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Kinsey Millhone 18 - Ausgespielt - R wie Rache

Kinsey Millhone 18 - Ausgespielt - R wie Rache

Titel: Kinsey Millhone 18 - Ausgespielt - R wie Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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führte. An den Rändern der Decke sah ich Rechtecke aus Tageslicht, die ungefähr den Lüftungsschlitzen in dem falschen Gärtnerschuppen auf dem Dach entsprachen. Reba hatte Recht gehabt. Im Notfall konnte man sich wahrscheinlich vom Dach aus Zugang zu dem Raum hier verschaffen. Oder auf diesem Weg flüchten.
    Auf dem einen Schenkel des Tresens standen drei Geldzählmaschinen und auf dem anderen vier Maschinen zum Geldbündeln. Auf dem dritten Abschnitt waren offene Koffer aufgereiht, voll gepackt mit Bündeln von Hundert-DollarScheinen. Unter dem Tresen standen zehn Pappkartons mit offenen Deckeln, in denen weitere Bündel Hunderter, Fünfziger und Zwanziger in U.S.-Währung lagen. Jedes Bündel war in Schrumpffolie verpackt, und um jeweils fünf Bündel war immer ein Streifen Papier aus der Rechenmaschine geschlungen. Ich sah zwei Kaffeebecher aus Styropor und einen Stapel leerer Becher im Papierkorb, der außerdem Knäuel weggeworfener Plastikfolie enthielt. Mehrere Plastikscheiben im Format von Silberdollars, an denen kleine Klingen saßen, waren offenbar dazu benutzt worden, die Verpackungen aufzuschlitzen.
    »Mann«, sagte Reba. »Ich habe noch nie so viel Geld gesehen.«
    »Ich auch nicht. Es sieht ganz danach aus, als würden sie die Bündel aus den Kisten nehmen, die Verpackung entfernen, die Geldscheine durch die Zählmaschine laufen lassen und sie dann zum Weitertransport wieder einwickeln.«
    Sie trat ein Stück vor und las die Summe von einer der Geldzählmaschinen ab. »Sehen Sie sich mal dieses Schätzchen an. Da haben sie eine Million Dollar durchlaufen lassen.« Sie nahm ein Geldbündel und wog es in der Hand. »Wie viel das wohl ist? Möchten Sie das nicht auch gern wissen?« Sie schnupperte daran. »Eigentlich sollte man meinen, dass es gut riecht, aber es riecht nach überhaupt nichts.«
    »Würden Sie Ihre Hände bitte bei sich behalten?«
    »Ich sehe mich nur um. Ich tue nichts. Was schätzen Sie, wie viel ist in einem von denen da? Zwanzig Riesen? Fünfzig?«
    »Keine Ahnung. Nehmen Sie die Finger weg. Das ist mein Ernst.« »Sind Sie denn nicht neugierig, wie es sich anfühlt? Es wiegt gar nicht so viel«, erklärte sie. Sie wischte ihre Fingerabdrücke von der Verpackung, legte das Bündel zurück und sah sich um.
    »Was glauben Sie, wie viele Leute hier arbeiten, abgesehen von den beiden, die wir gesehen haben?«
    »Der Platz reicht nicht für drei. Vermutlich kommen sie immer am Wochenende, wenn nicht so auffällt, was sie treiben«, sagte ich. Ich streckte den Arm aus, berührte einen der Styroporbecher und schnappte erschrocken nach Luft. »Der ist ja noch warm. Was ist, wenn sie zurückkommen?«
    »Hier kann niemand rein. Der Aufzug ist blockiert.«
    »Aber wenn sie merken, dass der Aufzug blockiert ist, wird ihnen garantiert klar, dass etwas nicht stimmt, oder? Wir müssen verschwinden. Bitte.«
    »Okay, okay. Aber ich wusste, dass ich mit dem Raum Recht hatte. Das ist doch unglaublich, finden Sie nicht?«
    »Und wie. Aber wen juckt’s? Gehen wir.«
    Ich verließ den Raum und betrat den Lastenaufzug. Die andere Tür stand noch offen, und ich steckte den Kopf in den Flur, um mich zu vergewissern, dass niemand hereingekommen war, während wir uns in dem Raum aufgehalten hatten. Reba konnte sich nur mit Mühe losreißen. »Reba, machen Sie schon!«, rief ich und klang dabei genauso verkrampft und ungeduldig, wie ich mich fühlte.
    Wie unter Hypnose betrat sie den Aufzug und gab den siebenstelligen Code ein. Die Türen auf dieser Seite des Aufzugs glitten zu. Reba brachte die Wandpolsterung wieder an und zog die gesteppte Verkleidung zurecht, um die zweite Tür zu verdecken.
    »Wozu haben Sie denn so lange gebraucht?«
    »Es ist alles so schön. Können Sie sich vorstellen, auch nur die Hälfte der Bündel da drin zu besitzen? Sie müssten nie wieder einen Finger krumm machen.«
    »Logisch. Ich würde ja nicht mehr lange leben.«
    Wir gingen durch die Aufzugtür hinaus, die in Becks Büro führte, und Reba gab den Halteknopf frei. Nachdem sich die Türen des Lastenaufzugs geschlossen hatten, bogen wir um die Ecke und stiegen wieder in den öffentlichen Aufzug.
    Reba gab auch hier den Halteknopf frei, die Türen glitten zu, und wir begannen die langsame Fahrt nach unten. Mir war fast schlecht vor Angst, doch sie wirkte völlig ungerührt. Die Frau hatte Nerven wie Drahtseile.
    Als wir unten in der Halle aus dem Aufzug traten, blickte Willard lächelnd von seinem Tresen auf.

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