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Kinsey Millhone 15 - Gefaehrliche Briefe O wie Opfer

Kinsey Millhone 15 - Gefaehrliche Briefe O wie Opfer

Titel: Kinsey Millhone 15 - Gefaehrliche Briefe O wie Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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etwas anderes erzählen, aber es hat nichts mit irgendwelchen kriminellen Machenschaften zu tun — zumindest nicht, soweit ich weiß. Ähm — tja — es ist wirklich schwierig. So was bin ich nicht gewöhnt«, sagte ich. »Er und ich haben uns im Streit getrennt, und mir ist vor kurzem klar geworden, dass ich ihm massiv Unrecht getan habe. Ich kann nicht mit meinem Gewissen leben, bis ich wieder mit ihm ins Reine gekommen bin. Ich weiß, das klingt abgedroschen, aber es ist wahr.«
    »Was haben Sie getan?«, fragte George.
    »Es geht nicht darum, was ich getan habe. Es geht darum, was ich nicht getan habe«, erwiderte ich. »Er war in einen Mordfall verwickelt — na ja, eigentlich kein Mord — es war eher Totschlag. Der Punkt ist, dass ich seine Darstellung nicht hören wollte. Ich bin einfach davon ausgegangen, dass er schuldig war, und habe ihn verlassen. Das belastet mich. Ich habe >in guten wie in schlechten Zeiten< gelobt, und dann habe ich ihn in schlechten Zeiten sitzen lassen.«
    »Und jetzt?«
    »Jetzt versuche ich, ihn ausfindig zu machen, damit ich mich entschuldigen kann. Vielleicht kann ich es wieder gutmachen — wenn es noch nicht zu spät ist.«
    Georges Miene war ein Muster an Vorsicht. »Mir ist nicht ganz klar, was Sie von mir wollen.«
    Ich reichte ihm das Formular und legte den Kopf schief, um die ersten Zeilen zusammen mit ihm zu lesen. Ich zeigte auf die wichtigen Stellen. »Ich glaube, das stimmt teilweise. Ich habe zwei Versionen von dieser Adresse. Wenn Ihre mit dieser übereinstimmt oder wenn Sie noch eine andere Variante haben, kann ich vermutlich herausfinden, welche die richtige ist.«
    Er studierte Namen und Adresse. »Ich kann mich an diesen Mann erinnern. War mit seinen Zahlungen im Rückstand. Wir haben sein Fach geräumt und alles versteigert.«
    »Genau das bedrückt mich ja. Ich glaube, er steckt in Schwierigkeiten. Meinen Sie, dass Sie mir helfen können?«
    Ich merkte ihm an, dass er schwankte. Ich ließ das Klemmbrett auf dem Tresen liegen, in seine Richtung gedreht. Ich sah, wie sein Blick noch einmal die Zeilen durchging. Er trat an einen Aktenschrank, studierte die Etiketten an den Schubladen und zog die dritte von oben auf. Er nahm einen dicken Ordner heraus und legte ihn über die offene Schublade. Mit angefeuchtetem Daumen begann er ihn durchzublättern. Als er die betreffende Seite gefunden hatte, ließ er die Ringe aufschnappen, nahm ein Blatt heraus, kopierte es und reichte mir die Daten ohne ein weiteres Wort.

8

    Ich kehrte ins Büro zurück, wo ich den Rest des Tages damit zubrachte, Rechnungen zu bezahlen, Anrufe zu erwidern und meine Post zu erledigen. Bethel hatte sich nicht gemeldet. Ich würde noch einmal bei ihm anrufen, wenn ich nicht bald etwas von ihm hörte. Um halb fünf schloss ich mein Büro ab und steckte einen Stadtplan von Los Angeles ins Außenfach meiner Tasche. Zunächst ließ ich mein Auto noch stehen und ging hinüber zur Stadtbibliothek, wo ich die Koordinaten des Gebiets heraussuchte, das die drei unterschiedlichen Sepulveda-Hausnummern umfasste, die Mickey als seine Adresse angegeben hatte. Allein durch einen Blick auf den Stadtplan war es unmöglich, den wahrscheinlichen Treffer zu bestimmen. Ich würde hinfahren müssen. Es war an der Zeit, mich über seine derzeitige Situation zu informieren; vielleicht sogar an der Zeit, dass wir beide uns unterhielten. Ich hatte einen dicken Batzen Geld auf dem Sparbuch und war bereit, meine Hilfe anzubieten, wenn Mickey nicht zu stolz war, sie anzunehmen. Ich kehrte ins Büro zurück, holte mein Auto und legte den kurzen Weg nach Hause zurück. Ich kannte die Einzelheiten noch nicht, doch mir war jetzt schon unwohl angesichts der Rolle, die ich bei seinem Niedergang gespielt hatte.
    Als ich an meiner Wohnung ankam, sah ich zwei Herren vor der Tür stehen. Sofort wusste ich, dass es Kriminalbeamte in Zivil waren: ordentlich gekleidet, frisch rasiert, mit nichts sagenden, ausdruckslosen Mienen — eine makellose Polizeipräsenz an diesem Mainachmittag. Ich merkte, wie mich ein kleiner Stromstoß durchfuhr. Meine Hände prickelten, und die Haut auf meinem Rücken schien auf einmal zu leuchten wie ein Neonschild, das immer wieder »schuldig, schuldig, schuldig« blinkt. Mein erster Gedanke war, dass Teddy Rich einen Einbruch gemeldet hatte und ein Beamter mit einem Kollegen von der Spurensicherung hingeschickt worden war, der postwendend Fingerabdrücke genommen hatte. Meine hätten sich an Innen- und

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