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Kinsey Millhone 15 - Gefaehrliche Briefe O wie Opfer

Kinsey Millhone 15 - Gefaehrliche Briefe O wie Opfer

Titel: Kinsey Millhone 15 - Gefaehrliche Briefe O wie Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Leihwagen abholte. Die Frau von Frugal gab mir eine Straßenkarte und zeichnete eine Route ein — zuerst den Watterson Expressway nach Osten und dann in nördlicher Richtung auf die 65 bis zur Innenstadt. Ich fand den Wagen am bezeichneten Platz und versuchte mich einen Moment lang zu orientieren. Auf dem Parkplatz glänzten die Pfützen von einem nicht lange zurückliegenden Regenguss. Durch die stets geringe Regenwahrscheinlichkeit in Kalifornien entwöhnt, atmete ich den Geruch begierig ein. Sogar die Luft fühlte sich anders an; mild und feucht und mit Nachmittagstemperaturen um die zwanzig Grad. Obwohl Santa Teresa direkt am Pazifik liegt, ist das Klima wüstenhaft. Hier dagegen berührte ein feuchtes Frühlingslüftchen die frisch gewachsenen Blätter, und ich konnte pinkfarbene und weiße Azaleen am Rand der Grasfläche erkennen. Ich schlüpfte aus Mickeys Jacke und schloss sie mitsamt meinem Matchsack im Kofferraum ein.
    Ich beschloss, die Suche nach einem Motel so lange aufzuschieben, bis ich mit Yount gesprochen hatte. Es war gleich Abendessenszeit, und ich nahm an, dass die Aussichten, ihn zu Hause anzutreffen, gut waren. Indem ich der Wegbeschreibung folgte, nahm ich eine der Ausfahrten in die Innenstadt, fuhr zur Third Street hinüber, bog nach links ab und überquerte den Broadway. Langsam fuhr ich die Third Street entlang und studierte die Hausnummern. Schließlich fand ich das gesuchte Haus und parkte in einer Lücke am Straßenrand ein paar Häuser weiter. Die von Bäumen gesäumte Straße mit ihren dreistöckigen Häusern aus dunkelrotem Backstein musste zu Beginn des Jahrhundert schön gewesen sein. Jetzt waren einige der Gebäude heruntergekommen, und sich ausbreitende Kleinbetriebe fingen langsam an, das Gesicht des Viertels zu entstellen. Die angestammte Bevölkerung verließ offenbar nach und nach die einst hochherrschaftliche Innenstadt zu Gunsten farbloser Vororte.
    Das Haus, in dem Yount wohnte, bestand aus zweieinhalb Stockwerken roten Backsteins, eingefasst mit hellen Feldsteinen. Eine breite Veranda verlief an der Vorderseite des Gebäudes. Es gab drei breite Erkerfenster, auf jeder Etage eines. Aus einem Dachfenster hing eine Klimaanlage. Die ganze Straße entlang standen ähnliche Häuser, die dicht nebeneinander gebaut waren. Gärten und Gassen lagen dahinter. Vorne, zwischen Gehsteig und Straße, gab es einen Grünstreifen, der mit Ahornbäumen und Eichen bepflanzt war, die schon achtzig bis hundert Jahre dort stehen mussten.
    Ich stieg drei Stufen hinauf, ging einen kurzen, rissigen Gang entlang und erklomm weitere sechs Stufen zu der Glastür mit dem winzigen Foyer, das dahinter zu sehen war. Younts Haus war offenbar früher das Heim einer einzigen Familie gewesen, das man nun in fünf Einheiten aufgeteilt hatte, wie ich aus den Namen an den Briefkästen schloss. Jede Wohnung hatte eine Klingel, die mit der Sprechanlage neben dem Eingang verbunden war. Ich rief in Younts Wohnung an und wartete zwei Minuten, bevor ich es erneut versuchte. Als klar wurde, dass er nicht reagierte, versuchte ich es an der Nachbarklingel. Kurz darauf begann die Sprechanlage zu knistern, und eine alte Frau meldete sich mit »Ja?«
    »Könnten Sie mir vielleicht weiterhelfen?«, fragte ich. »Ich suche Porter Yount.«
    »Wen?«
    »Porter Yount aus Wohnung drei.«
    »Ach, den. Wie viel Uhr ist es?«
    Ich sah auf meine Armbanduhr. »Viertel nach sechs.«
    »Dann ist er unten an der Ecke. In der Buttercup Tavern.«
    »Danke.«
    Ich trat wieder hinaus auf den Gehsteig, wo ich die Straße hinauf und hinunter spähte. Obwohl ich kein Schild entdeckte, machte ich einen halben Block weiter etwas aus, das wie eine Eckkneipe aussah. Ich ließ mein Auto, wo es war, und ging den kurzen Weg durch die milde Frühlingsluft zu Fuß.
    Das Buttercup war dunkel, voller Zigarettenrauch und roch nach Bier. Die Lokalnachrichten kamen leise aus einem Farbfernseher, der in einer Ecke des Raumes an der Wand hing. Die Dunkelheit wurde außerdem durch Neonschilder durchbrochen, die mehrere Werbeschriftzüge trugen: Rolling Rock, Fehr’s und Stroh’s. Die Bar war mit auf Hochglanz poliertem Holz verkleidet. Davor standen rote Lederhocker. Die meisten Gäste zu dieser Stunde schienen isolierte Einzelpersonen zu sein, alles Männer, alles Raucher, die voneinander durch so viele freie Hocker getrennt waren, wie der Raum gestattete. Ausnahmslos jeder drehte sich um und starrte mich an, als ich hereinkam.
    Ich blieb gleich an der Tür

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