, und sie strahlte etwas aus, das vermuten ließ, sie hätte Steuerbord von Backbord unterscheiden können, seit sie in die Pubertät gekommen war.
    Ich wartete, bis sie die Drinks serviert hatte und auf dem Weg zurück zur Bar war. »Dinah?«
    Sie schaute mich fragend an. Aus der Nähe konnte ich sehen, daß ihr Gesicht mit Sommersprossen übersät war und daß sie eine lange, schmale Nase hatte. Sie trug falsche Wimpern, die wie eine Reihe von Kommata ihre hellbraunen Augen umgaben und ihr ein überraschtes Aussehen verliehen. Ich erzählte ihr kurz, was ich wollte. »Ich weiß, wer der alte Knabe ist. Jetzt versuche ich herauszufinden, wer die Frau bei ihm war.«
    Dinah zuckte die Schultern. »Nun, da kann ich Ihnen nicht viel sagen. Ich hab sie ja bloß im Vorbeigehen gesehn. Ich meine, es gibt da zwar Licht im Marina, aber nicht sehr viel. Außerdem hat es verflucht gegossen.«
    »Was würden Sie sagen? Wie alt war sie?«
    »Ziemlich jung. Zwanzig vielleicht. Blond. Nicht sehr groß, zumindest im Vergleich mit ihm.«
    »Lange Haare? Kurze? Flachbrüstig? Oder mit großer Oberweite?«
    »Ich weiß nicht. Sie hatte ‘nen Regenmantel an. Jedenfalls irgend ‘nen Mantel. Das Haar war vielleicht schulterlang, ziemlich glatt. Irgendwie buschig.«
    »Hübsch?«
    Sie dachte kurz nach. »Mein Gott, ich kann mich nur noch erinnern, daß ich dachte, irgendwas wäre nicht in Ordnung, verstehn Sie? Erst mal war er in einem schrecklichen Zustand. Ich konnte ihn auf zehn Meter Entfernung riechen. Bourbondämpfe. Puh! Ehrlich gesagt, ich dachte, sie wäre vielleicht ‘ne Nutte, die ihn abgeschleppt hatte. Ich hätte fast noch was zu ihr gesagt, aber dann hab ich mir gedacht, das geht mich nichts an. Er hat seinen Spaß gehabt, aber Sie wissen ja, wie das so ist. So betrunken, wie der war, hätte ihn das leicht was kosten können.«
    »Na ja, das hat es ja wohl auch. Sein Leben inbegriffen.«

14

    Als ich schließlich vom Parkplatz des Restaurants fuhr, war es zwei Uhr, und die Luft war feuchtkalt. Aber vielleicht war es auch nur das schattenhafte Bild von Daggetts Begleitung, das mir kalte Schauer über den Rücken jagte. Ich war halb davon überzeugt gewesen, daß er in jener Nacht nicht allein gewesen war, und jetzt hatte ich eine Bestätigung — keinen Beweis für einen Mord natürlich, aber irgendwie doch eine Art Gespür für die Ereignisse, die zu seinem Tod geführt hatten, einen quälenden Umriß seines Begleiters, diese »anderen«, dessen Spur ich jetzt aufnehmen mußte.
    Nach Dinahs Beschreibung fiel mir als erstes Lovella Daggett ein. Ihre blonden Haare und überhaupt die ganze Erscheinung hatten mich, als ich sie in L. A. kennenlernte, vermuten lassen, daß sie auf den Strich ging. Andererseits waren die meisten der Frauen, die ich in diesem Fall bisher kennengelernt hatte, ziemlich jung und hatten helle Haare — Barbara Daggett, Billy Polos Schwester Coral, Ramona Westfall, sogar Marilyn Smith, die Mutter des anderen toten Kindes. Ich mußte damit anfangen, die Leute zu fragen, wo sie sich am Abend des Mordes aufgehalten hatten, eine schwierige Sache, da ich keine Mittel hatte, sie zu einer Antwort zu überreden. Polizisten haben da ihre Mittel und Wege. Ein Privatdetektiv nicht.
    So fuhr ich als erstes zur Bank und holte den Kassenscheck aus meinem Safe. Ich hastete in einen Coffee Shop und aß eine Kleinigkeit zu Mittag, und verbrachte dann den Nachmittag im Büro damit,

Weitere Kostenlose Bücher