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Kinsey Millhone 07 - Hoher Einsatz - G wie Galgenfrist

Kinsey Millhone 07 - Hoher Einsatz - G wie Galgenfrist

Titel: Kinsey Millhone 07 - Hoher Einsatz - G wie Galgenfrist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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der Kreuzung Main Street und Salton Highway, fand ich eine kleine Tankstelle, die eine jener seltsamen Spritmarken verkaufte, die den Motor zum Rülpsen bringt. Ich pumpte etwas Luft in den Reservereifen und nahm den Platten aus dem Kofferraum.
    »Ich habe in den Slabs zu tun«, sagte ich. »Können Sie den in anderthalb Stunden reparieren?«
    Er sah sich den Reifen genau an. Der Blick, den er mir dann zuwarf, verriet mir, dass er zu demselben Schluss gekommen war wie ich, aber er sagte nichts. Er meinte nur, er werde den Reifen von der Felge abmontieren und bis zu meiner Rückkehr flicken. Ich könne mich darauf verlassen. Ich schätzte, dass ich gegen fünf zurück sein würde, denn ich konnte mir nicht vorstellen, nach Sonnenuntergang noch draußen in der Wüste zu sein — nicht einmal daran denken wollte ich. Ich gab ihm einen Zehner für seine Mühe und sagte ihm, die Reparatur würde ich bezahlen, wenn ich zurückkam. Ich stieg in den Wagen und steckte dann den Kopf aus dem Fenster. »Wo ist die Straße zu den Slabs?«
    »Sie sind schon drauf«, sagte er.
    Ich nahm die Hauptstraße bis zu dem Punkt, wo sie zur Beal Road wird, und näherte mich Slab City diesmal mit einem Gefühl der Vertrautheit. Hier draußen fühlte ich mich sicherer. Um diese Zeit schienen auch mehr Leute unterwegs. Ein Wohnmobil bog auf einen Stellplatz ein, ein stumpfnasiger gelber Schulbus brachte Kinder nach Hause. Jetzt stürmten die Hunde heran und gebärdeten sich wie närrisch vor Freude, weil die Kinder aus der Schule zurück waren. Als ich Rusted-Out-Chevy-Road erreichte, bog ich rechts ab, und bald tauchte Agnes Greys blauer Wohnwagen vor mir auf. Ich parkte ganz in der Nähe und holte das Werkzeug vom Rücksitz. Vom Verfolgungswahn befallen, nahm ich meine kleine Davis-Halbautomatic und schob sie im Rücken unter den Bund meiner Jeans. Dann packte ich ein altes Baumwoll-hemd, zog es mir über das T-Shirt, sammelte die Bretter, das Schloss und den Vorleger ein und ging das letzte Stück zum Wohnwagen zu Fuß.
    Die kleinen Monster waren zu Hause. Deutlich war Stimmengemurmel zu hören. Ich kam zur Tür, hatte jedoch nicht vermeiden können, dass meine Schritte auf dem Kies knirschten. Die Stimmen verstummten sofort. Ich lehnte mich an den Türrahmen und spähte um die Ecke in den Wagen. Schließlich wollte ich es nicht riskieren, eins über den Schädel zu kriegen. Unvermittelt sah ich mich dem rastalockigen Wesen gegenüber, das am Vormittag auf den Stufen gesessen hatte. Ein zweites schmutziges Gesicht tauchte neben dem ersten auf. Die Nachbarn hatten mich darüber aufgeklärt, dass eins dieser Wesen ein Junge und eins ein Mädchen war. Ich hielt Rastalocke für die männliche Hälfte des Pärchens, konnte jedoch keine äußeren Geschlechtsmerkmale feststellen. Keines der beiden hatte Bartwuchs. Beide waren jung mit den noch unfertigen Gesichtern von Cherubinen, schmuddelige Haarwülste oben, zerlumpte Kleider unten. Und beide rochen nicht besser als Agnes.
    Der Junge und ich beäugten einander und blähten uns auf wie Affen. Wie läppisch! Wir waren gleich groß — eins siebenundsechzigeinhalb — und wogen beide nicht mehr als hundertacht Pfund. Kleine Bantamgewichtler, die sich als Raubeine aufspielten. Einen Unterschied gab es möglicherweise zwischen uns: Ich war entschlossen, ihn windelweich zu prügeln, glaubte aber nicht, dass er darauf vorbereitet war, mir mit gleicher Münze heimzuzahlen. Mit einem Blick auf seine Gefährtin wippte er auf den Fersen, die Hände in den Taschen, als habe er den ganzen Tag Zeit. »He, Trulla, was zum Teufel suchst du hier?«
    Ich war sofort auf achtzig. Meine Nerven waren ohnehin überreizt, und ich brauchte mich von einem kleinen Punk wie ihm nicht dumm anreden zu lassen. »Mir gehört der Wohnwagen, Arschgesicht«, fauchte ich.
    »Ach ja? Und wie wär’s mit Beweisen?«
    »Kein Problem, Dummkopf. Hier hab ich die Eigentumsurkunde.« Ich zog die Pistole aus dem Hosenbund und hielt ihm die Mündung unter die Nase. Die Waffe war nicht geladen, aber sie machte sich gut. Hätte ich meinen alten Colt gehabt, hätte ich um der dramatischeren Wirkung willen den Hahn spannen können. Kleine Jungs kann ich einschüchtern, nur muss ich gestehen, dass es mir bei den erwachsenen leider nicht so gut gelingt. »Haut ab«, sagte ich.
    Die beiden fielen fast übereinander, so eilig hatten sie es, nach hinten hinaus zu verschwinden. Der Wohnwagen wackelte unter ihren trampelnden Füßen, dann waren sie

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