Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kinsey Millhone 15 - Gefaehrliche Briefe O wie Opfer

Kinsey Millhone 15 - Gefaehrliche Briefe O wie Opfer

Titel: Kinsey Millhone 15 - Gefaehrliche Briefe O wie Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
Vom Netzwerk:
gab.
    Stattdessen entschied ich mich für eine nähere Inspektion des Motorrads. Ich fischte meine kleine Taschenlampe heraus und ließ einen Lichtstrahl über die Maschine wandern. Es war eine Triumph. Das Nummernschild fehlte, aber laut Gesetz musste sich irgendwo an der Maschine die Zulassung befinden. Ich fuhr mit der Hand über den Sitz, da ich hoffte, er ließe sich hochheben und werde unter sich ein Fach freigeben. Ich war noch mitten in der Suche, als die Hintertür aufflog und die beiden Kellnerinnen herauskamen. Ich steckte die Taschenlampe ein und wandte meine Aufmerksamkeit der Straße zu, als wartete ich auf jemanden. Sie gingen zu meiner Linken davon, ins Gespräch vertieft und ohne jegliche Neugier darauf, was ich trieb. Sobald sie außer Sichtweite waren, machte ich die Taschenlampe aus und schob sie in die Tasche.
    Draußen auf der Straße trotteten die letzten Kneipenbesucher zu ihren Autos. Ich hörte Wagentüren schlagen und Motoren stotternd anspringen. Ich brach meine Inspektion ab und beschloss, zu meinem Auto zurückzukehren. Ich legte die zwei Blocks im Dauerlauf zurück, wobei mir die Umhängetasche gegen die Hüfte schlug. Am VW angekommen, schloss ich die Tür auf und setzte mich hinters Steuer. Ich steckte den Schlüssel ins Zündschloss, ließ den Motor an und schaltete die Scheinwerfer ein. Dann wendete ich illegalerweise und fuhr zum Tonk zurück.
    In Sichtweite des Lokals machte ich die Scheinwerfer aus, fuhr rechts an den Straßenrand und parkte im Schatten eines Wacholderbuschs. Dann rutschte ich auf dem Rücken nach unten und behielt den Hinterausgang im Blick, indem ich über die Türkante in den Seitenspiegel sah. Etwa zehn Minuten später tauchte der Biker auf. Er bestieg seine Maschine, ließ sie vom Ständer herunter und senkte mit einem schnellen Tritt sein Gewicht auf den Anlasser herab, der sein Motorrad zum Leben erweckte. Mit einer Hand bediente er den Gashebel und drehte den Motor auf, bis dieser protestierend aufjaulte. Er hielt den rechten Fuß auf dem Boden, während er sein Motorrad wendete. Das Hinterrad schlitterte heftig, als er davonraste. Ich sah ihm nach, wie er das Stopschild überfuhr und links in die Main Street einbog. Als ich endlich bereit war, ihm zu folgen, hatte er locker fünf Blocks Vorsprung. Binnen Minuten hatte ich ihn aus dem Blick verloren.
    Ich fuhr noch eine Weile herum und überlegte, ob er vielleicht in eine Seitenstraße in der Nähe gebogen war. Das hier war ein Viertel, das überwiegend aus Einfamilienhäusern bestand. Die Straßenstücke zwischen den einzelnen Parzellen und den Einkaufszentren waren von Zitrusbäumen gesäumt. Zu meiner Rechten kam das Colgate Community Hospital in Sicht. Ich bog nach links in Richtung Freeway ein, konnte aber nirgends das Rücklicht des Bikers sehen. Falls er bereits auf die 101 gefahren war, wäre er schon fast in der Stadt, und ich hätte nicht den Schatten einer Chance, ihn einzuholen. Ich fuhr an den Straßenrand und stellte den Motor aus. Dann kurbelte ich das Fenster herunter, steckte den Kopf hinaus und lauschte auf das entfernte Knattern des Motorrads in der stillen Nachtluft. Zuerst nichts, aber dann konnte ich — ganz leise — das Rat-a-tat-tat wahrnehmen, bei wesentlich geringerer Geschwindigkeit. Es war unmöglich, die Herkunft des Geräuschs zu orten, aber er konnte nicht weit weg sein. Vorausgesetzt natürlich, es war überhaupt er.
    Ich ließ den VW an und fuhr wieder los. Die Straße war hier vierspurig, und die einzige sichtbare Seitenstraße zweigte nach links ab. An der Ecke war eine Gärtnerei. Auf dem Schild stand »Bernard Hirnes Pflanzen- und Baumschule — Schattenbäume, Rosen, Obstbäume und Ziersträucher «. Die Straße beschrieb neben der Gärtnerei einen Bogen und führte dann wieder nach rechts. Soweit ich mich erinnerte, gab es keine Ausfahrt am anderen Ende, und wer auch immer dort hineingefahren war, war gezwungen, hier wieder herauszukommen. Die Santa Teresa Humane Society hatte ihren Sitz in Richtung des anderen Endes der Sackgasse, genau wie die Tieraufsichtsbehörde des Bezirks. Alle anderen Betriebe waren normale Gewerbe: eine Baufirma, Lagerhäuser und ein Schwermaschinenhof.
    Ich bog nach links ein und suchte beide Straßenseiten nach dem Motorradfahrer ab. Als ich links an der Gärtnerei vorbeifuhr, glaubte ich ein flackerndes Licht zu sehen, wie ein Röhrenblitz, der durch ein Dickicht von Musterbäumen drang. Ich blinzelte unsicher, doch nun erschien die

Weitere Kostenlose Bücher