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Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass

Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass

Titel: Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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erklärte noch mal, dass er zwei Festnahmen brachte. Wir warteten, während die Kameras uns inspizierten. Ich kenne das Schaltpult, an dem der Kontrollraum-Beamte sitzt, umgeben von Schwarzweißmonitoren, auf denen etwas flimmert, was aussieht wie zwölf sterbenslangweilige Andy-Warhol-Werke gleichzeitig. Ein Summer ließ uns ein. Wir gingen schweigend einen Flur entlang und bogen dann in einen zweiten, der schließlich in der Aufnahme für männliche Häftlinge endete. Ich hoffte, Tate hier irgendwo zu entdecken, aber er war offenbar schon durch die bürokratische Mühle geleiert und in eine Zelle gebracht worden. Der Penner war gerade dabei, heftig schwankend die Taschen seiner zerlumpten Jacke zu leeren. Ich kannte ihn vom Sehen, er gehörte zum Stadtbild. Nachmittags lungerte er meistens vor dem Gerichtsgebäude herum, in hitzige Debatten mit einem unsichtbaren Kompagnon vertieft. Dieser Gefährte wollte offenbar auch jetzt nicht so wie er. Der Aufnahme-Beamte hinter dem Schreibtisch fasste sich in freundliche Geduld. Ich kannte auch den Mann vom Sheriffs Department, kam aber nicht auf seinen Namen. Foley oder so ähnlich. Ich war zu weit von ihm weg, um sein Namensschildchen lesen zu können, und ich wollte keine unnötige Aufmerksamkeit erregen, indem ich ihm mit zusammengekniffenen Augen auf die Brust starrte.
    Ich drehte den Kopf weg und guckte stur nach links, damit er mein Gesicht nicht sah. Es war gut zehn Jahre her, dass ich den Burschen das letzte Mal gesehen hatte, aber ich wollte auf keinen Fall riskieren, dass er mich wieder erkannte und meine Tarnung auffliegen ließ. Wahrscheinlich war das sowieso die reine Selbstschmeichelei. Ich sah ungefähr so respektabel aus wie der Penner, den sie gerade einbuchteten. Ich bildete mir zwar ein, dass ich wenigstens besser roch, aber wer weiß? Mir ist schon öfter aufgefallen, dass wir im Normalfall keine Ahnung haben, wie wir für andere riechen. Fast so, als würde uns unsere Nase aus Selbstschutz einfach ausblenden.
    Kip drückte jetzt auf einen Knopf an einer anderen Tür, und kurz darauf erschien eine weitere Wachbeamtin aus dem Frauentrakt. Es wurden Fotos von uns gemacht, so ähnlich wie am Automaten bei Woolworth, ein trauriger Streifen mit verschiedenen Posen, der nach ein paar Minuten aus einem Schlitz an der Außenseite kommt. Ich sah darauf aus wie die Chefin eines Teenie-Porno-Rings, die Sorte Frau, die junge Mädchen mit glattzüngigen Versprechungen von der großen Model-Karriere ins Verderben lockt. Wir wurden in die Frauen-Aufnahme gebracht und zu einer Reihe von Wartezellen geführt. Ich kam in die erste und Bibianna in die zweite. Die Beamtin, die mich begleitet hatte, tastete einmal kurz an mir herunter und nahm mir dann die Handschellen ab.
    »Lehnen Sie sich mit den Händen an die Wand«, sagte sie. Ihr Ton war nicht unfreundlich, aber auch nicht besonders herzlich. Wieso auch? Für sie war ich nichts als ein weiteres Exemplar in einem endlosen Strom von Festnahmen.
    Ich stand mit dem Gesicht zur Wand, auf die halbausgebreiteten Arme gelehnt, während sie mich noch einmal gründlicher abtastete und sicherstellte, dass ich keine Miniwaffe in meinem Haar versteckt hatte. Sie erlaubte mir, mich auf eine Bank an der Wand zu setzen, während hinter dem Glasfenster rechts von mir die nötigen Papiere zusammengesucht wurden. Als die Registratur-Beamtin so weit war, musste ich meine Taschen leeren und meinen falschen Führerschein, meine Schlüssel, meine Uhr, meinen Gürtel und meine schäbigen Schuhe durch den Schlitz hineinreichen. Irgendwie hatte es etwas Rührendes, dieses Häufchen Habseligkeiten, die nicht nur spärlich, sondern auch billig waren. Wir begannen, den Katechismus durchzugehen. Personalien, medizinische Daten. Beschäftigung. Ich erklärte, ich sei arbeitslos, und gab als Beruf »Serviererin« an. Dann folgte die juristische Litanei. Die Beschuldigungen gegen mich lauteten auf Beamtenbeleidigung, ein minderschweres Vergehen, und tätlichen Angriff auf eine Polizeibeamtin, eine Straftat, bei der die Kautionssumme fünftausend Dollar beträgt. Ich ging davon aus, dass Bibianna ungefähr die gleichen Delikte zur Last gelegt wurden. Man wies mich auf die Möglichkeit hin, eine Kaution zu hinterlegen, aber ich lehnte ab, weil ich unterstellte, dass Bibianna es auch nicht tun würde. Es fehlte mir gerade noch, dass ich hier schmoren durfte, während sie eine Möglichkeit fand, auf Kaution wieder freizukommen. Ich wartete darauf, dass

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