Kinsey Millhone 15 - Gefaehrliche Briefe O wie Opfer
eingehängt waren. »Tut mir Leid. Tut mir echt Leid. Ich hoffe, du bist jetzt nicht beleidigt, aber in punkto Männer scheinst du dich wirklich dämlich anzustellen.«
»Danke. Du weißt, wie sehr ich deine Meinung schätze.«
»Deswegen brauchst du dich nicht zu schämen. Die meisten Frauen haben keinen blassen Schimmer von Männern.«
»Aber du schon?«
»Sicher.« Dixie beäugte mich über das Band des Zigarettenrauches hinweg und taxierte mich mit ihren Blicken. Sie hielt inne und lehnte sich vor, um ein zylinderförmiges Aschestück in eine geschliffene Glassschale auf dem Beistelltisch vor ihr zu streifen.
»Wie lautet Ihre Theorie, Miss Dixie, wenn ich mir die kühne Frage erlauben darf?«, fragte ich mit aufgesetztem Südstaatenakzent.
»Benutze sie, bevor sie dich benutzen«, entgegnete sie mit einem Lächeln so dünn wie Glas.
»Hübsch. Romantisch. Das schreibe ich mir am besten auf.« Ich tat so, als machte ich mir eine Notiz auf der Handfläche.
»Tja, hübsch ist es nicht, aber praktisch. Falls du es noch nicht bemerkt haben solltest, den meisten Männern ist Romantik scheißegal. Sie wollen dir an die Wäsche, und damit hat sich’s. Was soll ich sonst sagen?«
»Damit ist das Thema wohl erschöpft«, sagte ich. »Darf ich fragen, warum es gerade er sein musste? Damals verkehrten im Honky-Tonk Dutzende von Cops.«
Sie zögerte, offensichtlich im Zweifel, welche Position sie beziehen sollte. »Er war sehr gut«, sagte sie mit der Spur eines Lächelns.
»Ich habe nicht um ein Werturteil gebeten. Ich würde gern wissen, was sich abgespielt hat.«
»Warum kommst du mir so? Du wirkst so — angriffslustig. Letztlich hättest du ihn doch ohnehin verlassen, also was kümmert es dich?«
»Tu mir den Gefallen«, sagte ich. »Um der Auseinandersetzung willen.«
Sie zog eine magere Schulter zu einem zierlichen Achselzucken hoch. »Er und ich waren schon zusammen, bevor ihr euch überhaupt kennen gelernt habt. Er hat es eine Zeit lang abgebrochen und ist dann wiedergekommen. Warum irgendetwas daran festmachen? Wir waren nicht im Geringsten verliebt. Vielleicht habe ich ihn bewundert, aber ich kann nicht behaupten, dass ich ihn besonders mochte. Er hatte eine Art ungehobelten Charme, aber den kennst du ja. Ich würde nicht einmal von einer Affäre im buchstäblichen Sinn sprechen. Eher von so etwas wie einem sexuellen Arrangement — einer gegenseitigen Dienstleistung. Oder so war es wenigstens für mich. Wie er es empfand, weiß ich nicht. Es ist eine Frage der Chemie. Wahrscheinlich konnte er genauso wenig dagegen ankämpfen wie ich.«
»O bitte. Erzähl mir nicht diesen Schwachsinn«, sagte ich. »Bist du je auf den Gedanken gekommen, dass ein Ehegelöbnis etwas bedeutet?«
»Eures schien nicht allzu viel zu bedeuten. Bis dass der Tod uns scheide? Zumindest bin ich immer noch verheiratet, was du von dir nicht behaupten kannst. Oder täusche ich mich da? Unhöflich von mir. Du hättest ja einen anderen geheiratet und einen ganzen Stall Kinder gekriegt haben können. Ich hätte schon früher gefragt, aber ich habe keinen Ring gesehen.«
»Warst du in der Nacht, als Benny Quintero ums Leben kam, mit ihm zusammen?«
Ihr Lächeln schwand. »Ja.« Einfach so. Kein Zögern, keine Gefühle und keine Zusätze.
»Warum hat er mir das nicht gesagt?«
»Wolltest du es wirklich wissen?«
»Es wäre nützlich gewesen. Ich weiß nicht genau, was ich getan hätte, aber es hätte eine Rolle gespielt.«
»Das bezweifle ich. Du warst ja so ein anmaßendes kleines Ding. Wirklich ausgesprochen unangenehm. Du hattest damals die Weisheit mit Löffeln gefressen. Mickey wollte dich schonen.«
»Und warum das?«
»Er war verrückt nach dir. Es wundert mich, dass du das fragen musst.«
»Angesichts der Tatsache, dass er dich gevögelt hat«, erwiderte ich.
»Du kanntest seine Geschichte, als du ihn geheiratet hast. Hast du dir im Ernst eingebildet, er würde monogam werden?«
»Warum musstest du es ausplaudern, obwohl Mickey dich gebeten hatte, es zu lassen?«
»Ich hatte Angst, er würde massiven Ärger kriegen, was ja dann auch der Fall war.«
»Wusste Eric über Mickey Bescheid?«
Sie zögerte kaum merklich. »Wir haben eine Übereinkunft getroffen...«
»Ich meine nicht jetzt. Wusste er es damals?«
Sie zog lang und demonstrativ an ihrer Zigarette, während sie ihre Antwort formulierte. »Das Leben war hart für Eric. Es fiel ihm schwer, sich nach seiner Rückkehr einzugewöhnen.«
»Mit anderen
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