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Kinsey Millhone 14 - Kopf in der Schlinge - N wie Niedertracht

Kinsey Millhone 14 - Kopf in der Schlinge - N wie Niedertracht

Titel: Kinsey Millhone 14 - Kopf in der Schlinge - N wie Niedertracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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ich an einem anderen Ort arbeitete. Manchmal verlange ich ein Pauschalhonorar, das alle meine Spesen mit abdeckt. Manchmal nehme ich einen Stundensatz und berechne die Spesen extra. Selma hatte mir versichert, dass sie mehr Geld als genug hätte, aber offen gestanden hatte ich Schuldgefühle dabei, wenn ich von Toms Nachlaß profitierte. Andererseits hatte sie ihn überlebt, und ich fand ihr Ansinnen verständlich. Warum sollte sie den Rest ihres Lebens damit zubringen, sich zu fragen, ob ihr Mann etwas vor ihr geheimgehalten hatte? Trauer ist schon allein eine schwere Last, auch ohne zusätzliche Sorgen über ungeklärte Angelegenheiten. Selma hatte genug damit zu kämpfen, mit Toms Tod fertigzuwerden. Sie mußte die Wahrheit wissen und erwartete von mir, dass ich sie ihr lieferte. Begreiflich. Ich hoffte, ich könnte ihr eine Lösung präsentieren, die sie zufriedenstellen würde. Bis ich abschätzen konnte, wieviel Zeit die Ermittlungen in Anspruch nehmen würden, hatten wir uns auf vierhundert Dollar pro Tag geeinigt. Von Dietz hatte ich mir einen Standardvertrag mitgenommen. Ich hatte das Datum und die Einzelheiten meines Auftrags vermerkt, und Selma hatte mir einen Scheck über fünfzehnhundert Dollar gegeben. Ich würde ihn später auf der Bank überprüfen lassen, bevor ich mich an die Arbeit machte. Leider muß ich zugeben, dass ich es trotz meines Mitgefühls für alle Witwen, Waisen und Zukurzgekommenen auf der Welt für klug halte, sich davon zu überzeugen, dass genug Bares vorhanden ist, bevor man zu jemandes Rettung eilt. Ich machte die Tür der Hütte zu und sperrte sie ab. Dann ging ich zu meinem Mietwagen und fuhr die neun Kilometer in den Ort. Entlang der Landstraße folgten in größeren Abständen verschiedene Betriebe: Traktorenverkauf, ein Gebrauchtwagenhändler, ein Wohnwagenpark, ein Gemischtwarenladen und eine Tankstelle. Die Felder dazwischen waren goldgelb vom vertrockneten Gras und voller Unkraut. Der weite Bogen des Himmels war von intensivem Blau zu Grau übergegangen, und ein dicker, weißer Nebel verhüllte die Berggipfel. In westlicher Richtung hingen bewegungslos vereinzelte Wolkenfetzen. Sämtliche Hügel in der Nähe waren von einem schmuddeligen Rotbraun und mit weißen Tupfen gesprenkelt. Der Wind rüttelte an den Bäumen. Ich stellte die Heizung im Auto an und drehte das Gebläse auf, bis mir tropische Winde um die Beine wehten.
    Für meinen Aufenthalt in Carson City hatte ich für bessere Gelegenheiten meinen Tweed-Blazer und für den Alltag eine blaue Jeansjacke eingepackt. Beides war für diese Gegend zu leicht und zu dünn. Ich fuhr die Einkaufsstraßen im Ort auf und ab, bis ich einen Secondhand-Shop fand. Ich manövrierte den Mietwagen in einen Parkplatz vor dem Geschäft. Im Schaufenster drängten sich Unmengen von Küchenutensilien und Kleinmöbeln: ein Bücherregal, ein Fußschemel, stapelweise unterschiedliche Geschirrteile, fünf Lampen, ein Dreirad, ein Fleischwolf, ein altes Philco-Radio und mehrere rote Werbetafeln von Burma-Shave, die mit Draht zusammengebunden waren. Das oberste auf dem Stapel begann mit Ist Ihr Gatte . Was, dachte ich. Ist Ihr Gatte was? Die Werbeschilder für Burma-Shave waren zuerst in den zwanziger Jahren aufgetaucht, und viele hatten sich sogar bis in meine Kindheit gehalten, stets mit Variationen dieses einprägsamen, holprigen Verses. Ist Ihr Gatte... unrasiert?... Sprießt sein Bart ganz ungeniert?... Sieht er gar aus wie ein Bär?... dann muß Burma-Shave jetzt her. Oder so ähnlich. Innen im Laden roch es nach abgelegten Schuhen. Ich bahnte mir den Weg durch Gänge, die eng mit Kleidungsstücken vollgehängt waren. Vor mir erstreckten sich unzählige Ständer voller Einzelteile, die alle entweder im Hinblick auf Zweckmäßigkeit oder einem festlichen Anlaß gekauft worden sein mußten: Abschlußballkleider, Cocktailkleider, Kostüme, Acrylpullover, Blusen und Hawaiihemden. Die Wollsachen wirkten schlaff und die Baumwollstoffe matt, ihre Farben von zu vielen Runden in der Waschmaschine ausgelaugt. Weiter hinten beugte sich eine Stange unter der Last von Winterjacken und Mänteln. Ich schlüpfte in eine schwere braune Bomberjacke aus Leder. Vom Gewicht her fühlte sie sich an wie eine dieser Bleischürzen, die einem die MTA über den Körper legt, während sie einem aus der Sicherheit eines anderen Raumes heraus die Zähne röntgt. Das Futter der Jacke bestand aus noch kaum verfilztem Vlies, und die Taschen hatten diagonal verlaufende

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