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Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass

Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass

Titel: Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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daraus, da Nicht-Ausschließlichkeit ja die Grundlage der Beziehung gewesen war. Nach und nach wurde die Frau sauer, weil ihr ihre Bemühungen nicht entlohnt wurden. Sie fühlte sich ausgenutzt und ließ ihren Unmut an Jimmy aus, was für ihn wiederum die perfekte Rechtfertigung für den Rückzug war. Meist nach vier Wochen und nie später als nach zwei Monaten ging es dann los: Forderungen, Klagen, kaum unterdrückte Enttäuschung, Vorwürfe. Sobald das passierte, war Jimmy auf und davon, ohne auch nur danke zu sagen. Nie hatte ich ihn eine dieser Frauen so anschauen sehen wie jetzt Bibianna Diaz.
    Sie kam an den Tisch zurück und setzte sich provozierend auf Jimmys Schoß, rittlings, das Kleid bis zum Schritt hochgeschoben, die Brüste so dicht vor seinem Gesicht, dass ich schon dachte, er würde gleich hineinbeißen wie in zwei Napfkuchen. Die nächste halbe Stunde verbrachte ich damit, mir einen Hörschaden zu holen, während Jimmy Tate und Bibianna Diaz schwüle Blicke wechselten und es (mehr oder minder) im Sitzen und mit Kleidern miteinander trieben, wobei die Reibungshitze sämtliche Stoffschichten zwischen ihnen versengen musste. Die Luft roch nach Begierde, so ähnlich wie nasses Gras nach einem Regenguss. Oder wie ein unkastrierter Kater.
    Die Band hatte ein Stück beendet und begann ein neues, den ersten langsamen Song dieses Abends. Bibianna ging, um mit jemand anderem zu tanzen. Jimmy schien es nichts auszumachen. Dass auch andere Männer im Lokal etwas von ihr wollten, schmeichelte offenbar seinem Ego. Und mir gab es Gelegenheit, herauszufinden, was in ihm vorging und ob er mir eine Hilfe oder ein Hindernis bei meinem Vorhaben sein würde, mich an Bibianna heranzupirschen. Jimmy streckte mir die Hand hin. »Komm tanzen«, sagte er.

7

    Ich legte meine Hand in seine und folgte ihm. Er war einer dieser Männer, die es schaffen, dass man sich auf der Tanzfläche fühlt wie Ginger Rogers, weil sie einem durch den Druck ihrer Hand im Kreuz die vielfältigsten Direktiven übermitteln. Er tanzte mehr oder minder automatisch, während seine Augen rastlos im ganzen Lokal umherschweiften und alles im Blick behielten. Dieses Verhalten kannte ich. Ein Polizist bleibt immer Polizist, ob nach Dienstschluss, im Urlaub oder im Ruhestand. Wer einmal dieses Training absolviert und verinnerlicht hat, wird immer wachsam sein und seine Umgebung ständig auf mögliche ungesetzliche Vorkommnisse kontrollieren. Jimmy mochte als Polizist seine Schwächen haben — und Bestechlichkeit gehörte sicher dazu — , aber ich konnte mir nicht vorstellen, was er anderes mit seinem Leben anfangen sollte. Es fiel mir schwer zu glauben, dass er so selbstzerstörerisch sein sollte, sich den einzigen Job zu verbauen, den er gern tat. Das lag zwar im Prinzip durchaus auf seiner Linie, aber es war dumm. Was sollte er denn sonst machen? Worauf wollte er den Rest seiner Zeit ver- . wenden?
    Er spürte, dass es in mir arbeitete, und wandte mir seine Aufmerksamkeit zu. »Warum so still?«
    »Ich habe über diese Prozessgeschichte nachgedacht und mich gefragt, wie du überhaupt in diese Sache hineingerutscht bist.«
    »Ich habe meine Straftäterkarriere schon als Jugendlicher begonnen«, sagte er.
    »Da warst du zwölf. Du hattest nichts zu verlieren. Ich weiß, dass du Probleme hattest, aber ich habe dich nie für kriminell gehalten.«
    »Nimm’s nicht so tragisch. Was heißt das schon? Ich bin nicht krimineller als alle anderen. Hör mal zu, Kinsey, du weißt doch, wie das ist. Natürlich habe ich manchmal ein paar Scheine abgezweigt. Verdammt noch mal, das tut doch jeder. Schon an meinem ersten Arbeitstag habe ich mitgekriegt, wie die Jungs ihren Teil eingesackt haben. Das war doch nun wirklich nichts Neues — es war nur besser organisiert. Ich habe doch nicht armen alten Frauen ihre Rente geklaut. Das waren gottverdammte Kokain-Dealer — der absolute Abschaum. Das letzte vom letzten. Das Geld war noch nicht mal legal, aber es war da. Kannst du dir vorstellen, wie das ist, so einen Laden hochgehen zu lassen? Du kommst rein, und da liegen zweihunderttausend Eier — ach, Scheiße noch mal, ein halbe Million — einfach so auf dem Tisch, lauter hübsche Bündel, alle schön ordentlich mit Gummis drum. Es kommt dir vor, als sei es gar nicht echt. Wie Spielgeld. Da kräht doch kein Hahn danach, ob ein Bündel verschwindet. Wer soll schon was sagen? Die Geldwäscher? Quatsch. Die nehmen sowieso nichts bar auf die Hand, weil man ihnen dann

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