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Kinsey Millhone 15 - Gefaehrliche Briefe O wie Opfer

Kinsey Millhone 15 - Gefaehrliche Briefe O wie Opfer

Titel: Kinsey Millhone 15 - Gefaehrliche Briefe O wie Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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gewesen war, so gab es zumindest keine offenkundigen Hinweise darauf. Diesmal verzichtete ich auf die Gummihandschuhe und machte einen raschen Durchgang. An der Oberfläche war alles so, wie ich es zuletzt gesehen hatte. In der Schlafzimmertür blieb ich stehen. Ein kleiner Fetzen dünner Stoff sah unter dem Bett hervor. Ich ließ mich auf alle viere nieder, hob die Tagesdecke an und spähte unters Bett. Jemand hatte systematisch die Stoffabdeckung an der Unterseite der Sprungfedern entfernt, und sie lag auf dem Teppich wie eine von einer Schlange abgeworfene Haut. Ich kniete mich neben das Bett und hob die Matratze an einer Ecke an. Ich konnte eine Linie sehen, wo der Stoff von etwas Scharfem durchtrennt worden war. Ich hob die ganze Matratze an und drehte sie mitsamt der Bettwäsche um. Die Unterseite war aufgeschlitzt worden, alle zwanzig Zentimeter ein Messerstich. Die Füllung quoll heraus, und Baumwollbüschel standen an den Stellen hervor, wo hineingefasst und gesucht worden war. Die Ausweidung hatte etwas Verschlagenes und Wildes zugleich. Ich richtete das Bett wieder einigermaßen ordentlich her.
    Ich untersuchte den Schrank. Mickeys Kleider waren in ähnlicher Weise durchsucht worden: Nähte und Taschen aufgeschlitzt, das Futter aufgerissen, obwohl die Kleidungsstücke scheinbar unversehrt auf den Bügeln hingen. Dem beiläufigen Beobachter würde nichts seltsam vorkommen. Der Schaden wäre vermutlich erst entdeckt worden, wenn Mickey wieder nach Hause kam oder seine Sachen eingelagert wurden. Ich kehrte ins Wohnzimmer zurück, wo mir zum ersten Mal auffiel, dass die Sofakissen irgendwie schief dastanden. Ich drehte sie um und stellte fest, dass sie an der Unterseite aufgeschlitzt worden waren. An der Rückseite des Sofas war der Stoff an der Naht aufgetrennt worden. Der Schaden würde bei der ersten Gelegenheit, wenn das Sofa bewegt wurde, zu Tage treten, aber auch hier stach der Vandalismus bei oberflächlicher Betrachtung nicht ins Auge.
    Ich musterte die beiden schweren Polstersessel, indem ich mich auf den Boden legte, damit ich ihre Unterseiten betrachten konnte. Ich hob sie beide nacheinander an und kippte sie nach vorn, um ihre Rahmen zu inspizieren. An der Unterseite des zweiten Sessels war ein Rechteck in die Wattierung geschnitten. Ich zog den Schaumstoffkeil heraus. In dem Loch steckte eine graue Metallkassette im Format fünfzehn mal dreißig Zentimeter, genau wie die, die Duffy beschrieben hatte. Das Schloss war massiv beschädigt worden und gab auf meinen Druck hin nach. Vorsichtig klappte ich den Deckel auf. Leer. Ich setzte mich nach hinten auf die Hacken und sagte: »Mickey, du Blödmann.«
    Was für ein dämliches Versteck! Bei seinem Einfallsreichtum und seiner Paranoia hätte er sich etwas Besseres einfallen lassen können. Freilich hatte ich die Wohnung zweimal durchsucht und das verdammte Ding beide Male nicht entdeckt — jemand anders allerdings schon. Mir war schlecht vor Enttäuschung, obwohl eindeutig nichts mehr zu machen war. Ich hatte ja erst am Samstagabend von der Kassette erfahren. Damals war ich nicht auf die Idee gekommen, alles liegen und stehen zu lassen und mich sofort auf den Weg zu machen. Wenn ich das getan hätte, wäre ich dem »Jemand« womöglich gerade noch zuvorgekommen.
    Na ja. Es war passiert. Ich musste eben ohne die Sachen auskommen. Ein Bild von Duncan Oaks konnte ich mir aus seinem High-School-Jahrbuch besorgen, aber ich hätte auch gern die Hundemarken und den Presseausweis gehabt, den Duffy erwähnt hatte. Ein authentisches Dokument hatte etwas an sich, das wie ein Talisman wirkte, ein Totemgegenstand, getränkt mit der Macht des ursprünglichen Besitzers. Vermutlich war das Aberglauben meinerseits, aber dennoch bedauerte ich den Verlust.
    Ich stellte die Kassette wieder in ihr Versteck zurück, richtete den Sessel auf, ging zur Wohnungstür hinaus und sperrte sie hinter mir ab. Dann stieg ich die Treppe hinunter und klopfte an Cordias Tür. Sie öffnete sie einen Spalt weit, nahm den Schlüssel kommentarlos entgegen und schloss die Tür wieder.
    Ich schlich in die Gasse hinaus, stieg ins Auto und fuhr zum Flughafen. Ich fand ein Motel in der Nähe, das zu jeder vollen Stunde einen Zubringerdienst anbot. Ich verspeiste ein fades Essen in dem nichts sagenden Restaurant, das am einen Ende des Gebäudes untergebracht war. Um neun lag ich im Bett und schlief bis Viertel vor sechs. Dann stand ich auf, duschte, warf mir die Kleider vom Vortag über, ließ

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