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Kiosk

Kiosk

Titel: Kiosk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Werz
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doch schon was.«
    »Meinen Sie?« hat die Mutter gelangweilt gefragt. Geantwortet hat sie bis heute nicht. Lenchen zählt im Bierraum die Getränkekästen durch.
    Die Eisentür öffnet sich, Karla kommt vom Treppenhaus herein. »Ich kann jetzt schon übernehmen, wenn Sie wollen. Oben bin ich soweit fertig.«
    »Tut mir leid, wie die Wohnung aussieht, mir fehlt das Geld für die Renovierung, und den Dachdecker will ich nicht ranlassen. Der wird nie fertig.« Sie stapelt ein paar leere Kästen übereinander.
    Karla geht nach vorn. »Lassen Sie mal, Lena. Die Wohnung ist okay. Ist doch nur für’n Übergang.« Wenn sie das nur nicht ständig betonen würde, man kann ja kein Wort mehr glauben.
    »Sie können bleiben, so lange Sie wollen. Ist mir doch nur recht.« Karla räumt die Hasen aus dem Fenster, die Ohren sind schon weich weggeknickt.
    »Sie sollten wirklich verkaufen, Lena. So ein Angebot wie das vom Krahwinkel bekommen Sie so schnell nicht mehr.«
    Lena stellt sich neben die Eistruhe, zündet eine Zigarette an und behält sie in der Hand, drückt den Daumennagel in den Filter, der sich nach dem ersten Zug braun einfärbt. Ich werde nicht verkaufen«, sagt sie knapp, die Luft bleibt ihr dabei weg.
    Karla dreht sich um. »Haben Sie sich das gut überlegt?«
    »Ich werde den Kiosk renovieren. Man muß mit der Zeit gehen. Wir haben zu lange geschlafen, der Jakob und ich. Vielleicht mach ich ein richtiges Ladengeschäft draus, zum Reingehen und Tiefkühlkost und neue Eisschränke mit Glasfront. Bißchen besser, dann kommen vielleicht die von vorn am Kattenbug.«
    Karla runzelt die Stirn, wenn Lena träumt, träumt sie in die verkehrte Richtung. »Wäre aber nicht das gleiche, oder?«
    Lena zieht an der Zigarette, stößt geräuschvoll den Rauch aus, um ihre Entschlossenheit zu demonstrieren. »Eine bessere Lösung weiß ich nicht. Der Krahwinkel kriegt das Geschäft jedenfalls nicht.«
    Das wird sie nicht durchhalten, weiß Karla, der Krahwinkel wird sein Angebot erhöhen, und irgendwann sagt Lena ja. Alles andere wäre verkehrt, und Lenchen hängt nun mal am Geld. Hat sie ein Recht drauf nach fast zwanzig Jahren Kiosk.
    »Sie müssen auf mich wirklich keine Rücksicht nehmen, das haben wir doch besprochen. Ich bleib nur solange, bis ich was finde, das zu mir paßt.«
    »Wir werden sehen«, sagt Lenchen, drückt die Zigarette aus, verbrennt sich den Daumen in der Glut. »Ich leg mich dann mal hin, war anstrengend die letzten Tage.« Sie verschwindet hinter dem Vorhang und merkt, wie müde sie wirklich ist. Entschlüsse kosten sie soviel Kraft, überhaupt Gefühle, am liebsten hätte sie weniger davon. Heute will sie noch zum Jakob ans Grab, Tulpen bringen. Dem Jakob waren Tulpen aber egal, nichts macht sie richtig.
    Kaum ist sie weg, tritt Rose ans Fenster. Die Karla ist doch nicht so. Mit der wird zu reden sein. »Guten Tag.«
    Karla zögert kurz, nein, das ist albern, was die anderen machen, sie ist doch so alt und hat es gut gemeint. »Tag, Frau Quittländer.«
    »Das ist schön, daß du wieder da bist. Jetzt ist der Spuk um den Kiosk endlich vorbei. War ja mächtig viel Aufregung.« Karla rückt den Zeitungsstapel zurecht. »Tut mir leid, aber ich bin dafür, daß Lena verkauft, sie braucht das Geld.« Rose schweigt beleidigt. Karla bietet ihr keinen Kaffee an. »Dein Vater will das aber anders.«
    »Mein Vater ist tot.«
    »Du hast so gern Verkaufen gespielt.«
    »Gespielt, ja. Aber ich bin keine Verkäuferin.«
    »Und was bist du dann?« Karla verliert ihre Gleichgültigkeit, sie haßt diese Frage. Was soll sie Leuten wie der Quittländer auf diese Frage antworten. Was ist sie denn?
    »Ich habe Geschichte und Archäologie studiert. Eigentlich bin ich Wissenschaftlerin.«
    Rose richtet sich auf, reckt das Kinn vor. »Ich meine nicht eigentlich. Was bist du wirklich?« Karla freut sich über den Zigarettenkunden, der das Fenster für sich beansprucht, sich auf federnden Füßen breitbeinig Raum verschafft und die alte Frau klein werden läßt.
    »Zwei Marlboro Big Box.«
    »Light oder normal?«
    »Normal.«
    »Das macht dreizehn Mark fünfzig. Sonst noch was?«
    »Tun Sie mir ’ne Tüte Gemischtes. Zu fünf Mark.«
    »Mit Lakritz oder ohne?«
    »Mit allem, nur keine Veilchenpastillen, bah, schmeckt, wie meine Omma riecht.« Oma spricht er mit zwei M. Karla sagt nichts dazu.
    Rose Quittländer sagt: »Erlauben Sie mal!« und geht.
    Natürlich ist die Karla eine Verkäuferin. Rose postiert sich vor dem

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