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Kirmes des Todes

Kirmes des Todes

Titel: Kirmes des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Lehmkuhl
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herstellen lassen. Jetzt überreichte er dem Kirmesdirektor einen kompletten Satz, seinen eigenen, letzten Satz.
    Doch sollte diese Annakirmes nicht nur ein Abschied für immer für den Kirmesdirektor werden. Es sollte auch ein Abschied für immer für Kirmes-Schmitz werden, auch wenn er es sich am Abschlußtag der Annakirmes nicht vorstellen konnte.“
     
     
    Bahn erinnerte sich an den letzten Arbeitstag des Kirmesdirektors. Zins war auf den Schultern von Schaustellern in einem bunten Festzug über den Platz getragen worden und hatte an jedem Stand ein Abschiedsgeschenk erhalten. Es war eine der ergreifendsten Feiern gewesen, die Bahn miterlebt hatte.
     
     
    Konzentriert las er weiter: „Nach der Kirmes kam für Kirmes-Schmitz wieder der Alltag. Seine Mitarbeiter wurden wieder arbeitslos oder hatten soviel Energie und Selbstvertrauen gewonnen, daß sie sich auf dem Arbeitsmarkt durchsetzen konnten. Wer die Anstrengung während der Kirmestage verkraftete, für den war fast jede andere Arbeit ein Zuckerschlecken. Auch das war ein Anliegen von Kirmes-Schmitz gewesen.
     
     
    Nach dem Rummel hatte er, wie in jedem Jahr, seine zehn Bierstände einmotten und in einer Scheune an der Kölner Landstraße unterstellen wollen. Nur in diesem Jahr war es anders. Auf Bitten eines Mitarbeiters der Stadtverwaltung stellte Kirmes-Schmitz zwei Wochen nach der Kirmes einen seiner Bierstände für ein Sommerfest der SPD im Rurpark bei Birkesdorf zur Verfügung. Das Fest verlief harmonisch, bis es spät in der Nacht in Anwesenheit weniger Genossen zum Unglück kam. Die Zapfanlage explodierte, ein SPD-Mitglied wurde schwer verletzt. Der Mann verlor das Augenlicht, die Beine und die Arme mußten amputiert werden.
    Das Unglück wurde nie bekannt. Die SPD verschwieg die Explosion, die Polizei wurde nicht informiert, die Presse erhielt keine Kenntnis davon, das Krankenhaus wurde über die tatsächliche Ursache der Verletzungen zunächst im Unklaren gehalten. Nur der Schreiberling bekam später Wind von der Sache, weil ein Freund aus der SPD darüber plauderte nach dem Motto ,Ich hab’ dir nie was gesagt’.“
     
     
    Deshalb hatte Waldhausen noch einmal den Augustband durchgeblättert, fiel Bahn ein. Der hat die Berichterstattung über das Sommerfest gesucht. Aufgeregt nahm er das nächste Blatt zur Hand.
     
     
    „Die SPD hatte für ihr Sommerfest nur bis Mitternacht eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen. Der Vermittler aus der Stadtverwaltung lehnte jegliche Haftung ab. Das Opfer der Explosion, ein Familienvater mit drei Kindern, die SPD und der Vermittler wandten sich an Kirmes-Schmitz, der immerhin die defekte Anlage geliefert habe. Doch auch die Versicherung von Kirmes-Schmitz lehnte einen Schadensersatzanspruch ab. Es handele sich nicht um einen durch die Versicherung abgedeckten Schadensfall, hieß es in dem Schreiben an Kirmes-Schmitz.“
     
     
    Bahn fiel es wie Schuppen von den Augen. Das war der Brief, den Kirmes-Schmitz ihm zuschicken wollte. Mit zitternden Fingern las er weiter.
     
     
    „Kirmes-Schmitz besuchte den menschlichen Torso, dessen Leben ruiniert war, im Krankenhaus.
    Die SPD ließ es bei einer internen Spendenaktion bewenden. Ihre wenigen Marken reichten allerdings nicht weit. Kirmes-Schmitz sah sich hingegen in einer Verpflichtung, wenn nicht rechtlich, so doch zumindest moralisch. ,Ich muß helfen. Ich kann nicht anders, ich will nicht anders’, erklärte er dem Schreiberling.“
     
     
    Bahn stockte der Atem. Er las die Passage ein zweites Mal, ehe er verstand: Konrad hatte mit Kirmes-Schmitz gesprochen, aber nie einen Zeitungsartikel aus der Geschichte gemacht. Warum nicht?, fragte Bahn. Vielleicht hat es Taschen nicht gewollt, vielleicht war sich Konrad nicht sicher, antwortete er sich.
     
     
    „Kirmes-Schmitz gab alles, was er hatte, sein Barvermögen, sein Mietshaus, seine Aktien. Und er versprach dem Menschen, weiter zu helfen durch seine Arbeit auf der Kirmes. Er wollte der Familie den Vater ersetzen, so gut, wie er es konnte.“
     
     
    Bahn blickte entgeistert von den Blättern auf. Kirmes-Schmitz war für seine Menschlichkeit bekannt gewesen. Aber das hier überstieg alles Bekannte. Das konnte doch nicht sein. Aber wenn Konrad es aufgeschrieben hatte, dann hatte es zumindest einen wahren Kern, da war sich Bahn absolut sicher.
    „Aber Kirmes-Schmitz konnte nicht so, wie er wollte“, hatte Konrad geschrieben. „Als er im nächsten Jahr seine Bierstände für die Annakirmes

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