Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kinsey Millhone 07 - Hoher Einsatz - G wie Galgenfrist

Kinsey Millhone 07 - Hoher Einsatz - G wie Galgenfrist

Titel: Kinsey Millhone 07 - Hoher Einsatz - G wie Galgenfrist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
Vom Netzwerk:
zu werden. Es überrieselte mich vom Kopf bis zu den Zehen so eisig, als liefe mir schmelzender Schnee den Rücken hinunter. Ich dachte sofort an die hell erleuchteten Fenster hinter mir, verzog mich auch aus dem Lichtkreis der Außenbeleuchtung und verharrte im Dunkeln. Auf dem Parkplatz war es ziemlich finster, und mein Zimmer lag auf der gegenüberliegenden Seite. Ich lauschte, hörte aber nur den Verkehrslärm auf dem Highway, das Dröhnen der Laster, die warnende Hupe eines Rasers, der andere Fahrzeuge von seiner Fahrspur scheuchte. Ich wusste nicht, was mich aufgeschreckt hatte — falls ich überhaupt etwas gehört hatte. Ich spähte in die Dunkelheit und drehte den Kopf hin und her, während ich mich bemühte, aus der Kulisse der alles übertönenden lauten Geräusche die leisen, unaufdringlichen auszusondern und zu lokalisieren. Ich wartete, und mein Herzschlag hämmerte mir in den Ohren. Was diese Geschichte meinem Kopf antat! Von irgendwoher kam schwach das helle, melodische Kichern eines kleinen Kindes. Der Ton, koboldhaft, überschlug sich, wurde zum hilflosen Quietschen, als würde jemand unbarmherzig gekitzelt. Ich hockte mich neben einer Wand aus dichtem Strauchwerk auf die Fersen.
    Am anderen Ende des Parkplatzes tauchte ein Mann auf und bewegte sich mit einem Kind auf den Schultern durch das Dunkel auf mich zu. Er hatte die Arme nach oben gestreckt, um den Jungen fest zu halten, und stupste ihn, um ihn zu necken, immer wieder in die Rippen. Lachend klammerte sich der Kleine mit beiden Händen an die Haare seines Vaters, und sein Körper schwankte wie bei einem Kamelritt im Rhythmus der väterlichen Schritte. Der Mann bückte sich, als sie in den erleuchteten Durchgang einbogen, wo ich in einer Nische die Automaten für alkoholfreie Getränke und Speiseeis gesehen hatte. Einen Augenblick später hörte ich das vertraute Geräusch, mit dem eine Dose durch den Schacht rasselte. Die beiden erschienen wieder, diesmal Hand in Hand, und schwatzten vergnügt miteinander. Ich atmete ganz langsam aus und sah sie um die Ecke herum zur Außentreppe gehen. Im ersten Stock tauchten sie wieder auf und betraten das dritte Zimmer von hinten. Ende der Episode. Ich hatte nicht einmal gemerkt, dass ich meine Pistole gezogen hatte, aber der Reißverschluss meiner Jacke war offen, und ich hielt die Waffe in der Hand. Ich verstaute sie wieder. Mein Herz schlug langsamer, und wie ein Läufer nach einer anstrengenden Strecke schüttelte ich die innere Anspannung aus Armen und Beinen.
    Über den schmalen Fahrweg hinter dem Motel kehrte ich in mein Zimmer zurück. Er war sehr dunkel, aber ich fühlte mich hier sicherer als beim Überqueren des offenen Parkplatzes. Um in mein Zimmer zu gelangen, drückte ich mich um das Ende des Gebäudes herum, sperrte die Tür auf, griff nach innen und knipste das Licht an, bevor ich hineinschlüpfte. Das Zimmer war unberührt, alles sah noch genauso aus, wie ich es verlassen hatte. Ich schloss die Tür hinter mir ab und zog die Vorhänge zu. Als ich mich neben den Nachttisch setzte, merkte ich, dass ich unter den Armen schweißgebadet war — die Angst kam über mich wie ein Nachbeben. Es dauerte eine Weile, ehe ich meine zitternden Hände wieder in der Gewalt hatte.
    Als erstes rief ich bei Irene an. Sie nahm sofort ab, als habe sie am Telefon gelauert. »O Kinsey, Gott sei Dank!«, sagte sie, nachdem ich mich gemeldet hatte.
    »Das klingt ja so aufgeregt. Was ist los?«
    »Vor ungefähr einer Stunde hat mich das Pflegeheim angerufen. Ich hatte heute Nachmittag lange mit Mrs. Haynes telefoniert, und wir waren übereingekommen, Mutter mit einer Luftambulanz nach Santa Teresa zu transportieren. Clyde hat es mit viel, viel Mühe geschafft, einen Platz in einem hiesigen Pflegeheim zu bekommen. Es ist wirklich hübsch und gar nicht weit weg von uns. Ich dachte, sie werde vor Freude außer sich sein, aber als Mrs. Haynes es ihr sagte, hat sie einen Tobsuchtsanfall bekommen. Sie mussten ihr ein Beruhigungsmittel geben, und trotzdem hat sie noch einen Riesenkrach geschlagen. Jemand muss zu ihr und dafür sorgen, dass sie sich beruhigt. Ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus?«
    O Scheiße!, dachte ich. »Ich will mich nicht mit Ihnen streiten, Irene, aber ich glaube nicht, dass ich sehr hilfreich sein kann. Ihre Mutter hat keine blasse Ahnung, wer ich bin, und es ist ihr auch völlig egal. Als sie mich heute Nachmittag sah, hat sie eine Bettpfanne quer durchs Zimmer nach mir geschleudert.«
    »Das

Weitere Kostenlose Bücher