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Kinsey Millhone 18 - Ausgespielt - R wie Rache

Kinsey Millhone 18 - Ausgespielt - R wie Rache

Titel: Kinsey Millhone 18 - Ausgespielt - R wie Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Will. Wissen Sie, wie es ist, wenn eine Frau von ihrer Handtasche getrennt wird? Sie dreht durch. Kinsey ist Privatdetektivin. Sie hat ihre Lizenz in der Tasche. Außerdem Adressbuch, Make-up, Kreditkarten und Scheckheft – also jeden Cent, den sie besitzt. Sogar ihre Anti-Baby-Pille. Wenn Sie schwanger wird, sind Sie schuld, also bereiten Sie sich schon mal darauf vor, ein Kind großzuziehen.«
    »Okay, okay. Sagen Sie mir, wo sie ist, und ich bringe sie ihr runter.«
    »Sie weiß nicht, wo sie ist. Das ist ja das Problem. Sie weiß nur, dass sie sie noch hatte, als wir gestern Abend mit Marty hochgefahren sind. Jetzt ist sie weg, und sie war nirgendwo anders als hier. Die Tasche muss irgendwo da oben sein. Kommen Sie. Seien Sie ein Schatz. Es dauert keine fünf Minuten, und Sie sind uns wieder los.«
    »Unmöglich. Die Alarmanlage ist an.«
    »Marty hat mir den Code gegeben. Ehrlich. Er hat gesagt, ihm ist es recht, solange wir es vorher mit Ihnen abklären.«
    Der langmütige Willard machte die Tür auf und ließ uns herein. Ich dachte schon, er würde darauf bestehen, mit uns nach oben zu kommen, doch er nahm seine Pflicht zur Überwachung der Monitore ernst und wollte seinen Posten nicht verlassen. Reba und ich bestiegen einen der öffentlichen Aufzüge, der in quälend langsamem Tempo die drei Etagen zurücklegte.
    »Sind Sie sicher, dass Sie den Code kennen?«, fragte ich.
    »Ich habe Marty genau auf die Finger gesehen. Es ist derselbe Code, den wir schon hatten, als ich noch für Beck gearbeitet habe.« »Wie kommt es, dass er so penibel in seinen Sicherheitsvorkehrungen und so nachlässig bei seinen Codes ist? Das hört sich ja so an, als könnte jeder hier eindringen, der irgendwann mal bei ihm gearbeitet hat.«
    Reba winkte ab. »Wir haben die Codes regelmäßig geändert – einmal im Monat –, aber bei fünfundzwanzig Mitarbeitern hat immer irgendeiner Mist gebaut. Drei- oder viermal die Woche ist die Alarmanlage losgegangen. Die Bullen sind so oft gekommen, dass sie angefangen haben, fünfzig Dollar pro Einsatz zu verlangen.«
    Die Türen gingen auf, und Reba drückte den Halteknopf, ehe sie den Aufzug verließ. Ich beugte mich vor und sah zu, wie sie den siebenstelligen Code eingab: 4-19-1949. »Becks Geburtsdatum«, erklärte sie. »Eine Zeit lang hat er das von Tracy benutzt, aber das hat er selbst immer wieder vergessen, und da ist er wieder zu seinem eigenen übergegangen.«
    Die Leuchtanzeige auf dem Tastenfeld wechselte von Rot zu Grün. Reba ließ den Aufzug in Haltestellung auf unsere Rückkehr warten. Ich folgte ihr in den Empfangsbereich.
    In den Büroräumen herrschte Totenstille. Einige Lichter brannten, was seltsamerweise zu dem massiven Eindruck von Verlassenheit beitrug. »Bart und Bret, die Putzzwillinge, waren letzte Nacht hier. Man sieht es an den Staubsaugerspuren. Wir können nur hoffen, dass derjenige, der am Montagmorgen als Erster hier reinkommt, sich nicht über die Fußspuren in sämtlichen Fluren wundert.«
    »Woher wollen Sie wissen, dass es Bart und Bret waren, die hier gesaugt haben, und nicht die Typen mit dem Putzwagen?«
    »Schön, dass Sie das fragen. Ich kann Ihnen nämlich verraten, warum. Das waren keine echten Putzmänner. Darauf bin ich heute Nacht gekommen. Wissen Sie, was mich an denen gestört hat?« Sie machte eine Kunstpause. »Falsche Schuhe. Wer geht schon in auf Hochglanz polierten italienischen Vierhundert- Dollar-Schuhen Fußböden schrubben?«
    »Sie sind ja ein richtiger Sherlock Holmes.«
    »Darauf können Sie Gift nehmen. Holen Sie Ihre Tasche, während ich meine Neugier befriedige. Es dauert bestimmt nicht lange.«
    Ich machte mich eilig auf den Weg zum Dach, indem ich den Flur entlangeilte, der der Treppe am nächsten lag. Getreu Becks Erlass bezüglich freier Flächen sah jeder Schreibtisch, den ich unterwegs passierte, so kahl und unberührt aus wie in einer Anzeige für Büromöbel. Ich nahm zwei Stufen auf einmal und stieß die große Glastür auf, die aufs Dach hinausführte. Der Morgenhimmel war unendlich weit und von einem makellosen Blau. Ich verlangsamte meinen Schritt und trat an die Brüstung, da ich mir die Innenstadt von Santa Teresa von diesem Aussichtspunkt aus ansehen wollte. Die Sonne hatte die Luft im Dachgarten erwärmt und den blühenden Sträuchern ihren Duft entlockt, während eine leichte Brise das Laub rascheln ließ. In der Ferne ergoss sich Licht wie Ahornsirup über die Berggipfel. Ich beugte mich vor und sah auf die

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