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Kinsey Millhone 10 - Stille Wasser

Kinsey Millhone 10 - Stille Wasser

Titel: Kinsey Millhone 10 - Stille Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Jaffe zweimal gesehen hatte — beide Male in der Bar. Einmal hatte er allein dort gesessen, die Ellbogen aufgestützt und mit schwingenden Gesten einer Hand, die eine brennende Zigarette hielt, seinen weitschweifigen Monolog unterstrichen. Das andere Mal war er in Gesellschaft einer Gruppe grölender Männer seines Alters gewesen, alle übergewichtig und kurzatmig, dicke Zigarren rauchend, während sie sich gegenseitig Altherrenwitze erzählten.
    Ich mußte eine Entscheidung treffen.
    Erst einmal blieb ich stehen und ging dann lässig und langsam auf ihn zu. Als ich nahe genug war, streckte ich den Arm aus und nahm ihm behutsam die Brille von der Nasse, klappte sie zusammen und steckte sie in die Brusttasche meiner Bluse. »Hallo, Sportsfreund. Wie geht’s denn so? Siehst gut aus, heute abend.«
    In hilflosem Protest hob er beide Hände. Ich knöpfte meinen rechten Ärmel auf, während ich ihn mit taxierendem Blick musterte.
    »Wer sind Sie?« fragte er.
    Ich lächelte nur und zwinkerte ihm träge zu, während ich den linken Ärmel aufknöpfte. »Eine Überraschung. Wo bist du denn die ganze Zeit gewesen? Ich suche dich schon seit sechs Uhr heute abend.«
    »Kennen wir uns?«
    »Auf jeden Fall werden wir uns kennenlernen, Jack. Wir machen’s uns heute abend so richtig nett, hm?«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich glaube, hier liegt eine Verwechslung vor. Ich heiße nicht Jack.«
    »Ich nenne jeden Jack«, versetzte ich, während ich meine Bluse aufknöpfte. Ich ließ sie offen herabhängen, so daß sich ihm verlockende Ausblicke auf mein jungfräuliches Fleisch boten. Zum Glück hatte ich den einen BH an, der nicht mit Sicherheitsnadeln zusammengeklammert war. Daß er vom vielen Waschen einen leichten Grauschimmer hatte, konnte man bei dieser Beleuchtung wahrscheinlich nicht sehen.
    »Kann ich meine Brille haben? Ohne sie sehe ich kaum was.«
    »Ach was? Na so ein Pech. Wo stimmt’s denn nicht — bist du kurzsichtig, weitsichtig oder hast du Astigmatismus oder was?«
    »Astigmatismus«, antwortete er entschuldigend. »Außerdem bin ich kurzsichtig, und das eine Auge ist ziemlich faul.« Wie zur Demonstration glitt der Blick des einen Auges nach außen ab und folgte der Flugbahn eines unsichtbaren Insekts.
    »Na, da mach dir mal keine Sorgen. Ich bleib’ ganz dicht bei dir, damit du mich auch deutlich sehen kannst. Also, hast du Lust ein bißchen zu feiern?«
    »Feiern?« Der abgedriftete Blick kehrte zu mir zurück.
    »Die Jungs haben mich raufgeschickt. Deine Kumpel. Sie haben gesagt, du hättest heute Geburtstag, und da haben sie alle zusammengelegt, um dir ein Geschenk zu kaufen. Das Geschenk bin ich. Du bist Krebs, stimmt’s?«
    Er runzelte bedächtig die Stirn und lächelte unsicher. Er begriff nicht ganz, was eigentlich vor sich ging, aber er wollte nicht unfreundlich sein. Er wollte sich aber auch nicht lächerlich machen, falls dies alles nur ein Streich sein sollte. »Ich habe heute gar nicht Geburtstag.«
    Im Zimmer nebenan wurden die Lichter angeknipst, und ich hörte die erregte Stimme der Frau.
    »Jetzt schon«, sagte ich und schälte mich wie eine Stripperin aus meiner Bluse. Er hatte seit meinem Erscheinen nicht ein einziges Mal mehr an seiner Zigarette gezogen. Ich nahm ihm die brennende Zigarette aus der Hand und schnippte sie über das Geländer. Dann rückte ich ihm näher auf den Pelz und quetschte seinen Mund zu einem Flunsch zusammen, als hätte ich die Absicht, ihn zu küssen. »Oder hast du was Besseres vor?«
    Er lachte verlegen. »Eigentlich nicht«, sagte er und blies mir seinen nach Zigarettentabak riechenden Atem ins Gesicht. Einfach köstlich.
    Ich gab ihm einen Kuß mitten auf den Mund, so einen richtigen schönen feuchten Schmatz mit viel Zunge, wie man das immer im Kino sieht. Dann nahm ich ihn bei der Hand und zog ihn in sein Hotelzimmer, wobei ich meine Bluse hinter mir her schleifte wie eine Federboa. Als Jaffe drüben auf seinen Balkon trat, schloß ich gerade die Schiebetür hinter uns.
    »Mach dir’s doch gemütlich, während ich mich rasch ein bißchen frisch mache«, sagte ich. »Danach bringe ich dir Wasser und Seife, und wir machen dich auch frisch. Was hältst du davon, würde dir das gefallen?«
    »Ich soll mich einfach so, wie ich bin, hier hinlegen?«
    »Na hör mal, läßt du im Bett immer die Schuhe an, Süßer? Am besten ziehst du die olle Bermuda auch gleich aus, hm? Ich hab’ nur noch eine Kleinigkeit zu erledigen, dann komme ich zu dir. Warte auf mich. Dann

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