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Kinsey Millhone 18 - Ausgespielt - R wie Rache

Kinsey Millhone 18 - Ausgespielt - R wie Rache

Titel: Kinsey Millhone 18 - Ausgespielt - R wie Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Straße hinab, die zu dieser Stunde wie ausgestorben war. Ich hielt das Gesicht in die Sonne und holte tief Luft, ehe ich mich wieder den anstehenden Aufgaben widmete. Nachdem ich meine Tasche hinter dem Ficus hervorgeholt hatte, verließ ich den Dachgarten. Reba hatte mit ihrer Äußerung über meine Pille Recht gehabt. Ich zog das Päckchen heraus und schluckte zwei davon, als wären es Pfefferminzpastillen.
    Reba hatte unten mittlerweile ein Metermaß gezückt und war gerade dabei, Länge und Breite des Korridors abzumessen. Sie hatte einen Fuß auf das Metallband gestellt, während sie es am anderen Ende ganz herauszog. Sie ließ den Knopf los, und das Metallband schnappte sirrend wieder in ihre Hand zurück. Das scharfe Ende wischte gegen ihren Finger und schnitt in die Haut ein. »Verdammt. So ein Mist!« Sie saugte an ihrem Knöchel. »Soll ich die Sanitäter rufen?«
    »Sehen Sie sich das nur an. Ich verblute.«
    Die Schramme an ihrem Zeigefinger war einen halben Zentimeter lang. Sie studierte sie stirnrunzelnd. »Auf jeden Fall wette ich meinen Kopf, dass der verfluchte Raum genau hier ist. Legen Sie mal ein Ohr an die Wand und lauschen Sie. Vor einer Minute habe ich es noch brummen hören. Wie Maschinen.«
    »Reba, das ist der Aufzugschacht. Wahrscheinlich haben Sie den Lastenaufzug nach unten fahren hören.«
    »Nicht von dieser Etage aus. Außer uns ist niemand hier oben.«
    »Aber wir können nicht die einzigen Leute im ganzen Haus sein. Die Fahrstuhlmechanik ist direkt über uns. Natürlich hört man das.«
    »Glauben Sie?«
    »Sehen wir einfach nach«, schlug ich vor.
    Sie folgte mir um die Ecke zum Lastenaufzug. Anhand der digitalen Anzeige an der Wand konnten wir nachvollziehen, wie der Aufzug nach unten fuhr und die Anzeige von Erdgeschoss zu Tiefgarage wechselte.
    »Das war mir klar«, sagte ich und sah auf die Uhr. »Mist. Wir müssen zusehen, dass wir hier rauskommen, ehe Willard stutzig wird und sich auf die Suche nach uns macht. Unglaublich, was Sie ihm für einen Blödsinn erzählt haben. Manipulation ist gar kein Ausdruck dafür.«
    »Ich fand mich toll … außer dass dieses Betteln und Flehen nur begrenzte Wirkung hat. Wenn wir nächstes Mal reinwollen, muss ich garantiert mit dem Kerl ins Bett.«
    »Das soll wohl ein Witz sein, oder?«
    »Seien Sie doch nicht so prüde. Hat man einen gebumst, hat man alle gebumst. Jungfrau ist man nur einmal, und danach kann man guten Gewissens die Vorteile genießen. Außerdem hätte ich gar nichts dagegen. Ich finde ihn süß.« Erneut suchte sie mit Blicken die Wand ab, und ich sah ihr an, dass sie nach wie vor über den fehlenden Raum nachgrübelte. »Vielleicht kommt man übers Dach rein«, mutmaßte sie. »Durch das kleine Häuschen, das wie ein Gärtnerschuppen aussieht.«
    »Vergessen Sie’s. Dazu ist keine Zeit. Lassen Sie uns abhauen.«
    »Sie sind eine solche Miesmacherin«, sagte sie und nahm Onnis Schlüsselbund heraus. »Lassen Sie mir noch einen Moment, um die zurückzubringen, okay? Ich möchte ja nur eine brave Bürgerin sein.«
    »Was ist mit Becks falschen Papieren?«
    »Ach ja. Die habe ich hier«, antwortete sie und klopfte auf ihre Jackentasche. Dann wischte sie mit einem Zipfel ihrer Bluse die Fingerabdrücke von den Schlüsseln. »Ich muss die Fingerabdrücke entfernen«, erklärte sie. »Falls sie je welche suchen.«
    »Machen Sie schnell.«
    Sie ging den Flur entlang bis zu Onnis Büro – für meinen Geschmack allerdings nicht schnell genug – und verschwand. Ich sah erneut auf die Uhr. Wir waren schon zwölf Minuten hier oben. Wie lange konnte es dauern, bis wir meine Tasche gefunden hatten? Inzwischen war Willard sicher schon hinter seinem Tresen hervorgekommen und auf dem Weg nach oben. Reba ließ sich Zeit, und als sie endlich mit den Händen in den Jackentaschen zurückkam, marschierte sie nicht etwa wie erwartet auf den Aufzug zu, sondern trat erneut in die Nische mit dem Lastenaufzug, blieb dort stehen und musterte ihn.
    »Was soll das?«
    »Jetzt hab ich’s begriffen. Wahnsinn.« Sie streckte die Hand aus und drückte den Knopf, womit sie den Lastenaufzug in den dritten Stock holte. Während wir auf die Digitalanzeige starrten, begann der Aufzug seinen langsamen, pflichtgemäßen Aufstieg. Schließlich öffneten sich die Türen. Reba fasste hinein und drückte den Halteknopf, ehe sie mit mir im Schlepptau die Kabine betrat. Der Raum war zweieinhalbmal so breit wie eine normale Aufzugkabine und offenbar dazu gedacht,

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