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Kinsey Millhone 07 - Hoher Einsatz - G wie Galgenfrist

Kinsey Millhone 07 - Hoher Einsatz - G wie Galgenfrist

Titel: Kinsey Millhone 07 - Hoher Einsatz - G wie Galgenfrist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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ich.«
    »Dann waren die beiden eben nicht ein und dieselbe. Na und? Du hattest eine Theorie, und sie hat sich als Seifenblase erwiesen und ist geplatzt.«
    »Vielleicht«, sagte ich störrisch.
    »Vielleicht! Mach dich nicht lächerlich und lass sein, Mill-hone. Du kannst nicht die Tatsachen manipulieren, damit sie zu deiner Hypothese passen. Fang mit dem an, was du weißt, und gib der Wahrheit eine Chance, ans Licht zu kommen. Erzwing keine Schlussfolgerung, nur um dein Ego zu befriedigen.«
    »Ich erzwinge gar nichts«, sagte ich gekränkt.
    »Und ob du das tust! Du erträgst es nicht, dich zu irren...«
    »Das ist nicht wahr!«
    »O doch, es ist wahr, mach mir nichts vor...«
    »Das hat nichts damit zu tun. Wenn die beiden nicht ein und dieselbe sind, okay. Dann sag mir aber, wer war Agnes Grey, und wie ist sie an Irene Bronfen gekommen?«
    »Vielleicht war Agnes eine Kusine oder eine Freundin der Familie. Sie kann auch das Hausmädchen gewesen sein...«
    »Na schön. Fantastisch. Sagen wir, sie war das Hausmädchen, das mit der kleinen Irene verschwunden ist. Wieso hat er uns das nicht gesagt? Warum hat er so getan, als wär’s seine Frau gewesen? Er ist überzeugt, dass Sheila das Kind mitgenommen hat — oder er lügt wie gedruckt, stimmt’s?«
    »Komm schon! Du klammerst dich an Strohhalme.«
    Ich hockte mich auf die Fersen und rupfte Gras. Meine Frustration nahm ständig zu. Ich hatte das Gefühl, den Knoten im nächsten Moment entwirren zu können und atmete kräftig aus. Insgeheim war ich überzeugt gewesen, dass Agnes Grey und Anne Bronfen ein und dieselbe gewesen waren. Ich wünschte, Bronfen hätte wegen Annes Tod gelogen, aber es sah so aus, als habe er die Wahrheit gesagt — der Scheißkerl. Aus den Augenwinkeln sah ich, dass Dietz verstohlen auf seine Uhr schaute.
    »Verdammt, tu das nicht!«, sagte ich. »Ich hasse es, gedrängt zu werden.« Ich war gereizt und reagierte bissig. »Wie spät?«, fragte ich einlenkend.
    »Bald vier. Ich will dich ja nicht drängen, aber wir müssen los.«
    »Zum Ocean View ist es nicht weit.«
    Er verstummte und blickte starr den Hügel hinunter, wahrscheinlich, um seinerseits eine leichte Gereiztheit hinunterzuschlucken. Er war ungeduldig, ein Mann der Tat, mehr an Mark Messinger als an Agnes Grey interessiert. Er bückte sich, hob einen Erdklumpen auf und warf ihn den Hügel hinunter. Dann sah er dem Ding nach, als erwarte er, es im nächsten Moment über das Gras hüpfen zu sehen wie einen Kieselstein übers Wasser. Nach einer Weile schob er die Hände in die Taschen. »Ich warte im Wagen auf dich«, sagte er kurz und ging los.
    »O verdammt«, murmelte ich vor mich hin, nachdem ich ihm kurz nachgeschaut hatte, und lief hinter ihm her. Ohne eigenen Wagen kam ich mir wie ein Teenager vor. Dietz bestand darauf, dass ich fast ununterbrochen an seinem Rockzipfel hing, und ich sah mich gezwungen, hinter ihm herzuzotteln oder ihn zu bitten, dass er mich fuhr; ich sah mich genötigt zu bleiben, wo ich nicht sein wollte, und konnte Spuren, die mich interessierten, nicht verfolgen. Ich ging schneller und holte ihn an der Straße ein. »He, Dietz! Kannst du mich vielleicht zu Hause absetzen? Dann könnte ich mir Henrys Wagen ausleihen, und du könntest mit Rochelle allein reden.«
    Er ließ mich auf meiner Seite einsteigen. »Nein.«
    Ich starrte ihn empört an. »Nein?« Ich musste warten, bis er um den Wagen herumgegangen war. »Was meinst du mit
    >nein?<«
    »Dass ich dich nicht allein rumsausen lasse. Zu gefährlich.«
    »Verschon mich bitte damit. Ich habe zu tun.«
    Er antwortete nicht. Als hätte ich kein Wort gesagt. Er fuhr aus dem Friedhof hinaus und auf dem Cabana Boulevard nach links, hielt auf die Hotels gegenüber vom Kai zu. Ich schaute aus dem Fenster, wälzte finstere Fluchtgedanken.
    »Und mach keine Dummheiten«, sagte er.
    Ich sprach nicht aus, was ich dachte, aber es war kurz und treffend.
    Das Ocean View ist eines jener nichts sagenden einstöckigen Motels, einen Block von dem breiten Boulevard entfernt, der parallel zum Strand verläuft. Die Touristensaison hatte noch nicht angefangen, die Preise waren noch niedrig, und überall auf der Straße leuchteten in roter Neonschrift die Worte Zimmer frei auf. Die einzige Aussicht, die das Ocean View bot, war die auf die Rückfront des Motels gegenüber. Das Gebäude aus Schlackenstein war mit etwas verkleidet, das wie verwitterter Gipsmörtel aussah, doch die roten Dachschindeln hatten eine einheitliche

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