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Kirchwies

Kirchwies

Titel: Kirchwies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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einen Ruck und hob segnend die Arme. »Oh Brüder und Schwestern, lasset uns friedlich sein. Hören wir auf mit diesem Scheiß. Wir sind schließlich das Herzlichste Dorf.«
    Timo nickte. Er war hergekommen, um Genaueres über Theas Tod zu erfahren. Er spürte aber, dass sein Kurzbesuch alles andere als willkommen war. Campari wollte nicht streiten – nun, zumindest das war ein den Umständen entsprechendes gutes Gefühl.
    Nur wenn er an Theas Beichte dachte, überkam ihn wieder das große Grausen. Er warf einen letzten nachdenklichen Blick auf den Bürgermeister. Mit dessen Anblick vor seinem inneren Auge machte er sich wieder auf den Weg zum Pfarrhaus. Plötzlich packte ihn schlechte Stimmung, zäh und schwer. Und das hatte mit niemandem anderen als Campari zu tun.
    Definitiv.

acht
    Will man einen Mörder finden und überführen, empfiehlt es sich, tausend Dinge gleichzeitig zu tun.
    Doch Campari war erfahren genug zu begreifen, dass das unmöglich war. Er musste Schwerpunkte setzen.
    »Margot, Liebes, du musst dich um den Kleinen kümmern.«
    »Wie bitte? Um welchen Kleinen?«
    »Na, um den Odilo halt.«
    »Was? Was soll ich mit dem Fratz? Was is mit der Fritzi?«
    »Die Fritzi muss mir beim Ermitteln helfen. Ich brauch eine Ärztin.«
    »Was brauchst du? Eine Ärztin zum Ermitteln? Du willst doch nur dein Gspusi pflegen.«
    »Ach was, Margot, Spatzl. Du bist mein Ein und Alles. Wenn ich dich ned hätt … Schau, jetzt bin ich in einer Notlage. Wenn du den Odilo ned nimmst, kann die Fritzi ihren Ermittlungsauftrag ned ausführen. Wir sind das Herzlichste Dorf. Einer hilft dem anderen, haben wir uns all geschworen. Also bitte hilf uns.«
    »Und warum nimmt den kleinen Deifi ned jemand anders? Die Fanny zum Beispiel? Die hat genug Zeit.«
    »Jetzt hör aber auf. Die Fanny, die Schwester vom Pater. Erst amal weißt du, wie ich zu denen steh. Und außerdem hat die doch keinerlei Gspür für Kinder. Du hast dir immer ein Kind gewünscht. Und da hättest du die Gelegenheit, einmal eins auf Probe zu halten. Zu haben, mein ich.«
    »Aber ned glei so einen Spasti. Wie lang soll nachher des sein?«
    »Mir suchen den Mörder von der Thea. Da weiß man nie, wie lang des dauert. Aber du kannst sicher sein, dass mir den so schnell wie nur irgend möglich derwischen und einbunkern wollen.«
    »Also gut. Aber nur auf Probe und bloß für kurz. Und bloß am Tag.«
    Was ist eine Ehefrau? Campari fiel der Spruch ein, den er kürzlich gelesen hatte. Ein Geschöpf, das sich verpflichtet, die Sorgen mit uns zu teilen, die wir nicht hätten, wenn wir sie nicht geheiratet hätten.
    Zunächst erteilte er Fritzi Gernot die Aufgabe herauszufinden, woher das Elektrokabel kam und welche Rolle der Zementsack spielte. Eine erste Bewährungsprobe für die ehemalige Boxerin. Er war gespannt, wie sie die Aufgabe bewältigen würde, ohne ihr reizendes Söhnchen zu sehr zu vernachlässigen.
    Am Tag nach dem gemeinsamen Essen machte er sich gemächlich zu Fuß auf den Weg durchs Dorf. Er wollte ein Gefühl dafür bekommen, was in dem Ort eigentlich los war. Welche Stimmung herrschte. Wie solch ein Mord geschehen konnte. Willkürlich und ohne großen Plan fing er an.
    Das erste Geschäft in der Dorfstraße auf der rechten Seite war der Brunnerbeck, eine Bäckerei, die es seit vier Jahren gab. Der Bäcker in der Backstube, seine Frau im Verkauf und die Tochter am kleinen Stand außerhalb hatten vage vernommen, dass die Frau, die am Libellenweg eingezogen war, umgebracht worden war.
    »Aber gesehen haben wir die nie«, sagte die Bäckerin. »Eine berühmte Sportlerin soll sie gewesen sein. Aber wir haben sie nicht gekannt. Wie sollten wir auch – sie hat sich uns nie vorgestellt. Wir wussten gar nicht, wie sie aussieht. Niemand in unserer Familie interessiert sich für Sport.«
    Das konnte nicht sein. Unmöglich. In einem Dorf wie Kirchwies kannte doch jeder jeden. Oder sollte Campari sich so geirrt haben, seit er Bürgermeister war? Konnte es wahrhaftig sein, dass Thea Brommel nie beim Bäcker eingekauft hatte?
    Er ließ nicht locker. Immer mehr kehrte er den Polizisten heraus. Schließlich wurde klar, dass Thea, wenn sie sich im Dorf bewegt hatte, aus irgendeinem Grund regelmäßig die andere Straßenseite benutzte.
    Und tatsächlich – in Wang Mings Dorfkramerladen gegenüber war die Thea täglich mindestens einmal gewesen. Campari traf den Chinesen hinterm Haus beim Garteln neben seinem Hühnerhof an. Offensichtlich hatte er sich den Hausgarten

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