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Kinsey Millhone 15 - Gefaehrliche Briefe O wie Opfer

Kinsey Millhone 15 - Gefaehrliche Briefe O wie Opfer

Titel: Kinsey Millhone 15 - Gefaehrliche Briefe O wie Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Vögelchen ihre winzigen grün-weißen Kötel fallen ließen.
    »Eigentlich ist das hier eine Mischung aus Gewächs- und Vogelhaus. Die Pflanzen sind Einzelstücke: Proteen und die eine oder andere Bromelia. Aus Südamerika«, erklärte sie.
    Ich murmelte »toll«, weil mir nichts anderes einfiel. Ich hatte immer gedacht, Bromelia sei ein Mittel gegen Verdauungsstörungen. Sie wies auf die kommunikativ angeordneten Sessel. Von irgendwoher konnte ich bereits riechen, wie Essen gekocht wurde. Der Duft von angebratenem Knoblauch und Zwiebeln schwebte wie ein üppiges Parfüm in der Luft. Vielleicht würde einer dieser namenlosen Bediensteten mit einem Tablett voller Speisen erscheinen, kleinen Happen, auf die ich mich stürzen und die ich, ohne die Hände zu gebrauchen, verputzen konnte.
    Sobald wir uns gesetzt hatten, kehrte der Mann mit den Getränken auf seinem Tablett zurück. Er gab jeder von uns eine winzige Stoffserviette, für den Fall, dass wir etwas ausspien. Dixies Getränk der Wahl war ein Martini, serviert in einem Glas im Stil der vierziger Jahre. Vier grüne Oliven saßen aufgereiht an einem Zahnstocher wie die Kugeln an einem Abakus. Wir tranken jede einen Schluck von unserem jeweiligen Drink. Mein Chardonnay war fein, mit einem langen, nachhaltigen Abgang von Vanille; wahrscheinlich nichts aus einer Flasche mit Schraubdeckelverschluss aus dem nächsten Supermarkt. Ich sah ihr zu, wie sie den Martini auf der Zunge behielt wie beim rituellen Abendmahl. Sie stellte das Glas mit leisem Klicken ab und griff in ihre Blazertasche, um ein Päckchen Zigaretten und ein zierliches goldenes Feuerzeug herauszuholen. Sie zündete die Zigarette an und atmete mit einer Ehrfurcht ein, die vermuten ließ, dass Rauchen ein weiteres Sakrament darstellte. Als sie mich dabei ertappte, wie ich sie beobachtete, öffnete sie den Mund, um einen dicken Rauchschwaden auszustoßen, den sie anschließend in die Nase einsog. »Rauchst du nicht mehr?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich habe aufgehört.«
    »Gut für dich. Ich werd’s nie aufgeben. Dieses ganze Gefasel über Gesundheit ödet mich an. Wahrscheinlich trainierst du auch.« Sie legte nachdenklich den Kopf schief und nahm eine gedankenverlorene Pose ein. »Lass mich überlegen. Was ist momentan in Mode? Du stemmst Gewichte«, erklärte sie und zeigte mit dem Finger auf mich.
    »Außerdem jogge ich fünfmal die Woche. Das solltest du nicht vergessen«, sagte ich und zeigte auf sie.
    Sie nahm einen weiteren Schluck von ihrem Drink. »Stephie hat gesagt, du seist auf der Suche nach Mickey. Ist er verschwunden?«
    »Meines Wissens nicht, aber ich würde ihn gern sprechen. Die einzige Nummer, die ich habe, wurde abgemeldet. Hast du in letzter Zeit von ihm gehört?«
    »Seit Jahren nicht«, erwiderte sie. Ein Lächeln bildete sich auf ihren Lippen, und sie betrachtete ihre Fingernägel. »Das ist eine merkwürdige Frage. Nicht zu fassen, dass du ausgerechnet mich fragst. Bestimmt gibt es andere Leute, die dir besser Auskunft geben können.«
    »Wie zum Beispiel?«
    »Zum Beispiel Shack. Und wie hieß der andere Cop? Lit Sowieso. Die waren doch immer ganz dicke miteinander.«
    »Mit Shack habe ich gerade gesprochen. Dadurch kam ich ja auf dich. Und Roy Littenberg ist gestorben. Ich wusste gar nicht, dass du und Eric noch in der Stadt seid.«
    Sie musterte mich eine Weile durch ihren Zigarettenrauch. Miss Dixie war nicht auf den Kopf gefallen, und ich sah ihr an, dass sie die Situation analysierte. »Und was steckt hinter alledem?«
    »Hinter was?«
    »Du willst doch noch etwas anderes, oder irre ich mich da?«
    Ich griff nach meiner Umhängetasche und zog den Brief aus dem Außenfach. »Ich habe deinen Brief bekommen«, sagte ich.
    »Meinen Brief«, wiederholte sie ausdruckslos, den Blick auf den Umschlag fixiert.
    »Den Brief, den du mir 1972 geschickt hast«, sagte ich. »Mickey hat ihn zusammen mit anderer Post, die am selben Tag gekommen sein muss, in eine Kiste geworfen. Er hat sie mir nie zugeschickt, und so habe ich den Brief erst heute zu lesen bekommen.« Nun schien ich auf einmal ihre ungeteilte Aufmerksamkeit zu besitzen.
    »Das ist nicht dein Ernst.«
    »Doch.« Ich hielt den Brief hoch wie ein Schild bei einer stummen Auktion — mein Gebot. »Ich hatte keine Ahnung, dass du meinen geliebten Gatten gebumst hast. Möchtest du darüber reden?«
    Sie lachte auf und fing sich gleich wieder. Ihre Zähne waren nun so perfekt wie weiße Hufeisen, die hinten in ihrem Mund

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