Kirchwies
anhaben«, gab er dann zur Antwort.
Fanny saß auf der Terrasse und sah ihm zu. Das war jedenfalls Timos Hoffnung. Allerdings hielt er es für wahrscheinlicher, dass sie ihn kontrollierte. Doch wo lag der Unterschied? Sie strickte an einer Kindermütze aus scharlachroter und sandfarbener Wolle für den Weihnachtsbasar.
Es herrschte eine friedliche Stimmung.
Bis der Hund kam.
Heidis Brauner schlüpfte durch ein Loch im Zaun und begann fröhlich zu bellen. Er stürzte sich auf die Vogeltränke, die Pater Timo aufgestellt hatte, trank das bemooste Wasser in hastigen Zügen und ließ sich dann vor Timos Füßen auf den Rücken fallen.
»Von dem hab ich erst kürzlich einen Riesenhaufen im Garten gefunden und weggemacht«, rief Fanny herüber. »Tu den doch bittschön wieder raus, den Hund.«
Pater Timo verweigerte die Antwort. Er hatte seine eigene Vorstellung. Fanny konnte ein richtiges Biest sein, wenn sie sich in den Kopf setzte, ihn zu ärgern. Bellende Hunde beißen nicht. Doch was seine Schwester betraf, hatte er da so seine Zweifel.
»Ist eigentlich schon was rausgekommen wegen dem Mord an der Thea?«, fragte sie. Sie hatte das Strickzeug weggelegt und war ihm wenige Schritte entgegengekommen.
Mit Wucht rammte Timo den Spaten in die Erde.
»Tut mir leid«, antwortete er. »Da bin ich ebenso wenig informiert wie du. Aber vor der Sonntagspredigt werd ich mich einweihen lassen. Ich möcht’s selber gern wissen.« Etwas verlegen nestelte er an seinem Gotteskleid herum. Alles, was er mitbekommen hatte, war, dass der Neue, der Mehmet Wandra, vom Dorf gemobbt und schikaniert wurde, wie ihm eine Frau gebeichtet hatte.
»Du weißt ja, wer die Ermittlungen an sich gezogen hat, liebste Fanny? Ja? Dann dürftest du auch wissen, wie schwer es mir fällt, den Kerl anzusprechen.«
»Hast du Angst vor ihm?«
»Freilich. Mir schlottern schon die Knie.«
Er rief Campari an.
Nach dem dritten Versuch beendete er seine Mutprobe. »Belegt«, sagte er mit einem Achselzucken zu Fanny.
* * *
Das Handy hatte Campari ausgestellt, als er den Maler Pauli befragte.
»Wo waren Sie in der Nacht zum Montag, als Thea Brommel ermordet wurde?«
Pauli saß wie immer unweit seiner Wohnhütte am Grünsteinsee und bastelte – wie schon seit zwanzig Jahren – an seinem Ruderboot herum. Die Hütte hatte einen kleinen Vorhof mit einer Weinlaube und einem langen Marmortisch, auf dem eine Vase mit frisch gepflückten Blumen stand. Es war windig. Die träg rollende Seebrandung benetzte das Uferschilf. Draußen – weit hinter dem Hausboot – war ein Fischer beim Fang.
Campari verzichtete darauf, einen Blick auf die Staffelei zu werfen, die am seitlichen Uferrand stand. Er hatte Wichtigeres im Sinn, zumal er Paulis Bilder eh nicht mochte. Langsam zerrann ihm die Zeit unter den Fingern.
Pauli lachte auf die für ihn typische unbeschwerte Art. Er trug Jeans und ein weißes Rüschenhemd. Eine üppige strohblonde Mähne fiel ihm bis über die Schultern. »Ja mei. Ich hab die Frage schon erwartet«, sagte er fröhlich.
Er wirkte so fröhlich und unschuldig, dass Campari schon wieder Unrat hinter der Fassade des Malers witterte. Es hatte sich herumgesprochen, dass der Pauli etwas mit der Fritzi gehabt hatte. Fritzi selbst hatte er danach nicht fragen wollen.
»Ich war ein paar Stunden vorher noch auf ihrem Gartenfest«, sagte Pauli. »Sie haben mich dort ja gesehen. Bloß – was soll ich mit der Thea am Hut gehabt haben?«
Ja, das hätte Campari auch gern gewusst. Er hielt sich aber zurück, lehnte sich gegen den Stamm einer Blutbuche und betrachtete durch das Spitzenwerk herunterhängender Zweige den sonnenbeschienenen See.
»Mögen S’ eine Fischsuppn?«, fragte der Pauli leutselig. »Ich hab grad Öl in die Pfanne getan und a paar Fische zerlegt. Dazu gibt’s Gemüs und ein superfrisches Weißbrot.«
Das war genau das Richtige für Campari, der sich wie ausgehungert fühlte. Eigentlich hätte er dampfende Weißwürscht im Sinn gehabt, doch nun stieg er verzugslos um auf Fisch.
Der Pauli hatte sich von seiner Bootsarbeit getrennt, stand hinter dem durchbrochenen Schatten eines verirrten Bergahorns im Sonnenlicht und beobachtete Campari.
»Ist schon arg traurig«, sagte er, »das mit der Thea.«
»Jetzt rücken Sie’s schon raus«, sagte Campari barsch. »Sie haben mit der Fritzi ein Verhältnis gehabt. Und Sie haben auch die Thea im Bestand gehabt.«
Pauli lachte gönnerhaft. »Ich hatte kein Verhältnis mit der Fritzi, wenn
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