Kirchwies
auf der Spur.«
Es folgte eine kurze Pause. Campari denkt nach, vermutete Fritzi.
»Pass auf, Kollegin. Es hat sich herausgestellt, dass Thea Brommels Leben sich erheblich von dem unterschieden hat, das wir vor ihrem Tod gekannt haben. Sie hat ein Kind, und das Kind muss einen Vater haben. Wir haben ein Foto, wissen jedoch nicht, ob es sich dabei um den Kindsvater handelt.«
Ein, zwei Sätze, die Campari sagte, entgingen Fritzis Aufmerksamkeit. Ein Flaggenband am Haus gegenüber hatte sich losgerissen und schlug im böigen Wind gegen den Mast. Sie sagte es Campari.
»Besser so?«, rief er laut durch die Leitung. »Sie scheint auch ein auffallend lockeres Liebesleben geführt zu haben.«
Und er erklärte ihr die Extras, die er von Scheiberl und von Benedikt erfahren hatte. Handbetrieb und Duschbetrieb gegen Gebühr.
»Das darf doch nicht wahr sein!«, gab Fritzi zurück und spitzte die Lippen. Peinlich, solche Details. »Hast du … ich meine haben wir schon so etwas wie einen konkreten Verdacht? Oder ein Motiv? Du hast betont, dass die Motivsuche das Allerwichtigste an einer Mordaufklärung ist.«
»Das stimmt natürlich. Nein, auf ein konkretes Motiv bin ich noch nicht gestoßen. Auf einen konkreten Verdacht schon. Keiner allerdings, der schon für einen Haftbefehl ausreichen würde. Weil es kein wirkliches Motiv gibt.«
Campari schilderte, dass Anton Scheiberl wohl am Montag in der Früh zur Tatzeit am Libellenweg 18 gewesen sein musste. Doch er war so betrunken gewesen, das er sich nicht daran erinnern konnte. Er habe die Spusi noch einmal hergebeten. Morgen würde sie überraschend bei Scheiberl und bei Benedikt einfallen und die Gebäude auf den Kopf stellen. Widerstand erwarte er nicht, meinte Campari.
»Das Volk hält natürlich übereinstimmend den Wandra für den Täter. Wir müssen aufpassen, dass sie sich nicht an ihm vergreifen. Ich werde auch schauen, ob unser Maler, der Pauli, unten am See ist. Dann hab ich den Wandra einbestellt. Und den Journalisten, der bei dir wohnt, knöpfe ich mir auch noch mal vor.«
»Da bin ich gespannt. Bis dahin werd ich ja wieder zurück sein. Letzte Frage: Wie geht’s Odilo bei deiner Frau? Wie kommt sie mit ihm zurecht?«
»Das Letzte, was ich hörte: Schwerer zu hüten als ein Sack Flöhe.«
Fritzi schluckte. Sie war an der Bushaltestelle angekommen. Vergeblich sah sie sich nach Pater Timo und seiner Haushälterin um.
drei
Pater Timo befand sich in einem Film, den Gott drehte, und er selbst kam darin vor.
Er hatte sich, mit einem Spaten und einem Paar Gartenhandschuhen bewaffnet, hinters Pfarrhaus in den Garten zurückgezogen. Der Pater sah für sein Alter ziemlich jung und ziemlich lebendig aus.
Die Rabatte waren dicht bewachsen mit exotischen Gräsern aller Art, mit rot blühenden Malven, mit Hundsrosen, Dahlien, Zinnien, Fuchsien und blauen Enzianbäumchen. Admirale, Kohlweißlinge und Zitronenfalter stritten um die schönsten Blütenkelche. Hoch blühende Kapuzinerkresse und Sonnenastern harmonierten mit dem Zaun aus Holz. Ein Zaun grenzt ab und ist durchlässig. Sonst wäre er eine Wand. Und an eine Wand konnte man ohne Haken keine Gießkanne hängen.
Timos Stolz waren seine Obstbäume und die Sträucher. Vor gar nicht so vielen Jahren hatte er sie gepflanzt. Und nun standen sie da und hatten etwas von strengen Wächtern und fröhlichen Spendern. Kirschen, Zwetschgen, Äpfel, Birnen, Quitten und alle Sorten von Beeren. Außer Kap-Stachelbeeren und Preiselbeeren.
»Aus den Träumen des Sommers macht Fanny im Herbst Marmelade«, murmelte er vergnügt vor sich hin. Er warf einen liebevollen Blick zu seiner Schwester. Sie war bestimmt die beste Marmeladekocherin im Umkreis von x Kilometern. Bei Marmelade und Gelee schwor er auf sie. Sonst eher weniger.
Er zupfte das üppige Unkraut aus den Blumenbeeten und harkte die Erde. Das sanfte Geräusch, wenn das Werkzeug mit den Spitzen in die weiche Erde eindrang, hatte etwas Tröstliches. Wie kleine Dinge es inmitten einer Tragödie immer haben.
Um diese Zeit des Tages verblasste der Sonnenschein, und es wurde kühl. Ein paar Wolkenfetzen zeigten sich über den Gipfeln der Berge. Sie waren von Westen herangeweht worden, und drunten überm Grünsteinsee zeigte sich der erste Nebelstreif.
Auch bei der Gartenarbeit trug Timo die geliebte Soutane, obwohl er von Fanny geschimpft wurde, wenn er sich schmutzig machte. »Es ist mein Gwand für den Herrgott. Und wenn ich in seiner Erde grabe, will ich es auch
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