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Kinsey Millhone 05 - Kleine Geschenke

Kinsey Millhone 05 - Kleine Geschenke

Titel: Kinsey Millhone 05 - Kleine Geschenke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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zum Parkplatz hinüber. Sie stieg aus dem Wagen und ging nach hinten. In ihrem weißen Pelzmantel sah sie sehr vornehm aus.
    »Tut mir leid, daß ich zu spät komme. Wartest du schon lange?«
    »Fünf Minuten.«
    Sie öffnete den Kofferraum und holte eine Einkaufstüte heraus, dann kämpfte sie mit einer zweiten.
    »Warte, ich helfe dir.«
    »Danke. Terry sollte eigentlich direkt hinter mir kommen, mit den Getränken.«
    Ich nahm die Tüte und schnappte mir gleich noch eine zweite, wo ich schon mal dabei war. Im Kofferraum standen noch zwei, und zwei weitere waren auf den Vordersitzen zu sehen. »Großer Gott, wie viele Leute hast du denn eingeladen?«
    »Nur vierzig oder so. Wird bestimmt lustig. Laß uns die hier reinbringen; Terry kann dann den Rest nehmen. Wir haben noch Unmengen von Arbeit vor uns.«
    Sie ging zur Haustür, und ich folgte ihr. Man hörte Reifen auf dem Kies knirschen, und Terry bog in einer silbergrauen Mercedeslimousine in die Auffahrt ein. Muß schön sein, dachte ich. Das Tor rollte zu. Ich wartete, während Olive den Briefkasten leerte und die Umschläge oben in eine Tüte schob. Dann hob sie die Zeitung auf und stopfte sie auch noch hinein, ehe sie schließlich nach dem Paket griff.
    »Brauchst du Hilfe? Ich kann noch was nehmen.«
    »Hab’s schon.« Sie legte das Paket oben auf die Tüte und klemmte es mit dem Kinn fest, während sie nach dem Schlüssel tastete.
    Die Katze schlenderte auf die Auffahrt zu, den Schwanz erhoben. Ich hörte das Klirren von Flaschen, als Terry seine Tüten auf den Beton stellte. Er fing an, einen Gartenschlauch aufzurollen, den der Gärtner auf dem Weg hatte liegen lassen.
    »Da bricht sich sonst noch jemand das Genick«, meinte er. Olive hatte die Tür geöffnet und versetzte ihr einen Stoß. Das Telefon fing an zu läuten. Ich schaute mich um, als sie das Paket auf den Tisch in der Halle warf.
    Was dann passierte, geschah zu schnell, um verarbeitet zu werden. Es blitzte grell, mein Gesichtsfeld wurde von einem Feuerball ausgefüllt, dem eine riesige Wolke aus weißem Rauch folgte. Eine Schrapnellexplosion von einem zentralen Punkt aus, die sich mit tödlicher Geschwindigkeit ausdehnte. Ein Feuerball schien über die Schwelle zu schießen wie eine Mauer aus Wasser, vor der ein Deich zusammengebrochen ist, Flammen zuckten im Gras. Jeder grüne Halm, der in ihrem Weg stand, färbte sich schwarz. Gleichzeitig wurde ich unter einem Knall hochgehoben und durch den Hof geschleudert. Als ich zu mir kam, saß ich aufrecht an einen Baumstamm gelehnt wie eine Stoffpuppe, ohne Schuhe, die Zehen zeigten gen Himmel. Ich sah Olive an mir vorüberfliegen, in hohem, irgendwie komischen Bogen taumelte sie durch die Luft bis zur Hecke, wo sie zusammenfiel. Meine Sicht wurde klarer, bunte Farben zuckten über die Retina, begleitet vom atemlosen Hämmern meines Herzens. Mein Gehirn, stumm vor Staunen, versagte, registrierte nur den Geruch von Schießpulver, scharf und durchdringend.
    Die Explosion hatte mich taub gemacht, aber ich spürte weder Angst noch Überraschung. Gefühle hängen von Begreifen ab, und während ich das Geschehen registrierte, ergab es doch überhaupt keinen Sinn. Wäre ich in diesem Augenblick gestorben, hätte ich wohl nicht das geringste Bedauern verspürt. Jetzt verstand ich, wie befreiend ein plötzlicher Tod sein muß. Das war das reine Wahrnehmen, ohne irgendeine Beurteilung.
    Die vordere Wand des Hauses war weg, ein tiefer Krater tat sich dort auf, wo der Tisch in der Halle gestanden hatte. Das Foyer war offen, umgeben von verkohltem Holz und Gips, alles brannte fröhlich. Große hellblaue und hellbraune Flocken schwebten wie Schnee herab. Lebensmittel übersäten den gesamten Hof, es roch nach Mixed Pickles, Silberzwiebeln und Scotch. Ich hatte sowohl gesehen als auch gehört, aber noch war ich nicht in der Lage, eine Verbindung von beidem herzustellen. Ich hatte keine Ahnung, was passiert war. Ich konnte mich nicht erinnern, was nur Augenblicke zuvor geschehen war oder wie dies mit vergangenen Ereignissen zusammengehören konnte. Da waren wir also in einer ganz neuen Situation. Aber wie war es dazu gekommen?
    Aus dem veränderten Licht schloß ich, daß meine Brauen und Wimpern nicht mehr da waren, und ich spürte versengtes Haar und Brandwunden. Ich fuhr mit der Hand zum Gesicht hinauf, wunderte mich, daß meine Glieder noch funktionierten. Ich blutete aus der Nase, aus beiden Ohren, die jetzt schier unerträglich schmerzten. Zu meiner Linken

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