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Kinsey Millhone 15 - Gefaehrliche Briefe O wie Opfer

Kinsey Millhone 15 - Gefaehrliche Briefe O wie Opfer

Titel: Kinsey Millhone 15 - Gefaehrliche Briefe O wie Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Lippenstiftfleck von ihren beiden Schneidezähnen zu entfernen.
    »Er ist ein Freund von mir.«
    Sie musterte mich interessiert. »Haben Sie deshalb seine Jacke an?«
    »Er ist ein >guter< Freund«, erklärte ich und sah dann an mir selbst herunter. »Sie erkennen sie wieder?«
    »Sie sieht genau wie seine aus. Sie ist mir schon aufgefallen, als Sie neulich hier waren.«
    »Gestern abend«, sagte ich, als wüsste sie das nicht.
    »Genau«, sagte sie. »Hat er sie Ihnen geschenkt?«
    »Geliehen. Deshalb suche ich ihn ja, um sie ihm zurückzugeben«, erklärte ich. »Ich habe versucht, ihn anzurufen, aber sein Anschluss ist gesperrt.«
    Sie hatte Wimperntusche herausgeholt und beugte sich nun zum Spiegel vor, während sie sich mit dem Bürstchen durch die Wimpern fuhr und dort kleine schwarze Punkte hinterließ. Da sie mich auszuhorchen versuchte, dachte ich, ich könne ihr meinerseits ein paar Informationen entlocken.
    »Und was ist mit Ihnen?«, fragte ich. »Sind Sie mit ihm befreundet?«
    Sie zuckte die Achseln. »Nein, eigentlich nicht. Ich bediene ihn, wenn er kommt, und wir quatschen ein bisschen.«
    »Also nichts Persönliches?«
    »M-m. Ich habe einen festen Freund.«
    »War er das?«
    »Wer?«
    »Der Typ mit der Strickmütze, der da draußen in der Nische sitzt?«
    Sie unterbrach ihre Verrichtungen. »Ehrlich gesagt ja. Warum fragen Sie?«
    »Ich hab mir überlegt, ob ich ihn um einem Joint anhauen soll, als ich gesehen habe, wie Sie sich zu ihm gesetzt haben. Ist er von hier?«
    Sie schüttelte den Kopf. »L.A.« Nach einer Pause fuhr sie fort: »Wie lang gehen Sie schon mit Mickey?«
    »Schon seit einer Weile, aber es ist nichts Festes. Genau kann ich es gar nicht sagen.«
    »Dann ist es also was Neueres«, sagte sie und machte die Frage zu einer Feststellung, um die Befragung einzuleiten.
    Ich begann, mir das Haar aufzuplustern, so wie sie es mit ihrem getan hatte. Ich beugte mich zum Spiegel vor und überprüfte ein imaginäres Augen-Make-up, indem ich mir mit dem Knöchel am Unterlid des einen Auges entlangfuhr. Sie wartete immer noch auf eine Antwort. Ich sah sie ausdruckslos an. »Entschuldigung. Haben Sie mich was gefragt?«
    Sie zog ein platt gedrücktes Päckchen Camel ohne Filter aus ihrer Jeans und nahm eine Zigarette heraus. Dann riss sie an ihrer Schuhsohle ein hölzernes Streichholz an. »Ich wusste nicht, dass er sich mit jemandem traf.«
    »Wer, Mickey? O bitte. Er ist doch immer auf Anmachtour. Das macht ja die Hälfte seines Charmes aus.« Ich sah den Aschenbecher in seiner Wohnung vor mir, die vielen filterlosen Camelkippen und die unzähligen Küchenstreichhölzer, die genau wie ihre aussahen. »Er ist ja so verschwiegen. Mein Gott. Man weiß nie, was er im Schilde führt oder mit wem er was hat.«
    »Tatsächlich«, sagte sie. Sie hatte sich inzwischen umgedreht und sah mich an, während sie mit dem Hinterteil am Waschbecken lehnte und ihr Gewicht auf eine Hüfte stützte.
    Langsam freundete ich mich mit dem Thema an, und die Lügen flössen mir mit einem eleganten kleinen Schuss Wahrheit über die Lippen. »Sie können es mir glauben. Mickey gibt einem nie eine offene Antwort zu irgendwas. In dem Punkt ist er unmöglich.«
    »Stört Sie das nicht?«, wollte sie wissen.
    »Nee. Früher war ich mal eifersüchtig, aber was soll’s? Monogamie ist eben nicht sein Ding. Ich schere mich nicht darum. Er ist auf seine Art ein Weiberheld geblieben. Irgendwo hat er immer noch ein Eisen im Feuer.«
    »Leben Sie in L.A.?«
    »Eigentlich nicht. Ich bin meistens hier. Aber jedes Mal, wenn ich unten bin, schaue ich bei ihm vorbei.«
    Meine Behauptungen schienen sie nervös zu machen. »Ich muss jetzt wieder an die Arbeit«, erklärte sie. »Wenn Sie ihn sehen, richten Sie ihm schöne Grüße von Thea aus.« Sie ließ die Zigarette zu Boden fallen und trat sie aus. »Sagen Sie mir Bescheid, wenn Sie ihn finden. Er schuldet mir Geld.«
    »Ihnen und mir auch«, sagte ich.
    Thea ging hinaus. Ich muss gestehen, dass ich grinste, als sie die Tür zuknallte. Mein Blick fiel auf mein Spiegelbild. »Was bist du nur für ein fieses Stück«, sagte ich.
    Ich stützte mich eine Weile aufs Waschbecken und versuchte, mir einen Reim auf das zu machen, was ich von ihr erfahren hatte. Thea konnte nichts über die Schießerei wissen, sonst hätte sie sich nicht gezwungen gesehen, mir Informationen abzuluchsen. Sie musste gehofft haben, dass Mickey verreist war, da das eine ganz gute Erklärung dafür abgegeben hätte,

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