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Kinsey Millhone 05 - Kleine Geschenke

Kinsey Millhone 05 - Kleine Geschenke

Titel: Kinsey Millhone 05 - Kleine Geschenke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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im Haus der Woods an. Das Mädchen nahm ab. Ich war bereit, mit irgendeinem Familienmitglied zu reden, aber das erwies sich als problematisch. Mrs. Wood ruhte und hatte darum gebeten, nicht gestört zu werden. Ebony und Ashley waren zur Santa Teresa Monumental Company gefahren, um sich Gedenktafeln für Miss Olives Grab anzusehen. Bass sollte jeden Moment zurückkommen. Ob ich meinen Namen und Telefonnummer hinterlassen wollte? Ich entschied, das nicht zu tun, und erklärte statt dessen, ich würde später noch einmal anrufen. Dann legte ich auf, ohne meinen Namen genannt zu haben. Ich holte noch mehr Kleingeld aus meiner Tasche und versuchte, Darcy im Büro zu erreichen. Sie hatte nichts Neues zu berichten. Ich brachte sie auf den letzten Stand, und wir beklagten uns kurz über die Nieten, die wir immer wieder zogen. Sie versprach, mir eine Nachricht auf meinen Anrufbeantworter zu sprechen, falls sich irgend etwas ergäbe.
    Ich kehrte zu meinem Wagen zurück und setzte mich, blieb am Straßenrand stehen. Ich goß den Rest heißen Kaffees in den Deckel der Thermoskanne und nippte vorsichtig daran. Ich kam der Wahrheit immer näher. Das spürte ich körperlich. Ich hatte das Gefühl, um den zentralen Punkt zu kreisen, wobei die Umlaufbahnen immer enger wurden. Manchmal war nur ein winziger Stoß nötig, und alles lag an seinem Platz. Aber man mußte vorsichtig sein. Wenn ich jetzt zu hastig vorging, schoß ich vielleicht über das Ziel hinaus und übersah das Offensichtliche.
    Ich schraubte die Thermoskanne wieder zu und warf sie auf den Rücksitz. Dann ließ ich den Wagen an und fuhr zurück in die Stadt. Vielleicht hatte Andys Geliebte von ihm gehört. Das könnte helfen. Fünfzehn Minuten später stand ich vor ihrer Tür und klopfte höflich. Ich wußte nicht, ob sie arbeitete oder nicht. Sie war daheim, aber als sie die Tür öffnete und sah, wer da stand, schien sie nicht sonderlich erfreut.
    »Hallo«, begrüßte ich sie. »Ich suche immer noch nach Andy, und ich habe mich gefragt, ob Sie von ihm gehört haben.«
    Sie schüttelte den Kopf. Manche Leute bilden sich ein, mich so belügen zu können, ohne daß die eigentliche Lüge über ihre Lippen kommt. Sie scheinen der Überzeugung, daß sie nicht in der Hölle schmoren müssen, wenn sie die Lüge nicht laut aussprechen.
    »Hat er sich denn nie gemeldet, damit Sie wissen, daß es ihm gutgeht?«
    »Das habe ich doch gerade gesagt, oder nicht?«
    »Kommt mir nur komisch vor«, bemerkte ich. »Ich hatte erwartet, er würde Ihnen eine Nachricht zukommen lassen oder kurz anrufen.«
    »Tut mir leid.«
    Ein kurzes Schweigen senkte sich auf uns herab. Sie hoffte unterdessen, die Tür schließen und mich auf diese Weise abwim-meln zu können.
    »Wie ist er überhaupt an diesen Kunden herangekommen?« wollte ich wissen.
    »Welchen Kunden?«
    »Wood/Warren. Kannte er Lance so gut, oder war es jemand anderer aus der Familie?«
    »Keine Ahnung. Er ist der Leiter der Leistungsabteilung. Ich wußte nicht einmal, daß er die Police überhaupt verkauft hat.«
    »Ach so. Ich hatte immer angenommen, das wäre er gewesen. Ich dachte, ich hätte es auf irgendeinem der Formulare gesehen, die ausgefüllt worden sind. Vielleicht hat er den Kunden gewonnen, ehe er zum Abteilungsleiter befördert wurde.«
    »Sind Sie fertig mit Ihren Fragen?« erkundigte sie sich schnippisch.
    »Äh nein, eigentlich nicht. Kannte Andy irgendeinen der Woods persönlich? Ich glaube, das haben Sie mir noch nicht erzählt.«
    »Woher soll ich wissen, wen er kannte?«
    »Ich dachte, ich versuch’s einfach mal«, meinte ich. »Es wundert mich, daß Sie sich seinetwegen keine Sorgen machen. Der Mann ist jetzt immerhin — wie lange, vier Tage? — verschwunden. Ich würde wahnsinnig werden.«
    »Schätze, das ist der Unterschied zwischen uns«, meinte sie.
    »Vielleicht durchsuche ich seine Wohnung noch einmal. Man kann nie wissen. Vielleicht ist er dort vorbeigefahren und hat seine Kleider und seine Post geholt.«
    Sie starrte mich nur an. Es blieb nicht mehr viel zu sagen.
    »Also dann, auf geht’s«, meinte ich fröhlich. »Sie waren wirklich ein Engel.«
    Ihr Abschied war kurz. Zwei Worte nur, von denen eines mit »H« anfing. Scheinbar hatte ihre Mama ihr ebensowenig beigebracht, sich wie eine Dame zu benehmen, wie meine mir. Ich beschloß, zu Andys Wohnung hinauszufahren, offen gesagt nur deshalb, weil mir nichts anderes zu tun einfiel.

23

    Ich fuhr zu dem Gebäudekomplex hinaus, in dem Andy wohnte,

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