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Kinsey Millhone 15 - Gefaehrliche Briefe O wie Opfer

Kinsey Millhone 15 - Gefaehrliche Briefe O wie Opfer

Titel: Kinsey Millhone 15 - Gefaehrliche Briefe O wie Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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weißen T-Shirt stand bereits in der Tür und erwartete mich. Es war eindeutig nicht Dixie, und einen kurzen Moment lang fragte ich mich, ob ich zum falschen Haus gekommen war.
    »Ms. Yablonsky?«, sagte sie.
    »Die bin ich leider nicht. Ich suche Eric und Dixie Hightower. Bin ich hier richtig?«
    »Entschuldigung. Natürlich. Ich habe Sie für jemand anders gehalten. Wir führen gerade Bewerbungsgespräche für Hauspersonal, und die Frau hat schon eine halbe Stunde Verspätung. Erwartet Mrs. Hightower Sie?« Die Frau selbst blieb namenlos und ohne Titel — Hausmädchen, Faktotum, persönliche Assistentin. Anscheinend empfand sie keinerlei Verpflichtung, sich vorzustellen.
    »Ich bin eine alte Freundin«, erklärte ich. Ich zog eine Visitenkarte heraus und reichte sie ihr.
    Sie las meine Daten und runzelte die Stirn. »Sie sind Privatdetektivin? Worum geht es denn?«
    »Ich hoffe, dass die Hightowers Kontakt zu einem gemeinsamen Bekannten herstellen können. Einem Mann namens Mickey Magruder. Meinem Exmann.«
    »Oh. Kommen Sie doch herein, dann sage ich Mrs. Hightower, dass Sie hier sind.«
    »Ist Eric da?«
    »Mr. Hightower ist außer Haus, aber er müsste bald zurückkommen.«
    Ich trat in die Halle und wartete beklommen, während sie außer Sichtweite verschwand. Manchmal verwirrt mich Reichtum, da er über eigene Regeln zu verfügen scheint. Durfte ich nach Belieben herumspazieren oder sollte ich an Ort und Stelle warten? An einer Wand stand eine eckige Steinbank. Die Frau hatte mir keinen Sitzplatz angeboten, und ich wollte keinesfalls anmaßend wirken. Womöglich entpuppte sich das Ding als Skulptur, die unter meinem Gewicht zusammenbrach. Ich drehte mich um hundertachtzig Grad, um wie ein Einbrecherlehrling meine Umgebung zu mustern, ein kleines Spiel von mir. Ich bemerkte Eingänge und Ausgänge und dachte über das Vorhandensein eines Wandsafes nach. Wenn ich das Haus abhören wollte, wo würde ich dann die Wanze verstecken?
    Die Böden waren aus poliertem Marmor, der so blass war wie Sand. Ich erkannte uralte Meerestiere, die in die Oberfläche gepresst waren, ein winziges Fossilienmuseum zu meinen Füßen. Ein breiter Flur zweigte nach rechts ab. Die Decke war fast vier Meter hoch, und auf der einen Seite gab es Glastüren vom Boden bis zur Decke. Die Wände gegenüber waren schneeweiß gestrichen und mit einer Reihe farbenfroher abstrakter Bilder geschmückt, fast zwei Meter hohen Ölgemälden, die vermutlich teuer gewesen und von jemandem gemalt worden waren, der schon tot war.
    Vor mir stand eine Doppeltür offen, und ich konnte ins Wohnzimmer blicken, das mindestens zehn Meter lang war. Auch hier bestanden die Wände an der gegenüberliegenden Seite vom Boden bis zur Decke aus Glastüren, diesmal mit einem Panoramablick auf Kiefern, immergrüne Eichen, Riesenfarne, Eukalyptus und die Berge dahinter. Ich lauschte, und als ich nichts hörte, schlich ich mich auf Zehenspitzen in den Raum, um besser sehen zu können. Die mit Holzbalken versehene Decke schwang sich zu schier kathedralenhafter Höhe nach oben. Zur Linken befand sich ein marmorverkleideter Kamin mit einer acht Meter breiten Feuerstelle. Am anderen Ende des Raums wurde in gläsernen Vitrinen eine Reihe von Gegenständen zur Schau gestellt. Zur Linken sah ich eine komplett ausgestattete Bar. Das Mobiliar war schlicht: große schwarze Ledersofas und -sessel ohne Armlehnen, Tische aus Chrom und Glas, ein Konzertflügel und gedämpfte Beleuchtung.
    Ich hörte regelmäßige Schritte den marmornen Flur in meine Richtung entlangkommen. Ich schaffte es gerade noch, mit Riesenschritten zurück in die Diele an meinen ursprünglichen Standort zu huschen, als Dixie erschien. Sie trug hautenge Blue Jeans, Stiefel mit Pfennigabsätzen und einen gelbbraunen Blazer über einem weißen Seidentop. Ihr Schmuck bestand aus Bakelit, zwei klobige Armreifen, die an ihrem schmalen Handgelenk gegeneinander klapperten. Mittlerweile vierzig Jahre alt, war sie nach wie vor extrem dünn — schmale Hüften, flacher Bauch, kein nennenswerter Hintern. Die Schulterpolster in ihrer Jacke wirkten, als trüge sie Schutzkleidung. Ihr Haar war aus dem Gesicht zurückgekämmt, ein ach-so-schicker Wust in einem Ton, der auf umfassenden chemischen Beistand schließen ließ, ein Rot, irgendwo zwischen Weinrot und gebranntem Ocker. Die falschen Wimpern und der dicke schwarze Eyeliner waren verschwunden. Merkwürdigerweise ließ das Fehlen von Make-up ihre Augen wesentlich größer

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