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Kinsey Millhone 15 - Gefaehrliche Briefe O wie Opfer

Kinsey Millhone 15 - Gefaehrliche Briefe O wie Opfer

Titel: Kinsey Millhone 15 - Gefaehrliche Briefe O wie Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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einem halben Meter Höhe ist die Welt reichlich langweilig. Alles, was ich sah, waren Stuhlbeine, Teppichschlaufen und sich endlos hinziehende staubige Fußleisten. Kein Wunder, dass Haustiere, wenn man sie allein lässt, anfangen, auf die Teppiche zu pinkeln und die Möbel anzuknabbern. Ich kam an einer Tür zur Linken vorbei, die wieder in die Küche führte, auf deren einer Seite die Waschküche lag. Als ich an der nächsten Tür zur Linken anlangte, kroch ich hinein und sah mich um, während ich im Geiste mit dem Schwanz wedelte. Ungemachtes Doppelbett, Nachttisch, Kommode, Hundekorb und schmutzige Klamotten auf der Erde. Ich machte kehrt und kroch in das Zimmer gegenüber. Rich benutzte es als Fernsehzimmer und Heimbüro. An der Wand zu meiner Rechten hatte er eine Reihe verbeulter Aktenschränke und einen verkratzten Eichenschreibtisch stehen. Außerdem gab es einen Fernsehsessel und einen Fernseher. Der Hund stieg mit schuldbewusster Miene auf den Sessel und musterte mich, um festzustellen, ob ich ihm den haarigen Po versohlen würde. Ich lächelte ihm aufmunternd zu. Von mir aus konnte der Hund tun und lassen, was er wollte.
    Ich kroch zum Schreibtisch hinüber. »Ich stehe jetzt auf, weil ich was nachsehen muss, also krieg nicht gleich die Krise, okay?« Mittlerweile war dem Hund langweilig, und er gähnte so intensiv, dass ich hinten in seiner Kehle ein leises Quietschen vernahm. Vorsichtig richtete ich mich zu knieender Stellung auf und suchte die Schreibtischplatte ab. Da, auf einem Papierstapel, lag die Erfüllung meiner Gebete: ein Packen von Schriftstücken, darunter die Quittung für Richs Zahlung an die San Felipe Self-Storage Company, datiert auf Samstag, den 17. Mai. Ich steckte mir den Zettel in den Mund, ließ mich wieder auf alle viere herab und kroch zur Tür. Da der Hund jegliches Interesse verloren hatte, konnte ich den Flur rasch hinter mich bringen. Ich kroch schnell vorwärts, dann um die Ecke und patschte über den Küchenfußboden. Als ich die Hintertür erreicht hatte, griff ich nach dem Knopf und zog mich hoch. Derartige Übungen fallen mir auch nicht mehr so leicht wie früher. Die Knie meines Overalls waren voller Staub, und ich klopfte mit angeekelter Miene ein paar Flusen ab. Ich nahm die Quittung aus dem Mund, faltete sie zusammen und steckte sie in die Hosentasche.
    Als ich durch die Hintertür spähte, um sicherzugehen, dass die Luft rein war, sah ich, dass mein Klemmbrett immer noch auf dem Verandageländer lag, wo ich es zurückgelassen hatte. Ich schimpfte mich gerade selbst dafür aus, dass ich es nicht an einem weniger auffälligen Ort abgelegt hatte, als ich das Geräusch aufspritzender Kiesel hörte und die Schnauze von Richs Lieferwagen in meinem Blickfeld auftauchte. Er hielt an, zog die Handbremse und öffnete die Tür. Bis er ausgestiegen war, hatte ich sechs Riesenschritte nach hinten gemacht und mich praktisch in fliegender Hast durch die Küche in die Waschküche geflüchtet, wo ich hinter die offene Tür schlüpfte. Rich hatte die Tür des Lieferwagens zugeschlagen und machte sich jetzt offenbar auf den Weg zur hinteren Veranda. Ich hörte ihn die Stufen herauftrampeln. Es entstand eine Pause, in der er etwas vor sich hin zu murmeln schien. Wahrscheinlich hatte er mein Klemmbrett gefunden und fragte sich, wo es herkam.
    Der Hund hatte ihn natürlich gehört und war blitzschnell aufgestanden und so schnell er konnte zur Hintertür gerast. Mein Herz pochte so laut, dass es klang wie der Wäschetrockner, der sich gerade mit einer Ladung nasser Handtücher abmühte. Ich konnte meine linke Brust gegen die Vorderseite des Overalls vibrieren sehen. Ich möchte es zwar nicht beschwören, aber ich glaube, ich habe meine Unterhose ein ganz klein wenig nass gemacht. Außerdem fiel mir auf, dass das untere Ende meines Hosenbeins durch den Türspalt sah.
    Ich hatte es kaum geschafft, mich zu verbergen, als Rich geräuschvoll zur Hintertür hereintrat und das Klemmbrett auf die Arbeitsfläche warf. Er und der Hund tauschten eine rituelle Begrüßung aus. Von Seiten des Hundes bedeutete dies jede Menge freudiges Bellen und Hopsen; von Rich aus eine Reihe von Ermahnungen und Befehlen, von denen keiner eine irgendwie geartete Wirkung zu haben schien. Der Hund hatte mein Eindringen vergessen, abgelenkt von der Begeisterung darüber, sein Herrchen wieder zu Hause zu haben.
    Ich hörte, wie Rich durchs Wohnzimmer und weiter den Flur entlangging. Von dort aus betrat er sein Büro und

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