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Kinsey Millhone 11 - Frau in der Nacht

Kinsey Millhone 11 - Frau in der Nacht

Titel: Kinsey Millhone 11 - Frau in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Tode erschreckt.«
    Auch er war wie ich zusammengezuckt und ließ sich gegen den Türrahmen sinken. »Verflucht noch mal. Sie haben mich erschreckt. Ich wollte gerade klopfen, als Sie herausgestürmt kamen.« Er hielt sich eine Hand auf die Brust. »Einen Moment bitte. Mir schlägt das Herz bis zum Hals. Tut mir leid, wenn ich Sie erschreckt habe. Ich weiß, ich hätte anrufen sollen. Ich habe einfach darauf gehofft, daß Sie da wären.«
    »Woher wissen Sie, wo ich wohne?«
    »Sie haben Leda diese Karte gegeben und es hier auf die Rückseite geschrieben. Darf ich hereinkommen?«
    »In Ordnung, wenn Sie’s kurz machen«, sagte ich. »Ich wollte gerade weggehen. Ich habe etwas zu erledigen.« Ich trat von der Tür zurück und sah ihm dabei zu, wie er sich hereinschob. Eigentlich mag ich es nicht, wenn Hinz und Kunz durch meine Wohnung spazieren. Wenn ich ihm nicht einige Fragen hätte stellen wollen, hätte ich ihn womöglich vor der Tür stehen lassen. Seine Kleidung sah genauso aus wie die, in der ich ihn schon einmal gesehen hatte, aber das traf ja auf meine ebenfalls zu. Wir trugen beide ausgebleichte Jeans und blaue Jeansjacken. Allerdings steckten seine Füße in Cowboystiefeln, während ich Joggingschuhe anhatte. Ich schloß die Tür hinter ihm und ging in der Hoffnung, ihn so von meinem Schreibtisch abzulenken, zur Küchentheke.
    Wie die meisten Leute, die meine Wohnung zum ersten Mal sehen, sah er sich interessiert um. »Ganz schön flott«, fand er.
    Ich wies auf einen Hocker und warf verstohlen einen Blick auf die Uhr. »Setzen Sie sich.«
    »Nicht nötig. Ich kann ohnehin nicht lange bleiben.«
    »Ich würde Ihnen ja etwas anbieten, aber das einzige, was ich im Haus habe, ist rohe Pasta. Mögen Sie zufällig Rotelli?«
    »Nur keine Umstände. Ich brauche nichts«, sagte er.
    Ich setzte mich auf den einen Hocker und überließ ihm den anderen, für den Fall, daß er es sich doch noch anders überlegte. Er schien sich unbehaglich zu fühlen und stand mit den Händen in den Hintertaschen seiner Jeans da. Sein Blick begegnete meinem und wich dann aus. Das Licht in meinem Wohnzimmer ging nicht so gnädig mit seinem Gesicht um wie das in seiner Küche. Womöglich hatte aber auch die ungewohnte Umgebung neue Falten der Anspannung hervorgerufen.
    Langsam wurde ich es leid, darauf zu warten, was er zu sagen hatte. »Kann ich Ihnen irgendwie weiterhelfen?«
    »Ja, also, Leda hat erzählt, daß Sie vorbeigekommen sind. Ich bin gegen sieben Uhr nach Hause gekommen, und sie war ziemlich außer sich.«
    »Tatsächlich«, sagte ich tonlos. »Warum denn?«
    »Es ist wegen dieser Geschichte mit dem Band. Sie hätte es gern zurück, wenn Sie nichts dagegen haben.«
    »Überhaupt nichts.« Ich ging zum Schreibtisch hinüber und nahm es aus dem dicken, gelben Umschlag, in den Hector es gesteckt hatte. Dann gab ich es J. D., und er schob es in seine Jackentasche, ohne es richtig anzusehen.
    »Haben Sie es sich angehört?« fragte er. Er gab sich viel zu gelassen.
    »Kurz. Und Sie?«
    »Tja, ich weiß mehr oder weniger, was darauf ist. Ich meine, ich wußte, was sie gemacht hat.«
    Ich sagte »Ah« und nickte unbeteiligt. In mir meldete sich ein zartes Stimmchen: Oha, worum geht es nun eigentlich? Das ist ja interessant. »Warum war sie denn so außer sich?«
    »Ich glaube, weil sie nicht möchte, daß die Polizei davon erfährt.«
    »Ich habe ihr doch gesagt, daß ich es nicht zur Polizei bringen würde.«
    »Sie hat nicht viel Vertrauen. Wissen Sie, sie ist irgendwie unsicher.«
    »Das ist mir schon klar, J. D.«, sagte ich. »Ich frage mich nur, was sie so nervös gemacht hat, daß sie Sie den ganzen Weg hier herüber geschickt hat.«
    »Sie ist nicht nervös. Sie will nur nicht, daß Sie denken, ich sei es gewesen.« Er trat von einem Fuß auf den anderen, lächelte verlegen und brachte seine gelungenste Ist-mir-doch-schnuppe-Mimik zum Einsatz. »Wollte nicht, daß Sie mich mit Argusaugen verfolgen. Mich überprüfen.« Wenn ein Häufchen Erde auf dem Fußboden gelegen wäre, hätte er mit seiner Stiefelspitze darin herumgebohrt.
    »Ich überprüfe jeden. Das ist nicht persönlich gemeint«, sagte ich. »Und wo Sie schon einmal da sind, möchte ich Sie auch gleich etwas fragen.«
    »He, nur immer los. Ich hab’ nichts zu verbergen.«
    »Jemand hat behauptet, Sie seien in die Hütte gegangen, bevor die Polizei gekommen ist.«
    Er runzelte die Stirn. »Das hat jemand behauptet? Wer denn?«
    »Das ist wohl kein Geheimnis.

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