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Kirchwies

Kirchwies

Titel: Kirchwies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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er mit der ihm eigenen sonoren Stimme. »Und es betrifft auch dich.«
    Timo nickte mit schreckhaft geweiteten Augen. »Steht die Beichte dieser Frau damit in Verbindung?«, fragte er den Herrn. »Ist es möglich, dass es einen Zusammenhang gibt?«
    Der Herr schwieg für einen Augenblick. Dann sprach er weise: »Die Erkenntnis wird sich dir offenbaren. Aber wahre das Geheimnis!«
    Wie nach dem Ende eines Telefongesprächs war danach Ruhe.
    Pater Timo verbrachte noch eine Weile still in seiner Kirche. Die Stimmen, die er hörte, erschienen ihm wie Hundegebell. Münder tauchten auf, verzerrt und wässrig, Farbflecke, die kräftiger wurden und wieder verblassten, erschienen an der weiß gekalkten Innenwand. Der Riss im Glockenturm erschien ihm größer und größer. Timo hielt die Hände über dem Kopf, um sich vor dem Einsturz zu schützen. Doch die Kirche würde nicht fallen, da war er sicher. Seine Kirche besaß ein eigenes Wesen, war eine gefestigte Persönlichkeit. Eine alternde Schönheit, die ein Geheimnis barg.
    Pater Timo lächelte und wandte sich zum Gehen. Es war wie das vielsagende Lächeln eines Kindes nach einer gelungenen Überraschung.
    Er musste Fanny ins Bild setzen. Zuletzt war er ihr begegnet, als sie Wollmützen für den Weihnachtsbasar strickte.

sieben
    »Wir müssen Fritzi Gernot zum Abendessen einladen«, bestimmte Campari.
    Alles, was einen weiblichen Namen trug, streute Argwohn und Misstrauen in Margot Camparis Gehirn und zauberte drei senkrechte Falten über ihre entzückende Nase. Die Worte ihres Gatten lösten Alarm aus wie nach einem Überfall auf ihre Küche.
    »Die Fritzi? Warum?«
    »Weil ich sie bei meinen Mordermittlungen dabeihaben möchte.«
    »Mordermittlungen? Ja, du bist doch Pensionär. Wofür gibt’s denn Nachfolger?«
    »Es gibt keinen besseren Mordermitt… na ja, lassen wir das. Die Spurensicherung und die Rechtsmedizinerin waren da. Den Rest mach ich. Zusammen mit der Fritzi, weil die hart ist im Nehmen und dazu noch Ärztin.«
    Was er Margot verheimlichte: Er hatte die Münchener mit Charme und Argumenten dazu gebracht, ihm den Ermittlungsauftrag für den Kirchwies-Mord zu erteilen. Ihn für diese Aufgabe quasi wieder zu mobilisieren. In der Hauptstadt hatten sie eine ganze Serie von Gewaltverbrechen aufzuklären und waren außerdem von einer Viruswelle geschwächt. Auf die erforderliche Unterstützung konnte er zurückgreifen.
    »Na ja, dann mach ich halt Pfaffenbäucherl«, sagte Margot. »Das Rezept hab ich von der Heidi.«
    Nach dem Wort »Pfaffen…« hatte Campari das dringende Bedürfnis, loszubrüllen, um den Bann zu brechen. Er lief rot an, wenn etwas aus der Welt des Paters Timo zur Sprache kam. Selbst wenn er an ihn dachte, schwoll ihm der Kamm. Doch er zwang sich, auf künstliche Weise ruhig zu sprechen, wie ein konzentriert arbeitender Tierbändiger.
    »Nein, nicht grad die. Mach halt was Gscheits, was jeder mag und ned einen so grauslichen Namen trägt.«
    Am Spätnachmittag fing es wieder an zu regnen. Kalte Schauer klatschten gegen das ganz aus Holz gebaute Haus mit dem umlaufenden Balkon im ersten Stock. Überall leuchteten von hängendem Weihrauch durchwachsene Geranien und Begonien herunter.
    Margot entstammte der kleinen Dorfbrauerei mit angeschlossenem Bauernhof. Die Brauerei gab es nicht mehr, geblieben war der Hof. Blumen waren ihre Spezialität. Neben Kochen und Obsteinmachen. Es konnte sogar sein, dass genau das ein Grund gewesen war, dass der damalige Mordermittler Campari um ihre Hand angehalten hatte. Er mochte bunte Blumen, gutes Essen und ein dick bestrichenes Marmeladebrot zum Frühstück.
    Campari stand am Fenster, schaute dem Regen zu, wartete auf Fritzi und dachte dabei an die tote Thea. Es waren Gedanken, von denen seine Frau besser keine Kenntnis hatte. Sie hätte ihn gefoltert, erschlagen und anschließend überfahren. Glücklicherweise war die geistige Abwesenheit nur von kurzer Dauer. Die Fritzi stand pünktlich vor der Tür. Im langen grünen Dirndl mit Schürze.
    »Wenn kalt und nass der Juni war, verdirbt er meist das ganze Jahr«, sprach sie und klappte den Schirm zu.
    Campari lachte. Zurückhaltend, denn er war ja in Trauer.
    »Soll gedeihen Korn und Wein, muss im Juni Regen sein«, konterte er.
    Da erst registrierte er Klein-Odilo an der Hand seiner Mutter. In kurzer, bestickter Lederhosn mit Edelweißhosenträgern. Campari und seine Frau schauten sich stillschweigend an. Mit einer Miene, als hätte ihnen jemand Gift ins Bier

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