Kirchwies
haben, erschwert die Sache unnötig.«
Dann zog er den Bauch ein und stellte sich vor ihr in Position. Er überragte sie um mindestens einen Kopf. »Das Gröbste hab ich dir geschildert«, sagte er. »Machst du mit?«
Mehr sagte er nicht. Er wollte Fritzis Gedankenfluss nicht stören. Er hatte das sichere Gefühl, dass sie das Problem auf Anhieb erfasst hatte.
Er warf einen verborgenen Blick auf seine Frau. Wenn sie ihm bloß keinen Strich durch die Rechnung machen würde!
* * *
Pater Timo hatte seine Schwester zu sich gerufen und mit ihr geredet. Sie hatte die schlimme Nachricht noch nicht vernommen gehabt, schlug die Hand vor den Mund und war über die Maßen entsetzt.
»Hab ich mir’s doch gleich denkt«, sagte sie in verschwörerischem Ton. »Da wo dieser dädowierte Dunichtgut unten vorbeigegangen ist und die Thea ihn hereingeholt hat. Da hab ich schon gwusst, dass etwas nicht mit rechten Dingen zugeht.«
»Wie meinst du das, nicht mit rechten Dingen?«
»Na ja, der hat schon gleich so komisch gschaut. Und dann seine Dädowierungen! Da graust’s ja einen Ochsen davor!«
»Willst du damit sagen, dass du den Mann möglicherweise verdächtigst, die Thea Brommel umgebracht zu haben? Nur weil er komisch gschaut hat?« Pater Timo zog die Augenbrauen hoch. »Sieh dich vor, Schwester! Zu Hause hast du hundert Augen, draußen bist du blind.«
Beim Abendessen im Pfarrhaus versöhnten sie sich wieder. Pater Timo war auch nicht eingeschnappt, als es die Pfaffenbäucherl mit Petersilienkartoffel gab.
»Ich hab die gleich brobieren müssen. Ich hab’s Rezebt doch von der Heidi gekriegt.«
Auf diese Weise bekam der Pater mit, was es mit Pfaffenbäucherl auf sich hatte. Es war ein mit Schinken und Emmentaler gefüllter Pfannkuchen, dazu eine Halbe dunkles Bier. Er aß drei Stück davon zu den Kartoffeln und griff sich an den Bauch. »Da fehlt’s noch weit«, murmelte er zufrieden. »Prost, Schwester!« Er hob das fast leere Glas. »Guter Trunk macht Alte jung.«
Doch ganz so zufrieden war Timo nicht, wenigstens nicht innerlich. Im Gegenteil, es rumorte in ihm. Die Worte Jesu in der Kirche fielen ihm wieder ein. »Die Erkenntnis wird sich dir offenbaren.«
Andererseits wusste Timo aus früheren Gesprächen mit dem Herrn, dass er es nicht gern hatte, wenn einer nur dasaß und abwartete, bis sich etwas von selbst offenbarte. Man musste seinen eigenen Teil dazu beitragen.
Und das wollte er jetzt unverzüglich tun.
Vor Camparis Haus schüttelte er den Regen ab und strich sich ein letztes Mal die Soutane glatt. Mit einem Fußtritt stieß er die angelehnte Tür auf und trat ins Haus.
Campari kam ihm mit hochrotem Kopf entgegen.
»Was sagt mir die Wirtin vom Kirchwieser Löchl?«, rief Timo aus. »Thea Brommel ist erschossen worden? Und Sie wollen den Mord selbst aufklären? Ganz ohne den Beistand unseres Herrn?«
Campari schnappte nach Luft. »Wenn Ihr sauberer Herr funktioniert hätte, wär die Thea jetzt nicht tot«, rief er aus. »Ich halt hier Dorf und Leut zusammen, und Ihr Herr funkt mir so dazwischen. Und Sie, Pater Timo, vertreten diesen Herrn.«
Sie standen in dem Raum zwischen Eingangsdiele und Wohnzimmer. Fritzi Gernot nahte von hinten.
»Die Thea wurde nicht erschossen«, sagte sie laut. »Sie wurde erdrosselt.«
Pater Timo seufzte und richtete Augen und Hände gen Himmel.
Campari fasste sich rasch und war wieder in seinem Element. »Wer nur nach dem Himmel sieht, fällt leicht mit der Nase auf die Erde«, spottete er und rieb sich die Hände. »Ich hab die Fritzi gebeten, bei der Ermittlung mitzumachen. Sie hat akzeptiert. Wir werden diesen schrecklichen Mord in unserem Herzlichsten Dorf so rasch wie möglich aufklären. Sie sind herzlich eingeladen, Pater, mit Ihren überirdischen Beziehungen daran teilzunehmen.« Nach einer kurzen Pause, die niemand störte, sagte er: »Oder hast du was dagegen, Fritzi?«
Fritzi schenkte dem Pater ein bezauberndes Lächeln. »Nein, nein, wie sollte ich? Himmlische Eingebungen sind immer willkommen.«
Odilo hing brav in ihrer Kniekehle. Er kratzte sich am Kopf, dann schlang er ein Ärmchen um ihr Knie und zog mit den Fingerchen die Haut am Schienbein zusammen. Nachdenklich sagte er mit fester Stimme: »Du bist schon ganz runzlig, Mami, du stirbst bestimmt auch bald.«
Niemandem war zum Lachen zumute.
Pater Timo faltete die Hände, lächelte sanft und sprach: »Wo der Teufel eine Tür zuschlägt, macht der liebe Gott ein Fenster auf.«
Campari gab sich
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