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Kinsey Millhone 05 - Kleine Geschenke

Kinsey Millhone 05 - Kleine Geschenke

Titel: Kinsey Millhone 05 - Kleine Geschenke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Firma dann überhaupt hinterlassen? Warum hat er nicht jemanden ans Ruder gelassen, dem er vertraute?«
    »Das habe ich selbst auch vorgeschlagen, aber davon wollte er nichts hören. Es mußte einer der Jungs sein, und die Wahl fiel logischerweise auf Lance. Bass war... nun ja, du kennst ja Bass. Er hatte keine Lust, in Woodys Fußstapfen zu treten, außer sie führten direkt zur Bank.«
    »Was ist mit Ebony? Ash erwähnte, sie wäre interessiert gewesen.«
    »Ich glaube, das war sie wirklich. Aber zu der Zeit, als Woody dieses, sein letztes Testament abfaßte, war sie in Europa, und nichts deutete auf eine Rückkehr hin.«
    »Wie wurden die Aktien aufgeteilt?«
    »Lance hält achtundvierzig Prozent. Ich neun, unser Anwalt drei und Ebony, Olive, Ash und Bass jeweils zehn Prozent.«
    »Eine merkwürdige Aufteilung, oder nicht?«
    »Es ist so berechnet, daß Lance allein nicht handeln kann. Um eine Mehrheit zu erhalten, muß er mindestens einen von uns davon überzeugen, daß das, was er vorschlägt, gut fürs Geschäft ist. Meistens kann er tun, was er für richtig hält, aber wir können uns immer miteinander verbünden und ihn überstimmen.«
    »Das muß ihn doch wahnsinnig machen.«
    »Natürlich haßt er das, aber ich muß sagen, ich fange langsam an, Woodys Standpunkt zu verstehen. Lance ist noch jung, und er hat nicht sehr viel Erfahrung. Laß ihn noch ein paar Jahre arbeiten, mal sehen, wie er sich dann macht.«
    »Die Situation könnte sich ändern?«
    »Nun ja, das hängt davon ab, was mit meinen Anteilen geschieht, wenn ich sterbe. Woody hat das einzig und allein mir überlassen. Ich muß nur drei Anteile Lance vermachen. Damit hätte er die Aktienmehrheit. Niemand könnte ihm etwas anhaben.«
    »Hört sich an wie das Zeug, aus dem Seifenopern sind.«
    »Ich kann Macht ausüben wie ein Mann, wenn es darauf ankommt. Es macht mir fast ebensoviel Spaß wie Essen.« Sie warf einen Blick auf die Uhr, die an ihrem Kleid festgesteckt war. Dann streckte sie die Hand zur Wand aus und drückte auf einen Knopf, der das Mädchen irgendwo aus dem Haus herbeirief. »Zeit für mein Schwimmen. Möchtest du mir Gesellschaft leisten? Wir haben Anzüge genug im Haus, und ich würde mich über Gesellschaft freuen. Ich kann immer noch eine Meile schwimmen, aber es langweilt mich zu Tode.«
    »Vielleicht ein anderes Mal. Ich bin ein Landtier, wenn ich die freie Wahl hab’.« Ich stand auf und schüttelte ihr die Hand. »Danke für die Einladung zum Tee. Es war sehr nett.«
    »Komm doch wieder, wann immer du magst. Ich werde in der Zwischenzeit dafür sorgen, daß Ebony und Olive dir jede Information geben, die du brauchst.«
    »Vielen Dank, das würde mich freuen. Ich finde schon allein hinaus.«
    Als ich zur Halle ging, kehrte das Mädchen gerade mit einem Klapprollstuhl zurück.
    Hinter ihr öffnete sich die Haustür, und Ebony trat ein. Ich hatte sie nicht mehr gesehen, seit ich siebzehn war. Sie mußte damals fünfundzwanzig gewesen sein, was mir sehr reif und erwachsen erschien. Noch immer konnte sie mich einschüchtern. Sie war groß, dürr wie eine Bohnenstange, mit hohen Wangenknochen und dunkelrot geschminkten Lippen. Ihr Haar war rabenschwarz und auf dramatische Art aus dem Gesicht zurückgebürstet und im Nacken zu einem Knoten zusammengesteckt. Ursprünglich war sie als Fotomodell nach Europa gegangen, und sie bewegte sich noch immer, als ginge sie auf einem Laufsteg. Davor hatte sie zwei Jahre lang das Polytechnikum besucht, dann abgebrochen, es mit Fotografie, Tanz, Design und als freie Journalistin probiert, ehe sie schließlich Fotomodell geworden war. Sie war ungefähr sechs Jahre lang mit einem Mann verheiratet gewesen, dessen Name kürzlich mit Prinzessin Caroline von Monaco in Verbindung gebracht worden war. Soweit ich wußte, hatte Ebony keine Kinder, und mit ihren vierzig Jahren schien eine Mutterschaft auch nicht mehr sehr wahrscheinlich.
    Sie blieb stehen, als sie mich sah, und einen Augenblick lang war ich nicht sicher, ob sie sich erinnerte, wer ich war. Sie warf mir ein knappes, kühles Lächeln zu und ging dann weiter auf die Treppe zu.
    »Hallo, Kinsey. Komm nach oben. Ich glaube, wir sollten uns unterhalten.«
    Ich folgte ihr. Sie trug ein breitschultriges, schwarzes Kostüm, eng auf Taille geschnitten, eine blendendweiße Bluse, kniehohe glänzende schwarze Stiefel mit Absätzen, die spitz genug waren, um Löcher in einen billigen Bodenbelag zu stanzen. Sie duftete nach einem starken Parfüm,

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