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Kirchwies

Kirchwies

Titel: Kirchwies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannsdieter Loy
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Sie so wollen. Nur eine kurze Affäre. Da mach ich kein Geheimnis draus. Wenn man hinten auf eine Ölfarbtube drückt, kommt vorn Ölfarbe raus.«
    Was immer er damit meinte, Campari fühlte sich peinlich berührt. »Auch eine kleine Wolke kann den Himmel trüben«, meinte er ausweichend. »Und mit der Thea war nix? Sind Sie sicher? Wir werden das herausfinden«, fügte er hinzu. »Und jetzt beantworten Sie mir bitte meine Eingangsfrage: Wo waren Sie Sonntagnacht?«
    Pauli zuckte mit den Schultern. »Ich will nicht indiskret sein«, sagte er. »Aber wo waren eigentlich Sie selbst in der fraglichen Zeit? Wissen Sie das? Kann das jemand bezeugen? Das ist doch der Text, der in jeder ›Tatort‹-Folge vorkommt, oder?«
    Klar, dass Pauli seinen Rausch hier in der Hütte am See ausgeschlafen hatte, den er sich vorher beim Gartenfest eingefangen hatte.
    Zeugen hatte er keine.
    Als Campari sich nach einer köstlichen Mahlzeit wieder verabschiedete, war er nachdenklich geworden. Wo hatte eigentlich er selbst den Rest der Nacht verbracht?
    Genau konnte er sich nicht mehr daran erinnern. Und ein Protokoll darüber lag nicht vor.
    »Da bin ich mir ganz sicher, du Lump! Dass du was mit der Thea gehabt hast. So wia du mit der rumgmacht hast auf ihrer Gartenparty. Da steckt mehr dahinter.«
    Eifersucht. Liebesneid. Die ständige Angst vor dem Vergleich. Hundegebell, das Diebe anlockt. Campari mit seiner kompakt stämmigen Figur kam sich wieder einmal ganz klein vor. Selbst wenn’s stimmte, wie sollte er das Gegenteil beweisen?
    »Du bist den ganzen Abend hinter dem Luder hergeschleimt. Hast sie nicht aus den Augen lassen. Einmal seid ihr irgendwo hinter den Büschen verschwunden. Da in der Näh von dem Gartenhaus. Leider hab i di ned gfunden, sonst hätt’s was gsetzt, des kannst mir glauben. Du Lump, du elendiger, du scheinheiliger.«
    Scheiben klirrten, Balken bogen sich, der Boden bebte.
    Doch damit nicht genug. Margot nahm noch einen zweiten Anlauf. Die Augen fielen ihr fast aus den Höhlen, als sie ihn anschrie, dass die Spucke in dicken Tropfen aus ihrem Mund flog: »Vielleicht hast du sie sogar umgebracht! Vielleicht warst du der Mörder! Jawoll, so kann’s gwesen sein.«
    Campari blieb der Mund offen stehen. Er schüttelte den Kopf und sagte leise: »Und warum sollte ich das getan haben?«
    Sie kam ganz nahe an ihn heran, ging in die Knie und sah hasserfüllt zu ihm empor.
    »Weil sie ein Kind von dir gekriegt hat«, zischte sie.
    »Nein, Spatzl, du irrst«, versuchte er sie zu besänftigen. »Du siehst Gespenster. Es ist alles nicht so, wie du denkst.« Und so weiter und so weiter.
    Er nahm sich allerdings vor, das Obduktionsergebnis noch einmal daraufhin zu überprüfen.
    »Hallo, Campari? Pater Timo hier. Ihr Freund.«
    »Freund? Dass i ned lach. Für mich ist ein Freund ein Mensch, mit dem man über Sachen sprechen kann, die man sonst nur denkt. Was glauben Sie denn, was i zurzeit denk? Zum Beispiel über Sie? Und vor allem über Ihre saubere Frau Schwester und Haushälterin?«
    Selbst übers Telefon perlte unendliche Nachsicht aus Pater Timos Worten, als er sagte: »Ich will keinesfalls mit Ihnen streiten, mein Freund. Als geheimer Oberermittler werden Sie wohl einem unbeteiligten harmlosen Bürger Ihres Dorfs wie mir nichts über den vertraulichen Stand Ihrer Nachforschungen verraten wollen? Oder?«
    »Wollen S’ mi dratzn?«, fragte Campari unwirsch zurück.
    »Nein, mein Lieber, ich will Sie keineswegs veräppeln. Meine Anfrage hat einen wichtigen Hintergrund. Aus purer Neugierde würde ich unseren viel beschäftigten Herrn Bürgermeister nicht anrufen.«
    Ob es der einschmeichelnde Tonfall des Paters war oder ob er damit gar an Camparis Gewissen gerüttelt hatte – sein Gesprächspartner ließ sich erweichen und schilderte in kurzen, unverbindlichen Worten den Stand seiner und Fritzis Recherchen.
    »Von einer Lösung des Falls sind wir aber ein ganzes Stück entfernt«, fuhr er fort. »Übrigens – weil wir grad darüber reden: Wo waren eigentlich Sie selbst und Ihre Frau Schwester an dem Montag um viere, fünfe in der Früh?«
    Pater Timo konnte nur hoffen, dass Campari sein Glucksen nicht hörte. Und die Gesprächspause, die dadurch entstand, nicht wahrnahm. »Im Bett natürlich«, sagte er heiter wie der Sommerhimmel über ihm. »Ich habe allerdings keinen Zeugen dafür. Erst recht keine Zeugin.«
    »Und Ihre Fanny?«
    »Meine Fanny, wie Sie zu sagen belieben? Da müssen Sie sie schon selbst aushorchen.

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