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Kinsey Millhone 18 - Ausgespielt - R wie Rache

Kinsey Millhone 18 - Ausgespielt - R wie Rache

Titel: Kinsey Millhone 18 - Ausgespielt - R wie Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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sah Folgendes vor mir: mein schwarzes Allzweckkleid – das einzige Kleid, das ich besitze, geeignet für Beerdigungen und andere triste Anlässe, jedenfalls nicht das Richtige für ein Rendezvous mit einem Mann, es sei denn mit einem Toten. Drei Jeans, eine Jeansweste, einen kurzen Rock und den neuen Tweedblazer, den ich gekauft hatte, als ich anderthalb Jahre zuvor mit meiner Cousine Tasha essen gegangen war. Dazu kam noch ein olivgrünes Cocktailkleid, das ich völlig vergessen hatte, ein Geschenk von einer Frau, die später bei einer Explosion in Stücke gerissen wurde. Dazu gesellten sich abgelegte Sachen von Vera, unter anderem eine schwarze Seidenhose, die so lang war, dass ich sie an der Taille mehrmals umkrempeln musste. Wenn ich die anzog, würde Vera sie zurückfordern, und ich müsste von der Taille abwärts quasi nackt nach Hause fahren. Nicht dass ich weite Haremshosen für ein Barbecue als passend empfunden hätte. So dämlich war ich nun auch wieder nicht. Achselzuckend schlüpfte ich in meine gewohnte Kluft aus Jeans und Rollkragenpullover.
    Pünktlich um halb vier klingelte ich an Veras Tür. Die Adresse, die sie mir genannt hatte, lag im nordöstlichen Teil der Stadt, in einem Viertel mit älterer Bebauung. Vera und Neil bewohnten ein renovierungsbedürftiges viktorianisches Haus mit dunkelgrauem Verputz und weißen Zierleisten sowie einer L-förmigen Holzveranda mit schnörkeligen Verzierungen im Geländer. In der Haustür prangte eine Rose aus geätztem Glas, die Veras Gesicht hellrosa leuchten ließ, als sie zu mir herausschaute. Hinter ihr bellte aufgeregt der Hund, der es kaum erwarten konnte, an jemand Neuem hochzuspringen und ihn voll zu sabbern. Vera zog die Tür auf und hielt den Hund am Halsband, um ihn am Davonlaufen zu hindern.
    »Schau nicht so trübsinnig«, sagte sie. »Du hast eine Gnadenfrist bekommen. Ich habe die Männer Pampers und Bier kaufen geschickt, also sind wir die ersten zwanzig Minuten ganz unter uns. Komm erst mal rein.« Sie hatte kurz geschnittene Haare mit blonden Strähnchen und trug nach wie vor ihre Nickelbrille mit den riesigen hellblauen Gläsern. Vera ist der Typ Frau, der überall bewundernde Blicke auf sich zieht. Ihre Figur war kräftig, auch wenn sie den größten Teil der Pfunde schon wieder abgenommen hatte, die sie mit Meg zugelegt hatte. Sie war barfuß und steckte in einer engen Jeans und einer übergroßen Tunika mit kurzen Ärmeln und einem komplizierten Schnitt im oberen Bereich. Das ständige Herumtragen von Kleinkind und Baby hatte ihren Bizeps gestählt.
    Sie hielt mir die Tür auf und drehte ihren Körper so, dass der Hund nicht sofort auf mich losstürzen konnte. Er hatte seine Körpergröße verdoppelt, seit ich ihn seinerzeit am Strand gesehen hatte, und war kaum zu bremsen. Vera bückte sich zu ihm hinab, legte ihm eine Hand um die Schnauze und sagte in einem Tonfall, der keine besondere Wirkung entfaltete: »Nein!« Die Zuwendung schien ihm zu behagen, und er leckte sie am Mund, sowie er die Gelegenheit dazu bekam.
    »Das ist Chase. Ignorier ihn einfach. Er wird sich bald beruhigt haben.«
    Ich bemühte mich, den Hund zu ignorieren, während er fröhlich bellend herumtollte, ehe er mein Hosenbein erwischte und daran zu zerren begann. Er gab ein welpenhaftes Knurren von sich und stemmte die Pfoten in den Teppich im Flur, damit er meine Jeans in Fetzen reißen konnte. Ich stand da wie angenagelt. »Mann, macht das Spaß, Vera«, sagte ich. »Ich bin ja so froh, dass ich gekommen bin.«
    Sie warf mir einen bezeichnenden Blick zu, ließ die sarkastische Bemerkung jedoch unkommentiert. Dann packte sie den Hund beim Halsband und zerrte ihn in Richtung Küche, während ich hinterhertappte. Die Diele war ein hoher Raum mit einer Treppe zur Rechten und dem Wohnzimmer zur Linken. Ein kurzer Gang führte direkt zur Küche, die sich über die Rückseite des Hauses erstreckte. Der Weg dorthin war das übliche verminte Gelände aus Holzklötzchen, Plastikspielzeug und herrenlosen Hundeknochen. Vera schubste Chase in einen Zwinger von den Ausmaßen eines Überseekoffers. Das schien den Hund zwar nicht zu verdrießen, aber ich fühlte mich trotzdem schuldig. Er warf einer der Belüftungsöffnungen im Zwinger einen bösen Blick zu und schmachtete mich hoffnungsvoll an.
    Die Küche war groß und führte durch eine Glastür auf eine große Veranda hinaus. Die Küchenschränke waren aus dunklem Kirschbaumholz, die Arbeitsflächen aus grünem Marmor, und in

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