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Kinsey Millhone 14 - Kopf in der Schlinge - N wie Niedertracht

Kinsey Millhone 14 - Kopf in der Schlinge - N wie Niedertracht

Titel: Kinsey Millhone 14 - Kopf in der Schlinge - N wie Niedertracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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ein enormer Aufwand, deshalb schiebe ich es bis zum Schluß auf. Wir setzen uns nebeneinander und halten fest, wie viele Telefonnummern Sie kennen.«
    »Na gut«, sagte sie zögerlich. »Dann lasse ich Sie jetzt mal weiterarbeiten.«
    Als ich meine Arbeit für diesen Tag beendet hatte, gab mir Selma einen Hausschlüssel, versicherte mir jedoch, dass sie die Türen meist unversperrt ließ. Sie erklärte mir, dass sie oft weg sei, aber wolle, dass ich auch in ihrer Abwesenheit jederzeit freien Zutritt zum Haus hätte. Ich sagte ihr, dass ich Toms persönliche Dinge durchsehen wolle, wogegen sie nichts einzuwenden hatte. Ich wollte ja nicht, dass sie mich eines Tages unvorbereitet dabei erwischte, wie ich seine Kleider durchwühlte.
    Als ich ging, war es völlig dunkel, und die Straßenlampen trugen wenig dazu bei, mein Gefühl der Isoliertheit zu vertreiben. Der Verkehr durch den Ort war lebhaft. Die Menschen fuhren zum Es sen nach Hause, und die Geschäfte schlossen nach und nach. In den Restaurants ging der Betrieb los, und die Türen der Bars standen offen, um überflüssigen Lärm und Zigarettenrauch hinauszulassen. Ein paar abgehärtete Jogger hatten sich mit einzelnen Hundebesitzern, deren Schützlinge hinter Büschen Erleichterung suchten, auf die Gehsteige gewagt. Wieder auf der Landstraße, wurde mir bewußt, auf welch weiten Flächen keinerlei menschliche Behausungen zu sehen waren. Am Tag vermittelten die Zäune und vereinzelten Nutzbauten den Eindruck, die Landschaft sei kultiviert worden. Doch bei Nacht waren die Bergketten pechschwarz, und die bleiche Scheibe des Mondes betupfte die schneebedeckten Gipfel nur ein wenig mit Silber. Die Temperatur war gefallen, und ich roch die finstere Feuchtigkeit des Sees. Einen Moment lang sehnte ich mich nach Santa Teresa mit seinen roten Ziegeldächern, den Palmen und dem tosenden Pazifik. Ich bremste ab, als ich das Schild »Nota Lake Cabins« sah. Vielleicht würden mich ein knisterndes Feuer und eine heiße Dusche aufmuntern. Ich parkte meinen Wagen auf dem kleinen Platz neben der Rezeption. Cecilia Boden hatte auf dem Weg zu den Hütten entlang ein paar Niedervoltlampen installieren lassen, kleine pilzförmige Schirme, die mattgelbe Kreise auf die Zedernspäne warfen. An der Tür zur Hütte hing eine kleine, leuchtende Lampe. Ich hatte kein Licht für mich angelassen, da ich (womöglich) gespürt hatte, dass die Geschäftsleitung eine derartige Verschwendungssucht nicht gern sähe. Ich schloß auf, ging hinein und tastete nach dem Lichtschalter. Die Deckenbeleuchtung ergoß ihren matten Vierzigwattschein. Ich ging zum Bett hinüber und schaltete die Nachttischlampe ein, die weitere vierzig Watt beisteuerte. Der Digitalwecker blinkte immer wieder 12:00, was auf einen kurzen Stromausfall im Laufe des Tages schließen ließ. Ich sah auf meine Uhr und korrigierte die Zeit auf den momentanen Stand: 06:22 Uhr. Das Zimmer wirkte trist und kalt. Es roch penetrant nach früheren Feuern und der Feuchtigkeit, die durch die Fußbodendielen von unten in die Hütte drang. Ich musterte das Holz auf dem Rost. Daneben lag ein Stapel Zeitungspapier, um das Feuer zu entfachen. Natürlich gab es keinen Gasanzünder, und ich nahm an, dass es länger dauern würde, das Feuer zum Brennen zu bringen, als ich Zeit hätte, es zu genießen. Ich ging im Zimmer herum und zog die Vorhänge an den Fenstern zu. Dann schlüpfte ich aus den Kleidern und stieg in die Dusche. Ich bin keine Wasserverschwenderin, aber trotzdem ließ das warme Wasser nach, bevor meine vier Minuten um waren. Einen Sekundenbruchteil, bevor das kalte Wasser mit voller Wucht auf mich herunterprasselte, wusch ich mir den letzten Rest Shampoo aus den Haaren. Langsam kam mir das Ganze wie ein Erlebnisurlaub in der Wildnis vor.
    Wieder angezogen, schloß ich die Hütte ab und ging zur Straße zurück, die ich eilig entlangmarschierte, bis ich das Lokal erreichte. Das Rainbow Café war etwa doppelt so groß wie ein Wohnanhänger. Die Einrichtung bestand aus einer Resopaltheke mit acht Hockern an der Längsseite des Lokals und acht mit Kunstleder gepolsterten Nischen an den Wänden. Zu sehen waren eine Kellnerin, eine Schnellköchin und ein Hilfskellner. Ich bestellte mir Frühstück zum Abendessen. Es gibt nichts Tröstlicheres als Rührei am Abend; weiches, heiteres Gelb, von Butter glänzend und mit Pfeffer gesprenkelt. Ich aß drei Streifen knusprigen Speck, einen Berg Kartoffelbrei mit Röstzwiebeln und zwei Scheiben

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