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Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass

Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass

Titel: Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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War schon vor... hmmm, zwei Monaten, würd’ ich sagen. Aber es plagt sie immer noch. Flammt immer wieder auf, sagt sie. So schlimm. Kann kaum laufen. Der Chef hat ihr gesagt, bleiben Sie bloß daheim. Will keine Klage an den Hals kriegen. Ist das von einem Verehrer?«
    Ich drehte die Karte um und hielt sie gegen das Licht. »Sieht aus wie eine Genesungskarte, wenn Sie mich fragen. Mist. Was soll ich jetzt machen?«
    »Bringen Sie’s ihr doch nach Hause«, meinte sie.
    »Geht nicht. Er hat nur diese Adresse hier angegeben. Sie wissen nicht zufällig, wo sie wohnt?«
    »Nee. Bin noch nie bei ihr gewesen«, sagte die Frau. Sie wandte sich an eine der anderen. »He, Lupe. Weißt du Bibiannas Adresse?«
    Die zweite Frau schüttelte den Kopf, aber eine dritte sprudelte los: »Irgendwo am Castano. Nummer weiß ich nicht, aber vorn ist so ein großes braunes Haus, und ihrs steht dahinter. So ein kleiner Bungalow, richtig süß. Zwischen Huerto und Arroyo Street.«
    Die Frau hinter dem Ladentisch wandte sich jetzt wieder mir zu. »Wissen Sie, wo sie meint?«
    »Ich werd’s schon finden«, sagte ich. »Danke. Sie haben mir sehr geholfen.«
    »Ich bin Graciela. Sie können dem Burschen sagen, er soll mal bei mir vorbeikommen, wenn er sie satt hat. Ich hab alles, was sie hat. Nur bisschen anders aufgeteilt.«
    Ich lächelte. »Das werd’ ich tun.«

    Die zweite Bibianna-Adresse entpuppte sich als eine ziemlich verrottete Hütte hinter einem ziemlich verrotteten braunen Haus in einem sichtlich heruntergekommenen Wohnviertel. Ich entdeckte das Haus im Vorbeifahren, kurvte einmal um den Block und parkte dann auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Ich blieb im Wagen sitzen und musterte das Anwesen. Das Grundstück war schmal und lang und von ausladenden Magnolien, Zederzypressen und Kiefern beschirmt. Es gab nirgends ein Fitzelchen Gras, und was an Vegetation vorhanden war, musste dringend gestutzt werden. An der Grenze zum rechten Nachbargrundstück führte eine rissige Asphalt-Einfahrt entlang. In dem größeren Haus zur Straße hin hatte jemand als Vorhangersatz schlaffe geblümte Bettlaken vor die Fenster genagelt.
    In der Einfahrt war kein Auto zu sehen. Laut Schadensanzeige war ihr 78er Mazda noch in der Werkstatt, wo (unter anderem) die rechte Tür erneuert werden sollte. Ich wartete zwanzig Minuten, ohne dass sich irgendwas tat. Ich drehte mich um und angelte nach dem abschließbaren Aktenköfferchen, in dem ich für Situationen wie diese ein Sortiment falscher Ausweise aufbewahrte. Ich entnahm ihm einen Satz Papiere auf den Namen »Hannah Moore«, säuberlich in einer Plastik-Klapphülle verstaut: einen kalifornischen Führerschein mit meiner Personenbeschreibung und einem Foto von mir, einen Sozialversicherungs-Ausweis, eine Visa-Karte und eine Tank-Kreditkarte von Chevron. »Plannah Moore« besaß sogar einen Bibliotheksausweis als Zeichen eines gewissen Bildungsniveaus. Ich schob meine Umhängetasche unter den Vordersitz und steckte die Papiere in meine Hosentasche. Ich stieg aus, schloss den Wagen ab, überquerte die Straße und marschierte die Einfahrt entlang.
    Die großen Bäume tauchten das Grundstück in unangenehm kühlen Schatten, und ich bereute es, dass ich nicht daran gedacht hatte, eine Windjacke oder ein Sweatshirt mitzunehmen. Bibiannas Domizil war ein verlottertes braunes Schindelhäuschen, der ideale Snack für einen hungrigen Termitenschwarm. Ich erklomm die zwei breiten, knarrenden Holzstufen zu einer winzigen, vollgerümpelten Vorderveranda. Das Flügelfenster auf der rechten Seite war mit einer Bahn aus rotem Baumwollstoff verhängt. Ich versuchte, daran vorbeizulinsen, konnte aber nicht viel erkennen. Drinnen schien alles ruhig, und ich sah auch kein Licht. Ich klopfte an die Vordertür und nutzte das Warten, um die unmittelbare Umgebung des Eingangs zu inspizieren. Neben der Haustür war ein Metallbriefkasten an die Holzschindeln genagelt. Sieben adressierte und frankierte Briefe guckten halb aus dem Auffangkorb, offensichtlich dort deponiert, damit der Postbote sie mitnahm. Bis jetzt hatte noch niemand auf mein Klopfen reagiert. Das Häuschen wirkte verlassen, und ich bildete mir ein, den schwachen Muffelgeruch wahrzunehmen, den manche Behausungen schon nach kürzester Abwesenheit ihrer Bewohner verströmen. Ich klopfte noch einmal und wartete ein paar endlose Minuten, ehe ich befand, dass wirklich niemand daheim war. Ich sah möglichst beiläufig zu dem großen Haus hinüber, aber auch

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